Agaplesion: Ein Konzern der das Tageslicht scheut

Walter Curkovic-Paul Internet: www.Curkovic-Paul-de Agaplesion: Ein Konzern der das Tageslicht scheut Evangelische Aktiengesellschaft ohne Arbeitnehmer-und Bewohnerrechte?

Zur Lage:

Vom beliebten Frankfurter Altenpflegeheim Heilandsgemeinde zum "Depot" "Zwischenlager" für pflegebedürftige alte Menschen oder "Billigpflegeanstalt" Oberin-Martha-Keller-Haus, - so oder so ähnlich könnte die Einleitung zur jüngsten Entwicklung eines Teilbereiches der Frankfurter Diakonie-Kliniken unter dem Agaplesion Dach lauten.

Das Altenpflegeheim der evangelischen Heilandsgemeinde in Frankfurt wurde im Jahr 2000 von den Frankfurter Diakonie-Kliniken übernommen und zerschlagen. Inzwischen wurden Bewohner und MitarbeiterInnen in das Altenpflegeheim der Frankfurter Diakonie-Kliniken im Oberin-Martha-Keller-Haus überführt.

Weder mit den BewohnerInnen, noch den MitarbeiterInnen, der Mitarbeitervertretung oder der damaligen Heimleitung wurde diese Überführung in einen völlig neuen Betrieb besprochen.

– Die Heimleitung, die sich gegen die Zerschlagung des Altenpflegeheims wehrte wurde entlassen,
– Heimverträge wurde geändert und die BewohnerInnen oder ihren VertreterInnen zur Unterschrift vorgelegt,
– MitarbeiterInnen des Altenpflegeheimes Heilandsgemeinde werden unter Druck gesetzt (mit der Drohung einer Änderungskündigung) und es wird versucht diese in die CSB abzudrängen,
– Verdiente und bereits beim alten Träger Jahrzehntelang beschäftigte MitarbeiterInnen werden demontiert, absichtlich in ein schlechtes Bild gerückt und sollen offensichtlich durch Billigkräfte aus obskuren Tochter- und Subunternehmen ersetzt werden,
– Bewährte Strukturen und Dienstleistungen des Altenpflegeheimes werden mit Krankenhausstrukturen ohne Rücksicht auf den völlig anderen Bedarf eines Altenpflegeheimes mit dem Krankenhausbetrieb der FDK gleichgeschaltet,
– die MitarbeiterInnen wurden über die Konsequenzen dieser Veränderungen nicht gründlich informiert,
– die MitarbeiterInnen-Vertretung des Altenheimes soll aufgelöst werden.


Der evangelische Agaplesion Konzern plant die stationäre Altenpflege in seinem Wirkungsbereich in weiten Teilen zu beherrschen (600 bis 800 Altenpflegeplätze, bei 3000 Plätzen gesamt in Frankfurt). Die alten und pflegebedürftigen Menschen aus den verschiedenen Teilkliniken sollen in den Agaplesion Altenheimen untergebracht werden.

Dies würde das "Aus" für eine Stadtteilorientierte Altenpflege bedeuten.

Reine Geschäftsinteressen stehen im Mittelpunkt des Konzernhandelns, das christliche Menschenbild ist nur noch Makulatur, von Demokratie am Arbeitsplatz ist keine Rede. Der Konzern wird autokratisch geführt, Kritik wird nicht geduldet.

Wer oder was ist Agaplesion?

Vordergründig argumentieren die Konzernmanager auf die großen Widerstände innerhalb der Evangelischen Kirche gegen eine Aktiengesellschaft, mit den neuen Anforderungen auf dem "Markt" die besonders durch das neue DRG " System in Deutschland zu umwälzenden Veränderungen der Krankenhauslandschaft beitragen werden und allgemeiner wirtschaftlicher Folgen hergerufen durch die Globalisierung sowie nationaler und internationaler Kräfte- und Konzernbündelungen auf dem Krankenhaussektor. Man wolle Arbeitsplätze sichern und sich "fit machen" für den immer härter werdenden Konkurrenzkampf.

Die Kirchen stehen hier in einem enormen Spannungsfeld, zwischen glaubhafter Verkündigung der frohen Botschaft von Menschlichkeit und Nächstenliebe und wirtschaftlichen Eigen und Überlebensinteressen. Da müssen sie offenen Auges zusehen, wie ihnen die Fäden aus den Händen gleiten und Konzernmanager das Ruder in die Hand nehmen, für die eben jene "frohe Botschaft" nur noch geduldiges Papier bedeutet, die in Wirklichkeit aber nur einem Interessen hinterherjagen: Expansion und Gewinnoptimierung.

