Aufruf zur Mobilisierungsdemonstration gegen die Naziaufmärsche im Odenwald am Samstag 22.7.2006 um 11.00 Uhr, Luisenplatz Darmstadt

Rechte Offensive in Südhessen Für den 22.07.2006 hat die neofaschistische NPD einen „Aktionstag im Odenwald“ angemeldet, der durch mehrere Ortschaften führen und seinen Abschluss in einem Aufmarsch in Erbach und Michelstadt finden soll. Hierbei arbeitet sie eng mit Nazis aus dem Umfeld der sogenannten „Freien Kameradschaften“ und insbesondere dem Aktionsbüro Rhein/Neckar zusammen.

Die Freien Kameradschaften haben sich Mitte der 90er Jahre gegründet, um den damals forcierten Verboten rechtsradikaler Parteien zu entgehen. Sie agieren als voneinander unabhängige Gruppen und stehen doch in einem festen organisatorischen Gefüge.
„Aktionsbüros“ wie das AB Rhein/Neckar sind Netzwerke mehrerer regionaler Kameradschaften, die sich so zusammenschließen, um auch größere und überregionale Aktionen durchführen zu können und sich eine gemeinsame Infrastruktur aufzubauen.
Eine der treibenden Kräfte im AB Rhein/Neckar ist die Kameradschaft Bergstraße (KSB), welche sich in den letzten Jahren eine Führungsposition in der südhessischen Neonaziszene aufgrund ihrer personellen Stärke und ihres Aktionismus aufgebaut hat.
Neben der KSB sind im Aktionsbüro Rhein-Neckar u.a. die Kameradschaft Viernheim, die Aktionsgruppe Bergstraße, die Freien Nationalisten Mainz, die Freien Nationalisten Rhein/Main und die Kameradschaft Worms organisiert.
Aber auch andere neofaschistische Organisationen wie die Kameradschaft Sturmfront Odenwald und der Bund heimattreuer Aktivisten aus Darmstadt/Weiterstadt sind in Südhessen aktiv.
Hinter der Zusammenarbeit zwischen NPD und Freien Kamerad-schaften steht vordergründig der aus Butzbach-Hochweisel stammende NPD-Landesvorsitzende Marcel Wöll.
Wöll kommt aus dem Spektrum sog. Freier Kameradschaften und ist Führungskader bei den Freien Nationalisten Rhein/Main. Neben seinem Bestreben, sein Anwesen in Butzbach-Hochweisel zu einem „nationalen Zentrum“ auszubauen, will Wöll seine Verbindungen zur NPD nutzen, um mit ihr gemeinsam mit dem AB Rhein/Neckar „den Odenwald zu erstürmen“.
Im Rahmen dieses Vorhabens wurden die Kundgebungen und Aufmärsche am 22. Juli durch die NPD ins Leben gerufen. Gleichzeitig fungiert die NPD hier als wichtiges Sammelbecken und hat eine integrative Schlüsselfunktion bei der versuchten Gleichschaltung der Szene.
Dieser rechtsextreme Aktionstag steht auch im eindeutigen Zusammenhang mit Ereignissen aus den letzten 12 Monaten. Rechtsextreme und neofaschistische Gruppierungen versuchen in letzter Zeit verstärkt, in der Region Darmstadt/Südhessen politisch wie durch Aktionen, aufzufallen.
Neben diversen rassistischen Aufklebern, aber auch faschistischen Sprühparolen in Südhessen und Darmstadt, sind folgende Ereignisse hervorzuheben:
Januar 2006: In der Gaststätte „Zur Kanone“ in Griesheim veranstaltet die Neonazi-Organsation „Hammerskins“ ein als Feier eines Basketballvereins getarntes Konzert mit über 400 Gästen.
März 2006: In Roßdorf-Gundernhausen findet im Hotel „Hessischer Hof“ eine Veranstaltung eines sog. „NPD-Freundeskreises“ statt.
Mai 2006: Am 1.Mai können nur unter starkem Polizeischutz mehr als 300 Neonazis durch das südhessische Heppenheim marschieren. Aufmärsche in Ladenburg und Weinheim finden am selben Tag statt.
Juni 2006: Der jüdische Friedhof in Alsbach-Hähnlein wird zum wiederholten Mal geschändet.
Juli 2006: Ein Mahnmal am Darmstädter Güterbahnhof, das an die Deportationen von Juden und Sinti im Zweiten Weltkrieg erinnert wird zerstört.
Durch vielfältige antifaschistische Aktionen und konsequente Öffentlichkeitsarbeit konnten einige Veranstaltungen zwar nicht immer verhindert, so aber doch zumindest öffentlich gemacht und erheblich gestört werden. Zu diesen Ereignissen gab und gibt es zahlreiche Angriffe durch und Auseinandersetzungen mit Neonazis, die abseits der Medien keine Beachtung finden, so daß man eindeutig von einer aktiven faschistischen Organisierung in der Region sprechen kann. Besonders im Odenwald und dem Kreis Bergstraße ist die Neonaziszene gut organisiert und wächst immer weiter. Der versuchte Einfluß dieser Gruppen geht weit über das politische hinaus, da sie durch rechte Musik und rechten Lifestyle eine vermeintlich eigene soziale und kulturelle Identität verankern wollen.

