Ausstellung: Max Traeger - kein Vorbild!

erstellt von AStA Universität Frankfurt — zuletzt geändert 2020-10-30T12:17:55+01:00
Nazi-Kollaborateur! Vom NS-Lehrerbund an die Spitze der GEW. Ausstellung mit Unterstützung des AStA der UNI FFM, der Forschungsstelle NS Pädagogik an der Goethe Universität und der Betriebsgruppe der GEW der Goethe-Uni sowie des KV Offenbach-Stadt der GEW. Geöffnet bis Mitte November von 9 bis 17 Uhr.
  • Ausstellung: Max Traeger - kein Vorbild!
  • 2020-10-20T09:00:00+02:00
  • 2020-10-20T17:00:00+02:00
  • Nazi-Kollaborateur! Vom NS-Lehrerbund an die Spitze der GEW. Ausstellung mit Unterstützung des AStA der UNI FFM, der Forschungsstelle NS Pädagogik an der Goethe Universität und der Betriebsgruppe der GEW der Goethe-Uni sowie des KV Offenbach-Stadt der GEW. Geöffnet bis Mitte November von 9 bis 17 Uhr.

Am 19. Oktober eröffnet eine Ausstellung im DGB-Haus FFM mit Dokumenten und Kommentaren zur Debatte, ob Max Traeger, ehemaliger Vorsitzender der GEW und seit 1. Mai 1933 NSLB-Mitglied, als geeigneter Namensgeber für eine gewerkschaftliche Stiftung angesehen werden kann.

Die langjährige Kritik an der Vertuschung der Kontinuität zwischen NS-Lehrerbund und GEW hat bislang nicht zu einer ernsthaften öffentlichen Auseinandersetzung geführt. Ziel der Ausstellung ist es daher auch, gegen die Tendenz zur Geheimhaltung der Rolle Max Traegers in der NS-Zeit anzukämpfen und eine offen geführte Debatte anzustoßen.

Hintergrund
Am 09.10.2016, also vor nun schon vier Jahren, veröffentlichte der Bundesausschuss der Studentinnen und Studenten in der GEW - Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft​ (BASS) einen Offenen Brief mit der Forderung nach einer Umbenennung der @Max-Traeger-Stiftung. Im Hintergrund dieser Forderung steht Max Traegers Vorreiterrolle bei der Legendenbildung, die Lehrkraftsverbände seien 1933 zwangsenteignet und in den Nationalsozialistischen Lehrerbund (NSLB) zwangseingegliedert worden. Zudem weist der offene Brief auf Max Traegers tatkräftiges Mitwirken bei dem Versuch hin, das Vermögen des NSLB nach 1945 wieder an die GEW rückzuführen. So etwa bei der Forderung, eine 1935 vom NSLB arisierte und dann durch die Alliierten beschlagnahmte Immobilie in der Rothenbaumchaussee 19 in Hamburg wieder der GEW zu übertragen. Im Jahr 2014 brachte der Verkauf dieser Immobilie der GEW Hamburg schließlich über 2 Millionen Euro ein.

In der Folge verbot der GEW-Hauptvorstand dem BASS die Veröffentlichung des Briefes auf der GEW-Homepage. Der Gewerkschaftstag der GEW 2017 reagierte mit einer „geschlossenen Veranstaltung“. So viel zu innergewerkschaftlichen Demokratie. Doch die Kritik nahm zu: Auf die Veröffentlichung einer Publikation, die Max Traeger einen Persilschein ausstellte, erschienen umfangreiche Entgegnungen und Widerlegungen. Aus Anlass dieser Debatte soll seit nun mehreren Jahren eine Kommission die Geschichte der GEW von der Nachkriegszeit bis in die 90er-Jahre kritisch aufarbeiten.

Im Gegensatz zu Verteidigern von Max Traeger wurden Personen, die in der Debatte als ausdrückliche Kritiker Traegers in Erscheinung getreten sind, allerdings gar nicht erst in die Kommission berufen, die überdies äußerst intransparent agiert und sich zur Verschwiegenheit verpflichtet hat.
Dazu meint Benjamin Ortmeyer, ehemaliger Leiter der Forschungsstelle NS-Pädagogik: „Dieses halb-klandestine Vorgehen ist symptomatisch für den Umgang mit Skandalen und Kontroversen. Sie steht einer offen geführten, demokratisch organisierten Debatte um Max Traegers Rolle im Nationalsozialismus entgegen und verhindert somit eine Aufarbeitung der Vergangenheit, die doch das oberste Ziel einer Bildungsgewerkschaft sein sollte.“

Zur Ausstellung
Die Ausstellung zeigt mit Dokumenten, welche verbrecherische Aktivität der NSLB in der NS-Zeit gemeinsam mit Julius Streicher gerade auch gegen jüdische Kinder durchgeführt hat. Sie zeichnet nach, wie seine Mitglieder zusammen mit der Masse der Lehrkräfte Woche für Woche und Tag für Tag mit Feiern, Liedern, Materialien Kinder und Jugendliche zu „kleinen Nazis“ erzogen und für die Nazi-Wehrmacht vorbereitet hat. Max Traeger hat bei alldem mitgemacht. Schon sehr früh, nämlich im Mai 1933, trat er dem NSLB bei – nicht aus Zwang, sondern aus freiem Willen.

Die Lehrkräfte vor allem der Volksschulen bewegten sich dabei keineswegs zwischen „Anpassung und Opposition“, wie es ein Buchtitel aus der GEW-Reihe suggeriert und damit die Existenz überzeugter Nazis unter Lehrkräften faktisch verleugnet. „Die verschiedenen Lehrervereine, auch in Hamburg, wurden nicht zwangseingegliedert, sondern haben sich teils unter Begeisterung und aus Überzeugung, teils aus Opportunismus per Abstimmung dem NSLB angeschlossen. Schon 1936 war ein gutes Drittel der Lehrkräfte Mitglied in der NSDAP, danach stieg die Zahl noch weiter an. Viele davon waren in der SA und der SS oder bekleideten Führungspositionen in der NSDAP“, so AStA-Vorsitzende Kyra Beninga.

Und nach dem 8. Mai 1945? Am 1. November 1945 erklärte Max Traeger: „Wir gedenken all der Kollegen, die hier und fern von Hamburg im Dienste des Vaterlandes ihr Leben ließen.“ „Im Dienste des Vaterlandes“? – Max Traeger hatte nichts verstanden. Statt einem Schuldeingeständnis ein Gedenken an die Wehrmachtssoldaten. Er ist vieles gewesen, aber keineswegs ein Vorbild für die GEW.

Bis heute stellt die Aufarbeitung und Aufklärung über die Profession der Lehrkräfte in der NS-Zeit kein zentrales Anliegen der GEW da. Kritik wird seit 1998 abgewiegelt, verschleppt oder bagatellisiert.

Die Ausstellung, die auch als digitaler Rundgang zur Verfügung gestellt wird und als Broschüre erhältlich ist , wird vom 19.10. bis Mitte November von 9 bis 17 Uhr im Frankfurter DGB-Haus in der Wilhelm-Leuschner-Str. 69-77 und anschließend ab dem 23. November 2020 bis Ende Januar im Studierendenhaus auf dem Campus Bockenheim zu sehen sein.

Auf 24 Tafeln zeigt sie, was der NSLB getan hat, welche Rolle Max Traeger dabei eingenommen hat und wie sich der Konflikt in der GEW und darüber hinaus entwickelt hat.