Je größer und vielfältiger diese nun neu entstehenden Krankenhauskonzerne werden - Agaplesion ist nur der Anfang -, um so undurchsichtiger werden sie, wie die nachfolgenden Dokumentation der Gewerkschaft V.erdi deutlich macht.

Die Agaplesion- Aktiengesellschaft Frankfurt am Main

Auszüge einer Veröffentlichung des ver.di- Landesbezirks Hessen Fachbereich 3 ­ Gesundheitswesen, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen Wilhelm-Leuschner-Str. 69-77, 60328 Frankfurt/M.

Nach einer im Jahr 2000 vorgestellten Studie der Unternehmensberatung Arthur Anderson sollen in 10 bis 15 Jahren bundesweit nur noch ca.1.500 Krankenhäuser existieren, die wiederum zu 40 bis 50 Krankenhausketten gehören.

Die größten Chancen, unter den Bedingungen des zukünftigen Krankenhaus»marktes« wirtschaftlich bestehen zu können, werden Häusern gegeben, die sich in Ketten oder Verbünden zusammenschließen und ihre Leistungen gegenseitig aufeinander abstimmen.

Der Marktanteil privater Krankenhausketten wird nach Einschätzung der Studie deutlich ansteigen, während auf der anderen Seite viele örtliche Krankenhäuser den Wettbewerb wirtschaftlich nicht überleben und schließen würden. Auf dieses Szenario stellen sich nun kirchliche Krankenhäuser ein und planen die Gründung des Agaplesion-Konzerns.

Die Agaplesion-Aktiengesellschaft

Die erste gemeinnützige evangelische Aktien-gesellschaft »Agaplesion« wurde im Jahr 2002 gegründet. (Alleiniger Vorstand ist Bernd Weber!!, Anmerkung von W.Curkovic-Paul)

Die Aktien dieser Gesellschaft sind so genannte Namensaktien und werden nicht frei an der Börse gehandelt. Keimzelle der neuen AG sind die »Frankfurter Diakonie-Kliniken« (FDK), zu denen sich im Jahr 1998 die vier Frankfurter Krankenhäuser

– St. Markus-Krankenhaus,
– die Bethanien-Krankenhäuser Prüfling und Mühlberg,
– das Diakonissen-Krankenhaus
– und später das Altenpflegeheim Heilandsgemeinde

zusammengeschlossen haben.

Im Jahre 1998 hatten die Frankfurter Diakonie-Kliniken rund

– 2.000 MitarbeiterInnen
– mit 1.057 Betten und einem
– jährlichen Umsatzvolumen von rund 180 Millionen DM.

Direktor und Geschäftsführer der Frankfurter Diakonie-Kliniken gGmbH ist Bernd Weber.

In der Agaplesion-AG sollen das wirtschaftlich angeschlagene

– Krankenhaus Elisabethenstift in Darmstadt (Aufsichtsratsvorsitzender: Bernd Weber)
– und das Bethanien-Krankenhaus in Heidelberg (Geschäftsführer:Bernd Weber)

mit den FDK zusammengeschlossen werden.

– Zwischen der Klinik Elgershausen

und den FDK wurde bereits ein Betriebsführungsvertrag abgeschlossen, mit anderen Einrichtungen laufen Gespräche.

Ziel ist außerdem, in der Agaplesion-AG

– 600 bis 800 Altenpflegeplätze anzubieten.

Die AG soll einen Marktwert von über 200 Millionen DM haben.

Im Hintergrund stehen weitere Bethanien-Einrichtungen

der Evangelisch-methodistischen Kirche mit einem geschätzten

– Vermögen von 400 Millionen DM u.a. in Hamburg, Berlin und Chemnitz.

CSB-GmbH zahlt Niedriglöhne

Ein schwerwiegender Eingriff in die bestehenden Strukturen war bereits die Gründung der CSB( Clinic-Service Betriebe), einer privaten GmbH im Besitz der FDK, die umfangreiche Service-Dienstleistungen für die Frankfurter Diakonie-Kliniken abdeckt. Ähnliche Gesellschaften gibt es auch am Krankenhaus Elisabethenstift in Darmstadt.