Der 22.07. ist ein weiterer Baustein dieses offensiven Konzeptes, mit dem das neonazistische AB Rhein/Neckar samt ihren Anhängern weiter in die Gesellschaft vordringen will, um ihre menschenverachtende Ideologie zu verbreiten.
Hierbei versuchen Neonazis, sich sozialen Protestbewegungen anzubiedern, um sich in ihnen als fester Bestandteil zu etablieren und so neue Anhänger zu gewinnen. Sie geben sich zu diesem Zweck oft betont bürgernah und propagieren einen angeblichen „Antikapitalismus von rechts“, den sie als die einzig mögliche Perspektive zu Sozial- und Bildungsabbau verstanden haben wollen.
In Wahrheit verbergen sich hinter ihrer angeblichen Kapitalismuskritik jedoch nur die rassistischen und antisemitischen „Inhalte“, wie sie seit eh und je von (Neo-)Nazis vertreten werden.
Auch die Kundgebungen im Odenwald finden im Rahmen einer so genannten „Antikap-Kampagne“ statt.
Die Regierungsparteien tragen nicht unwesentlich zum Erfolg der radikalen Rechten bei.
Zum einen werden faschistische Aktivitäten und insbesondere Nazi-Aufmärsche von den zuständigen Behörden oft verschwiegen, um einen antifaschistischen Protest unmöglich zu machen und das Ansehen der jeweiligen Ortschaft nicht zu gefährden. Doch genau diese Wegschaumentalität brauchen die Nazis, um ihre Aktionen durchführen und ihre Strukturen stärken zu können.
Zum anderen werden durch Abschiebungen und rassistische Sondergesetze die Forderungen der Neonazis durch die Regierungsparteien sogar umgesetzt.

Protest und Widerstand
Wir haben uns bewußt dafür entschieden, am 22.07. nicht ein halbes Dutzend Gegendemos vor Ort zu organisieren, da die Marschrouten und die Nazis selbst durch massive Polizeieinsätze geschützt sind.
Diese Polizeiaktionen sind repressiv gegen AntifaschistInnen gerichtet und zum Teil rechtswidrig.
Letztendlich sind es die Einsatzkräfte der Polizei, welche die Aufmärsche, Konzerte und andere Aktionen der Rechten erst durch ihr massives Auftreten und direkte Gewalt gegen GegendemonstrantInnen möglich machen.
Wir wollen diesem „rechten Aktionstag“ mit einer eigenen Demonstration in Darmstadt etwas entgegensetzen. Nicht als Kapitulation vor den von der Polizei geschützten Neonazis, sondern als Ausdruck der eigenen Politik und Bereicherung linker Aktionsformen.
Anstatt den Nazis hinterher zu reisen, legen wir selbst fest, wann und wo wir unsere Inhalte vermitteln wollen.
Darmstadt wurde deshalb als Austragungsort gewählt, da sich hier eine größere Öffentlichkeit erreicht werden kann. Des Weiteren stellt Darmstadt durch seine geographische Lage sozusagen das „Tor zum Odenwald“ dar, so daß der regionale Bezug zum rechten Aktionstag immer noch gegeben ist. Zu guter Letzt ist auch der Anreiseweg nach Erbach nicht besonders weit, da wir trotz allem den Nazis natürlich nicht völlig das Feld überlassen werden. Wir verstehen diese Demonstration deshalb auch als Mobilisierungsveranstaltung zu den Gegenaktivitäten, in Erbach und Michelstadt, zu der geplanten Abschlussveranstaltung der Neonazis.

Anmelder dieser Demonstration ist die
ANTI NAZI KOORDINATION DARMSTADT

Zu dieser Demonstration rufen weiterhin auf:
AStA TUD,AStA EFH, AStA HD,VVN-BdA Darmstadt, Die Linke DA, DKP Darmstadt, Galida, Kein Mensch ist illegal, Rote Hilfe Darmstadt, Ultras Darmstadt, Antifaschistische Linksradikale Darmstadt, Uffbasse, JuKuZ Oetinger Villa, Wagenplätze Babajaga Klabauta, Infoladen Darmstadt, Anarchistische Gruppe Darmstadt

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