Abendland retten !

<p>In Frankfurt demonstrierten junge Menschen ihre Solidarität mit der deutschen Wirtschaft und für einen Krieg gegen den Irak. Das war sehr lustig. Und auch so gemeint.

Menschenketten plus Gebete, gewürzt mit Betroffenheit ist gleich Friedensbewegung? Vielleicht noch verfeinert mit einer Prise dumpfem Antiamerikanismus oder Antisemitismus, deutschnational oder antideutsch? Das muss nicht sein, wie gestern eine Performance auf der Zeil bewiesen hat. Ein lockerer Verbund aus Schülerinnen und Studierenden, zusammengeschlossen in der "Initiative Abendland resp. Rettung desselben" traf sich für einen "Solidaritätsmarsch zu DaimlerChrysler". Vertreter der Initiative sorgten sich um das Wohl der deutschen Wirtschaft. Denn "das Gesäusel der selbst ernannten Friedenstauben Fischer und Schröder" zögere nun schon seit Wochen den Kriegsbeginn heraus, obwohl deutsche Waffenlieferanten zu den besten der Welt gehörten und die Notwendigkeit von Arbeitsplätzen wohl kaum zu bestreiten sei. Schon seit dem 11. September 2001 hätte man Millionen scheffeln können, am Krieg in Afghanistan habe sich die deutsche Regierung viel zu zurückhaltend beteiligt und den Irak wolle man sich jetzt ganz durch die Lappen gehen lassen. Die Initiative drücke daher ihre Solidarität mit der deutschen Wirtschaft aus und unterstütze neben DaimlerChrysler auch weitere deutsche Rüstungsunternehmen wie etwa Airbus, BAe Systems Deutschland, EADS, Heckler Koch, Krauss-Maffei, Lockheed Martin, Mannesmann, Reinmetall DeTec AG, ThyssenKrupp, SAP Aerospace Defense.

Rund 30 Teilnehmer versammelten sich auf der Konstablerwache unter anderem mit Transparenten, auf denen der atomare Erstschlag oder Krieg für Frieden gefordert wurden. Begleitet vom Radetzkymarsch wurde die sofortige Pockenimpfung der Bevölkerung verlangt: "Tut was! Wir haben Angst" Nach einer kurzen Auftaktkundgebung formierten sich die Demonstranten zu ordentlichen militärischen Reihen und marschierten über die größte deutsche Einkaufsstraße zur Börse und schließlich zur DaimlerChrysler-Filiale in der Kaiserstraße. Offensichtlich war der Marschschritt aber für die Gruppe, der auch Kriegsdienstverweigerer angehörten, doch sehr ungewohnt, denn ständig kam man aus dem Takt und musste anhalten. Passanten reagierten meistenteils belustigt bis interessiert auf den Aufzug, der unter anderem "Deutsche Waffen, deutsches Geld, schaffen Ordnung in der Welt", "Pazifismus ist verlogen, ihr werdet um das Öl betrogen", "Hoch die internationale Intervention" oder "Nehmt den Schülern die Moneten, Deutschland braucht Atomraketen" skandierte. Sogar die Sicherheitskräfte und Broker vor der Börse konnten sich ein Lächeln nicht verkneifen, als "Werft die Bomben schneller, der DAX muss aus dem Keller" gerufen wurde - zeitgleich mit dem Eintreffen der ersten Polizisten, die immerhin schon nach 40 Minuten mitbekommen hatten, was da im Gange war. Sie wurden mit "Deutsche Polizisten schützen Pazifisten" empfangen und waren darob wohl derart eingeschüchtert, dass sie fürderhin keine weiteren Störungsversuche mehr unternahmen.

Martin Brust

Original erschienen auf www.liga6000.de

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Antimilitarismus