Was die 'Dresdner'-Auftrags-Historiker der FR verschwiegen haben

<p>Leserbrief zum Artikel "Die Geschichte der 'Dresdner'.... von Claudia Michels, FR-Wirtschaftsspiegel vom 13.03.02<br> Die Dresdner Bank war einer der Hauptaktionäre der Adlerwerke zu der Zeit, als es das KZ-Adlerwerke auf dem Firmengelände in Frankfurt/M. gab.<p>

FR-Artikel:

Die Geschichte der "Dresdner" ist 15 Regalkilometer lang
Die seit 1957 in Frankfurt ansässige Bank lässt von Historikern und Archivaren in der Vergangenheit forschen

Von Claudia Michels

Nachholbedarf: Im Auftrag der Dresdner Bank ist seit zwei Jahren ein Stab von fünf Historikern und Archivaren unterwegs, um das Erbe des 130 Jahre alten Geldinstituts zu akquirieren, sichten, erschließen und verstauen. Was den Experten des im Bahnhofsviertel angesiedelten Historischen Archivs nach dieser langen Zeit in den Kellern unter der Stadt in die Finger kommt, besteht häufig nur noch aus rieselndem Staub.

FRANKFURT. Die Dresdner Bank hat ihre ersten Schalter am 1. Dezember 1872 in Dresden eröffnet, wurde zehn Jahre später laut Chronik zu "einer Berliner Bank sächsischen Ursprungs", und erkor 1957 Frankfurt als juristischen Sitz. All die Jahrzehnte, so berichtet Archivleiter Michael Jurk, hätten nur die Volkswirtschaftler in der Bank die Überlieferung bewahrt und gesammelt. Erst die in den 90er Jahren aufkommenden Fragen an die Bankhäuser nach den sogenannten nachrichtenlosen Konten und einer möglichen Bereicherung an geraubtem Gold während der Nazi-Zeit weckte das Interesse an der Geschichte: "Man kann so lange ohne Archiv leben, wie die Vergangenheit nicht in Frage gestellt wird", ist Michael Jurk klar geworden, der vom Springer-Verlag aus Hamburg nach Frankfurt kam.

Nachdem die drängenden Fragen auf dem Tisch waren, so berichtet der Historiker, "wurde alles überdacht". Wissenschaftler des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung in Dresden analysieren seit 1998 die Geschichte der Bank zwischen 1931 und 1957. Vor zehn Jahren noch hat das Unternehmen eine Chronik herausgebracht, die Sachverhalte aus der Zeit des Nationalsozialismus in fragwürdigem Sprachgebrauch beschreibt; mal ist die Rede von "Halbjuden", dann sind "zehn jüdische und fünf arische Herren", erwähnt die in der "Geschäftsleitung des Gesamtinstituts", Anfang der 1930er Jahre zusammengesessen hätten.

In Frankfurt werden die Quellen erschlossen, aus denen die Dresdner Forscher um Professor Klaus Dietmar Henke sich bedienen. Das Längenmaß der Aktei, die per Laster aus den Filialen im westlichen wie im östlichen Teil des Landes inzwischen angeliefert worden ist, hat jetzt 15 Regalkilometer erreicht. Das Material kommt nach dem Bericht von Michael Jurk und seinem Historiker-Kollegen Matthias Kretschmer "aus Kellern, die zum Teil seit Jahrzehnten keiner mehr betreten hatte". Rostige Halterungen, verwischte Tinte, verschimmeltes Papier: Die Kontounterlagen, Depotbücher, Kreditakten oder Rundschreiben müssen im Souterrain des Archivs an der Moselstraße 4 in neue Mappen und (damit der Säurefraß sich ihrer nicht bemächtigt), säurefreie Kartons umgebettet werden. Als Bestand von zeitgeschichtlichem Wert ist dort auch "das Sekretariat" des 1977 ermordeten Vorstandsvorsitzenden Jürgen Ponto abgelegt.