Die CSB beschäftigt in Frankfurt weit

– über hundert MitarbeiterInnen.

In diesem Bereich gilt kein Tarifvertrag, auch gibt es bisher keinen Betriebsrat. In den Servicegesellschaften gibt es eine Masse an Niedriglöhnen und einige wenige Spitzenverdiener über BAT-Niveau. Seit Gründung der CSB kann von einer Gemeinschaft, geschweige denn von einer Dienstgemeinschaft in den FDK keine Redemehr sein.

Mitarbeiter mit verschiedenen Arbeitgebern und unterschiedlichen Tarifen arbeiten nebeneinander, Betriebseinheiten werden zerstört: Ganze Bereiche oder Teilbereiche der Reinigung, Essensversorgung, Labor, Technik, Medizintechnik, Transport, Logis-tik, EDV, Sicherheit und Wachdienst sind ausgegliedert, in weiteren Bereichen werden einzelne Stellen oder auch Schlüsselpositionen in den FDK durch CSB ersetzt.

Trotz kirchlich-diakonischer Trägerschaft verhält sich die CSB keinen Deut gerechter als private, am Profit orientierte Serviceunternehmen: Insbesondere Frauen ohne Berufsausbildung werden zu Löhnen beschäftigt, von denen keine Familie mehr zu ernähren ist.

Kirchliche Sonderrechte gegen Beschäftigteninteressen

Aber muss sich denn nicht unter den aktuellen Rahmenbedingungen unseres Gesundheitswesens eine kirchliche Einrichtung genauso verhalten wie ein privates Unternehmen, um überleben zu können?

Eben. Nur gibt es dann auch keine Begründung mehr für die Inanspruchnahme der kirchlichen Schutzrechte aus der deutschen Verfassung.

Einmalig in Europa wird den deutschen Kirchen nämlich das Sonderrecht eingeräumt ,innerhalb der Schranken der bestehenden Gesetze ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. Die deutschen Gesetzgeber haben in der Vergangenheit soviel Rücksicht auf die Privilegien der Kirche (und auch der Diakonie) genommen, dass dies für die diakonischen MitarbeiterInnen in der Praxis heißt: Das Betriebsverfassungsgesetz wie das Mitbestimmungsgesetz sind nicht auf kirchlich/diakonische Einrichtungen anzuwenden, statt dessen gelten kirchen eigene Regelungen mit deutlich einge-schränkten Arbeitnehmerrechten.

Konkret heißt das für Agaplesion:

keine Beteiligung der ArbeitnehmerInnen im Aufsichtsrat, kein Wirtschaftsausschuss. Das Kirchenrecht kennt keine Konzerne, darum gibt es auch keine Mitarbeitervertretungen auf Konzernebene. Noch immer weigert sich die Kirche, die Arbeitsbedingungen ihrer Beschäftigten in Tarifverträgen mit der Gewerkschaft ver.di frei zu regeln.

Das bedeutet für Agaplesion:

Über die Arbeitsbedingungen entscheidet letztlich der Arbeitgeber allein. Entstehen große Sozialkonzerne aus kirchlichen Strukturen heraus und entwickeln sich diese in einem unternehmensmitbestimmungsfreien Raum, führt das fast zwangsläufig zu intransparenten und unkontrollierbaren Strukturen, die autoritär von einzelnen Personen geführt werden und an diesen ausgerichtet sind.

Mangelnde Aufsicht durch die Gremien und Undurchschaubarkeit der Strukturen der verschiedensten Verschachtelungen bedeuten eine große Gefahr. Warnende Beispiele und sogar Millionenpleiten gab es in der Vergangenheit im kirchlichen Bereich genug:

– CTT in Trier, Deutscher Orden in Bayern, Pro-Service beim DWHN.

Eine Kooperation von Krankenhäusern und einer mit ihnen verbundenen nachstationären Betreuung einschließlich der stationären Altenpflege kann zumindest auf regionaler Ebene eine sinnvolle Lösung sein.

Anmerkung: Grundsätzlich ist diese Aussage von V.erdi richtig. Kooperationen wäre hier das Stichwort, nicht feindliche Übernahme, wie im Falle des Altenpflegeheimes Heilandsgemeinde und anderer Einrichtungen, die dann nur noch als "Depot" und "Zwischenlager" oder "Billigpflegeanstalt" mißbraucht werden. (Curkovic-Paul)

Doch nachdenklich und beinahe gefährlich stimmen die Expansionsbestrebungen der Agaplesion-AG und die unübersichtlichen und unkontrollierten vielseitigen Verstrickungen einiger Einrichtungen und ganz weniger Personen.

