Anforderungen für die Förderung benachteiligter Jugendlicher an Berufsschulen

Im Frankfurter Info 25/04 hatten wir eine PM der GEW zum revidierten Berufsschulentwicklungsplan ("Berufsschul-"Abwicklungs"plan) dokumentiert. Kern dieses Planes ist u. a. die Schließung der Elly-Heuss-Knapp-Schule in Bornheim, die in in besonderem Maße benachteiligte Jugendliche mit Migrationshintergrund fördert. Der Personalrat der Schule, der die Schließungspläne immer bekämpft hat, hat am 6. Januar auf einer Pressekonferenz "Anforderungen für die Förderung benachteiligter Jugendlicher an Berufsschulen" formuliert.

Der Personalrat der Elly-Heuss-Knapp-Schule/ Frankfurt

PRESSEERKLÄRUNG vom 06.01.2005

ECKPFEILER FÜR DIE FÖRDERUNG VON BENACHTEILIGTEN JUGENDLICHEN AN BERUFSSCHULEN: Standards für Kompetenzzentren

Jugendliche in Besonderen Bildungsgängen brauchen ein breites Spektrum an geeigneten Berufsfeldern!

EIBE- und BVJ-SchülerInnen sind nicht auf ein Berufsfeld fixiert und benötigen ein Angebot von mehreren geeigneten Berufsfeldern zur Vorbereitung auf die Berufs- und Arbeitswelt. Derzeit wird ihnen an der Elly-Heuss-Knapp-Schule aufgrund des diversifiziert ausgebildeten Personals ein breites Spektrum an Projekten in verschiedenen Berufsfeldern angeboten (Hauwirtschaft und Ernährung, Wirtschaft und Verwaltung, Holztechnik, Gesundheit, Gartenbau, Textiltechnik, Drucktechnik).

Die Verknüpfung von Theorieunterricht und praktischem Tun motiviert schulmüde Jugendliche und unterstützt den Spracherwerb von SchülerInnen mit Defiziten in der deutschen Sprache. Auch wer nach dem Schulbesuch keine Ausbildung beginnt, kann wichtige Kenntnisse und Kompetenzen für künftige Jobs, z.B. im Reinigungs-, Hotel- und Gaststättengewerbe, erwerben. Diese breite Angebots-palette muss auch in Zukunft erhalten bleiben! Dazu gehören auch die entsprechenden Fachräume und –lehrer!

Vollzeit-SchülerInnen brauchen Durchstiegschancen und realistische Berufsperspektiven!

Derzeit bietet die Elly-Heuss-Knapp-Schule Jugendlichen in den BVJ- und EIBE-Klassen mit den Ausbildungsberufen Kaufmann/ -frau im Einzel-handel, Verkäufer(in), Hauswirtschafterin und Helferin in der Hauswirtschaft realistische Berufsperspektiven. Durch Patenschafts-modelle zwischen verschiedenen Klassen erhalten die benachteiligten SchülerInnen Einstiegshilfen in die genannten Ausbildungsberufe.

Vollzeit-SchülerInnen dürfen nur an solchen Berufsschulen angesiedelt werden, die ihnen realistische Durchstiegschancen in für sie erreichbare Ausbildungsberufe sowie weiterführende schulische Formen (Berufsfachschule) eröffnen. Eine Verteilung der Klassen nach dem Gießkannenprinzip ist daher strikt abzulehnen!

Vollzeit-SchülerInnen benötigen Schulsozialarbeit vor Ort und in Kooperation mit den Kollegien!

Besonders Vollzeit-SchülerInnen in BVJ-, BGJ-, BFS- und EIBE-Klassen benötigen sozialpädagogische Betreuung in Form eines verlässlichen Beziehungsangebotes vor Ort. Das geplante Koordinierungs- und Bildungszentrum aber droht zum „Wasser-kopf“ auf Kosten der konkreten Arbeit an den Schulen zu werden. Dies aber stünde im Widerspruch zu einem Beschluss der Stadt-verordnetenversammlung aus dem Jahre 2001!

An der Elly-Heuss-Knapp-Schule besteht seit 14 Jahren eine gelungene Kooperation von Jugendhilfe und Schule. Schulsozialarbeit war und ist vom Kollegium gewünscht, es besteht eine enge Zusammenarbeit zwischen SozialarbeiterInnen und LehrerInnen. Eine solche Kooperation zwischen Lehrkräften und SozialpädagogInnen stellt laut einer Studie des Thüringer Ministeriums für Soziales und Gesundheit (1998) den stärksten Faktor für den Erfolg von Schul-sozialarbeit dar. An diesem Standard muss sich das neue Benach-teiligtenkonzept messen lassen!

Benachteiligte Jugendliche benötigen eine besondere Sprachförderung!

Die Elly-Heuss-Knapp-Schule bietet derzeit als einzige Berufliche Schule konzeptionell und personell (u.a. drei türkisch-stämmige KollegInnen) die Gewähr einer besonderen Sprachförderung für jugendliche MigrantInnen.

Für SprachanfängerInnen im Berufsschulalter gibt es ein differen-ziertes Angebot von der Alphabetisierung über bilingualen Unterricht bis hin zu 1- bzw. 2-jährigen Klassen zur Erlangung des Hauptschul-abschlusses bzw. der Mittleren Reife. Voraussetzung hierfür ist eine gewisse Jahrgangsbreite an den einzelnen Schulen. In Ausbildungs-klassen ermöglicht bilingualer Unterricht den Erwerb von Fach-vokabular in der Muttersprache und in Deutsch.

Dieser Standard der Migrantenförderung im Berufsschulbereich muss gerade in einer internationalen Stadt wie Frankfurt, in der inzwischen ca. 40% Kinder und Jugendliche mit Migrations-hintergrund leben, gewahrt und weiter ausgebaut werden!

V.i.S.d.P.: Der Personalrat der Elly-Heuss-Knapp-Schule/ Frankfurt c/o Susanne Brenner

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Bildung