Beim Abbruch des Zinsser-Turms an der Gallusanlage, wo gerade das nächste Hochhaus ("Gallileo") der Bank wächst, ist wieder "vieles verloren gegangen". Immerhin konnte man die Ölgemälde namhafter Bank-Männer wie Carl Goetz oder Hugo Zinsser aus dem Bau bergen und in den Archivräumen an die Wände hängen. Verschollen bleibt bisher ein Bleiglas-Fenster mit dem alten Bank-Logo.

Auf einen Aufruf in der Mitarbeiter-Zeitung hin ("Das Historische Archiv sammelt Dokumente, die die Geschichte der Dresdner Bank illustrieren") sind neben noch mehr Akten auch Plakate und Werbeschilder ins Haus gekommen, ein Gedeck des alten weißen, mit "DB" signierten Kantinen-Porzellans, eine Serie von "Heimspardosen" oder auch viele alte Rechenmaschinen. In zwei Schrankkoffern ist aus dem Besitz eines Urenkels der Nachlass des 1849 bis 1905 existierenden Berliner Bankhauses Robert Warschauer Co. eingetroffen. Einige Stücke daraus werden demnächst in einer Ausstellung dem Vorstand präsentiert.

Weil aber auch "etwas Buntes den Bankern gut tut", haben die Geschichtsschreiber im hauseigenen Mitarbeiter-Blättchen auch schon Antwort auf die Frage gesucht: "Wer ist Mister Ungo?". Jene Hauptfigur eines "Kinder-Krimis zum Mitmachen" ("Einsendeschluss 20. November 1969") sollte damals auch die Jüngsten auf Sparkurs bringen. Derzeit sind die hauseigenen Historiker dabei, die Herkunft des Plastik-"Spartiers" mit Namen Drumbo zu klären, das in den 30 Jahren seit 1972 zehn Millionen Mal in Orange, Gelb und Grün an den Dreba-Schaltern verteilt wurde und zum Maskottchen geworden ist.

[ document info ] Copyright © Frankfurter Rundschau 2002 Dokument erstellt am 12.03.2002 um 23:59:01 Uhr Erscheinungsdatum 13.03.2002

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Was die 'Dresdner'-Auftrags-Historiker der FR verschwiegen haben

Treu und brav schaut das Spar-Elefantenbaby Drumbo drein, der Zinsserturm grüßt denkmalungeschützt aquarelliert die FR-Leserschar. Und hinter dem opulenten Öl-Schinken des "namhaften" Bank-Mannes Carl Goetz verschwinden die drei Sätze über den in der NS-Zeit "fragwürdigen Sprachgebrauch", der "Halbjuden" nennt und "zehn jüdische und fünf arische Herren" in der Geschaftsleiting Anfang der 30er.

Drei Zeilen auf einer halben FR-Seite zur "SS-Bank" wie die Dresdner von den Nazis genannt wurde! Entweder haben die namhaften Historiker heftig unterschlagen oder noch nichts gefunden. Z.B. zu Carl Goetz, von dem mehr bekannt ist als sein Ölschinken. Als Co-Autor des TheaterDoCollage-Stückes "Sie starben mitten in Frankfurt... unter der Mitverantwortung der Aktionäre und der Dresdner Bank" zur Geschichte des KZ-Katzbach/ADLER-Werke, habe ich zusammen mit den CoAutorinnen umfangreiche Recherchen über die Dresdner Bank gemacht und kann den Historikern gerne behilflich sein. Die folgenden Fakten sind spätestens seit der Uraufführung des Stückes 1999 im Gallustheater öffentlich zugänglich. Während die Geschichte der Dresdner 15 Regalkilometer lang fast Guinnessbuch verdächtig erscheint, ergäben die Aneinanderreihung der Leichen der durch Zwangsarbeit im Adler-KZ vernichteten und im Adler-KZ direkt ermordeten 1550 polnischen und sowjetischen KZ-Häftlinge lediglich zirka 2,6 Kilometer.