Die Agaplesion-AG ist eindeutig auf weitere Zentralisierung und auf Expansion über die Hessen-Nassauschen Grenzen angelegt. Daher wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis das Thema eines gesonderten Arbeitsrechtes oder eine Anpassung an das abgesenkte Niveau der AVR von den Arbeitgebern aufgebracht wird, um »am Markt wettbewerbsfähig«zu bleiben.

Darum sind die Forderungen nach einem rechtsverbindlichen Tarifvertrag und nach einer Reform der Mitarbeitervertretungsordnung bzw. des Mitarbeitervertretungsgesetzes für die Beschäftigten der zukünftigen Aktiengesellschaft jetzt von konkreter Bedeutung. Darum fordern wir:

Sicherung der Arbeitsplätze und Einkommensbedingungen durch ordentliche, mit der Gewerkschaft ver.di abgeschlossene Tarifverträge! VertreterInnen der Mitarbeiter müssen wie in privaten Unternehmen auch im Aufsichtsrat vertreten sein, um bei wichtigen Unternehmensentscheidungen die Interessen der Beschäftigten einbringen zu können.

Es muss eine Mitarbeitervertretung auf Konzernebene eingerichtet werden.

Wie in privaten Unternehmen müssen Mitarbeitervertretungen Wirtschaftsausschüsse bilden können, die über die aktuellen Wirtschaftsdaten des Unternehmens informiert werden.

Eine Veröffentlichung des ver.di- Landesbezirks Hessen Fachbereich 3 ­ Gesundheitswesen, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen Wilhelm-Leuschner-Str. 69-77, 60328 Frankfurt/M. Fon 069-66951322, eMail georg.schulze-ziehaus@verdi.de Verantwortlich: Georg Schulze-Ziehaus Gestaltung: freeStyle grafik, Hannover Druck: unidruck, Hannover gedruckt auf 100% RecyclingpapierAgaplesion: Evangelische Aktien-gesellschaft ohne Arbeitnehmerrechte?

Resümee

Die Kirchen müssen sich fragen und fragen lassen ob sie mit ihrer Billigung derartiger Konzernstrukturen ihrem Auftrag noch gerecht werden. Die Städte und Kommunen müssen sich fragen und fragen lassen, ob solche Zerschlagungstendenzen den Pflegeinfrastruktur hinnehmen wollen.

Ob ein kirchlicher Konzern der das Tageslicht (die Öffentlichkeit) scheut wie der Teufel das Weihwasser, mit derart undurchsichtigen Strukturen und Geldmitteln überleben kann, der alles tut um seine MitarbeiterInnen zu demotivieren in dem er unmenschlich mit vielen Einzelschicksalen von MitarbeiterInnen mal eben so hantiert, ihnen die Existenzgrundlage skrupellos entzieht, der in seinen inneren Strukturen statt Demokratie Autokratie und Alleinherrschaft weniger Personen (in diesem Fall eines einziges und weit überschätzten Mannes) ausübt, ist fraglich.

Vom Konzernchef ernannte "Operettengeschäftsführer" sind für die Grob- und Schmuddelarbeit zuständig, setzen sich ihrem Herrn gehorsam seinen ständigen Postencharaden aus und nicken versorgt mit für jeden individuell dosiertem Halbwissen in den sogenannten Gesamtleitungskonferenzen die Weber"schen Pläne ab.

Aus dieser Führungsstruktur heraus wächst wenig Kraft für die notwendigen Reformen zu denen das Krankenhauswesen in den kommenden Jahren staatlicherseits gezwungen ist.

Hinzu kommt, daß ein unüberschaubares Chaos in der Verpflegungsstruktur zu großem Unmut bei den PatientInnen, BewohnerInnen, BesucherInnen und MitarbeiterInnen führt, ein neueingeführtes Konzernweites Logistsystem nicht funktioniert, im Zeitalter der Information an der Öffentlichkeitsarbeit gespart wird usw. Da könnte der Kollaps des Ganzen nicht fern sein.

Diese Form von Nächstenliebe = Agaplesion tut der Kirche und den beteiligten Menschen und der Gesellschaft insgesamt sicher nicht gut.

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