Blamage für Allianz und Deutsche Bank

Zur geplatzten Fusion von Deutscher und Dresdner Bank

Blamage für Allianz und Deutsche Bank Am 5. April gab die Dresdner Bank den Abbruch der Verhandlungen über die am 9. März mit großem Getöse angekündigte Fusion von Deutscher und Dresdner Bank zur größten Bank der Welt bekannt. In übereinstimmenden Erklärungen beider Seiten wurde als Grund für das Scheitern die Uneinigkeit über die Zukunft der Investment-Banking-Sparte Dresdner Kleinwort Benson (DKB) genannt. Damit ist auch für den Allianz-Konzern das Geschäft erst einmal geplatzt, für den 22%igen Anteil an der Dresdner Bank die Filialbank Deutsche Bank 24 zum Versicherungsvertrieb zu übernehmen und die DSW als Fondsgesellschaft und den Deutschen Herold als Versicherung zu erwerben.
Nach verschiedenen Presseberichten hatten die Vorstandsspitzen von Allianz, Deutscher und Dresdner Bank die Vorentscheidungen über die Fusion ohne Beteiligung weiterer Vorstandsmitglieder gefasst. Insebesondere war der bei der Deutschen Bank für das Investment Banking zuständige Vorstand Ackermann nicht rechtzeitig „eingeweiht“ worden. Daraufhin kam es innerhalb der Deutschen Bank zu einem Aufstand des Investment Banking-Bereichs, wo von der Vorstandsspitze herab eine Integration der Dresdner-Bank-Kollegen ... abgelehnt wurde. Insbesondere Vorstandsmitglieder und leitende Angestellte der Deutschen Bank verteidigten ihre Posten gegen die Dresdner-Anwärter. Am Tag der Fusionspressekonferenz wurden aus Kreisen der Londoner Gobal Markets-Abteilung der Deutschen Bank gezielt Indiskretionen an die Presse gegeben, die Vorstandssprecher Breuer erst feierlich dementieren musste: „Dresdner Kleinwort Benson ist ein Juwel.“ Während der weiteren Fusionsvorbereitung wurden Investmentbank-Beschäftigte der Dresdner Bank gezielt von der Deutschen Bank abgeworben. Einige Teams von DKB, die um ihre Zukunftsperspektiven in der neuen Deutschen Bank fürchteten, kündigten vorsorglich komplett, was zum Wegfall ganzer Geschäftsbeziehungen für die Dresdner Bank zu führen drohte. In Tokio wechselte eine Gruppe von Research- und Platzierungsspezialisten zu J.P. Morgan. Die Dresdner Bank setzte darauf bis zu sage und schreibe 500 Mio. DM an Bonuszahlungen aus, um diese Leute zu halten. Nachdem Breuer schließlich den Forderungen seiner Investment Banking-Leute nach Verkauf von DKB nachgegeben hatte, war für den Vorstand der Dresdner das Maß voll. Eine Fusion „unter Gleichen“ würde das nicht werden und damit würde die in diesem Fusionsprozess notwendige Loyalität des mittleren Managements nicht mehr zu halten sein.
Die starke Position der Investment Banker resultiert aus dem Rückgang der Margen im traditionellen Einlagen- und Kredit-Geschäft der Banken und der wachsenden Bedeutung des Aktienmarktes für die direkte Finanzierung von Kapitalexpansion und Firmenübernahmen. Bei der Dresdner Bank wurden ca. 45% des Ertrages von 1999 aus dem Investment Banking erwirtschaftet. Einige der in diesen Bereichen arbeitenden Angestellten haben aufgrund der wachsenden Nachfrage exorbitante Gehälter, die oft an Geschäftsabschlüsse oder Aktienkurse gebunden sind. Nach 6 Jahren Erfahrung können das durchaus 700.000 bis 800.000 DM im Jahr sein (Financial Times Deutschland, 23.3.00). Zum Vergleich: In der Tarifgruppe 7, der Endstufe eines Sachbearbeiters in der Wertpapierabwicklung, kommt man bei 13,5 Gehältern auf ca. 75.000 DM im Jahr. Die Organisation dieser Bereiche als Profitcenter, wo ganze Teams bei Nichterfüllung von Forderungen mit Abwanderung unter Mitnahme ihrer Kundenkontakte drohen können, kann sich in solchen Krisensituationen gegen den eigenen Vorstand wenden. Typisches Zitat aus diesen Kreisen: "Wenn Sie Loyalität wollen, dann kaufen Sie sich einen Hund."
Nach Bekanntgabe des Scheiterns war unter Frankfurts Bankangestellten die Schadenfreude groß. Wenn auch klar ist, dass derzeit kein Ende der Fusions- und Rationalisierungswelle im Bankbereich abzusehen ist, so hat sich doch gezeigt, dass größenwahnsinnige Pläne von Bankvorständen und insbesondere der Deutschen Bank auch einmal scheitern können. Zur Zeit läuft von Gewerkschaftsseite eine Kampagne gegen die Ausdehnung des Börsenhandels in den Feierabend und auf die Feiertage. Die Urheber dieser Pläne sind die gleichen wie die der geplatzten Fusion.

Politische Berichte, 9/2000, gst