"Spätestens ab 1943 war die Dresdner Bank die zweitgrößte Aktionärin der Adlerwerke, verfügte über 48% der Aktionärsstimmen und kontrollierte den Aufsichtsrat. Mit Carl Goetz, ihrem Aufsichtsratsvorsitzenden, stellte sie ab 1939 bis Kriegsende den Aufsichtsratsvorsitzenden der Adlerwerke Hauptaktionär war Generaldirektor Hagemeier, zu dem die Dresdner Bank ein kooperatives Verhältnis hatte; er war Vorsitzender des Landesausschusses der Dresdner Bank in Hessen und Frankfurt.

Schon bei der "Arisierung" des 20.000 qm großen Geländes zwischen Werk I und II war die Dresdner Bank mehr involviert, als sich dies ohnehin durch ihre Aufsichtsratstätigkeit ergab. In Zusammenarbeit mit maßgeblichen Stellen der NSDAP, Gestapo und Adlerwerken wurden die jüdischen Eigentümer der Firmen auf diesem Zwischengelände ab 1933 zur Unterschrift unter "Arisierungsverträge" gezwungen. Ab 1938 residierten die Adlerwerke in der Kleyerstraße bereits durchgehend von Nummer 11 bis 63. Auf dem "arisierten" Gelände wurden ab 1940 Torpedoteile gefertigt. Im Juli 1941 begann mit dem Bau des Barackenlagers das Kapitel Zwangsarbeit, das mit dem KZ endete......

Kein anderes führendes Kreditinstitut idenntifizierte sich so vollständig mit den Zielen der NSDAP, der Nazi-Regierung und der SS, und keine andere Bank schlug aus ihren politischen Beziehungen so rücksichtslos Profit., so der US-amerikanische OMGUS-Bericht nach dem Krieg.

Aufgrund ihrer stets "prompten Erledigung" von SS-Kapitalbedarf war die Dresdner Bank das bevorzugte Kredithaus der SS. Sie galt in der NSDAP und ihr nahestehenden Kreisen als die "SS-Bank". Sie beteiligte sich nicht nur an den wirtschaftlichen Unternehmungen der SS, sie war mit nicht weniger als sieben Vertretern im "Freundeskreis des Reichsführers SS" präsent, führte nicht nur ein Bankenkonsortium an zur Finanzierung des Projektes I.G. Auschwitz, sondern stellte auch ab 1941/42 einen Rationalisierungsexperten für das spätere SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt, der Zentrale der Konzentrationslager.

Sowohl in Deutschland als auch in allen besetzten Ländern Europas war sie die Hauptagentur für die zwangsweise "Arisierung" von Unternehmen in jüdischem Besitz. Ab 1936 richtete sie eine eigene "Arisierungsabteilung" ein, noch bevor sich alle anderen Banken aus Rücksicht auf das Auslandsgeschäft dazu trauten....

In den Jahren 1938 bis 1944 erfuhr sie eine gewaltige Expansion und machte nach heutiger Rechnung Milliardengewinne. Diese Entwicklung, für die es keine Parallele gibt, war nur deshalb in so kurzer Zeit möglich, weil sie die Finanz- und Industrieressourcen der besetzten Gebiete Europas rücksichtslos ausbeutete - in einem gigantischen Raubzug quer durch Europa. Die Dresdner Bank war praktisch die Nachhut der Wehrmacht. Im besetzten Europa machte ein Vers die Runde, der auch von Frontsoldaten zitiert wurde: "Hintern ersten deutschen Tank kommt Rasche von der Dresdner Bank". - Dr. Karl Rasche war Direktor der Dresdner Bank.

Die US-Militärregierung prangerte die Dresdner Bank als Kriegsverbrecher an und schlussfolgerte, dass Vorstand, Aufsichtsrat und verantwortliche Mitarbeiter "von wichtigen Positionen im politischen und wirtschaftlichen Leben in Deutschland zu entfernen und für die Zukunft davon auszuschließen" seien.

So weit der Leserbrief. Ich halte es für dringend geboten, nach dem Abdruck eines halbseitigen PR-Artikels für die Dresdner Bank für dieses unterschlagene Kapitel mindestens ebenso viel Platz zur Verfügung zu stellen. Für eventuelle Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung

Mit freundlichen Grüßen
Hartmut Barth Engelbart