Cross-Border-Leasing

Die PDS-Fraktion im Römer hatte das Kommunalparlament am 15. Mai aufgefordert, die Vorbereitungen für das geplante Cross-Border-Leasing der Frankfurter U-Bahn sofort zu beenden. Die Leasinggeschäfte werden in der Öffentlichkeit zunehmend kritischer beurteilt.

Die Fraktion hatte diese Entwicklung u. a dadurch unterstützt, indem sie die Argumente und Recherchen des Journalisten Werner Rügemer aufgriff und verbreitete (s. Info 24, 25/02). Das veranlasste den Geschäftsführer der Stadtwerke Holding, Werner Lutz, die Stadtverordneten Halberstadt und Dr. Dähne zu einem Informationsgespräch einzuladen, an dem auch Vertreter der beteiligten Banken und der Anwaltskanzlei teilnahmen. Die Einwände der Fraktion wurden durch das Gespräch nicht ausgeräumt. Wichtige Bedenken werden in der folgenden Presseerklärung vom 12. Mai zusammengefasst:<br> nEntgegen den Beteuerungen der von den Stadtwerken beauftragten Anwälte sind die Einwände der obersten US-Steuerbehörde gegen derartige Geschäfte nicht aufgehoben: Zwar wurde seit 1999 versucht, dieser Kritik der Behörde dadurch Rechnung zutragen, dass die Laufzeit der Verträge auf 100 Jahre verlängert wurde. Der fiktive Charakter dieser "Verbesserung" wird aber schon dadurch deutlich, dass der Leasing-Vertrag schon nach 30 Jahren aufgehoben werden kann. Damit besteht das Risiko einer Aberkennung der Steuervergünstigung durch die US-Steuerbehörde mangels "ökonomischer Substanz" fort.<br> nDie Gefahr einer nachträglichen Quellenbesteuerung in den USA ist nicht kalkulierbar und läge in vollem Umfang bei der Stadt: Um das Risiko einschätzen zu können, wäre eine genaue Einsicht in die Gewinnsituation des US-Trusts und seiner Gesellschafter erforderlich, was jedoch mit Hinweis auf das Steuergeheimnis zumeist verweigert wird.<br> nAuch das Risiko, dass eine der mit der Zahlungsabwicklung der Leasing-Raten beauftragten Geschäftsbanken, welche die Gesamtsumme zu Beginn des Vertrages auf einen Schlag erhalten, zahlungsunfähig wird, konnte nicht ausgeräumt werden: In einem solchen Fall könnte die Stadt zwar die beauftragte Bank wechseln. Dadurch wird das Risiko jedoch kaum gemindert, weil viele dieser Verträge bereits bei einer Zahlungsverzögerung von zwei Wochen die Möglichkeit einer Vertragskündigung mit anschließenden Schadensersatzforderungen gegen die Städte vorsehen. Zwei Wochen sind eine knappe Frist angesichts der komplizierten Verhandlungen mit einer neuen Bank. Dies gilt um so mehr als eine Bank gerade angesichts eines drohenden Konkurses die langfristige Sicherheit eines solchen Vertrages nicht ohne weiteres aus der Hand geben wird.<br> nNicht hinnehmbar ist auch die wechselseitige Untervermietung der U-Bahn, die im Rahmen der Verträge zwischen der Stadt und der Verkehrsgesellschaft vorgesehen ist: Damit wird das Risiko einzig und allein der Stadt zugeordnet. Dies ist ein Punkt auf den die US-"Investoren" besonderen Wert legen, da eine Stadt nach deutschem Recht nicht Pleite gehen kann. In einem solchen Fall muss das jeweilige Bundesland oder die Bundesrepublik als Gewährsträger einspringen.<br> nDie vorgesehene Abwicklung der Zahlungsströme zeigt, dass die Stadt bei dem Geschäft nur eine Minirolle spielt. Alle Zahlungsströme bis auf die Einbehaltung des Barwertvorteils und die Weiterleitung des Gesamtleasingbetrags zu Beginn des Vertrages gehen an ihr vorbei. Das wirklich lukrative Geschäft, etwa Darlehenszinsen, der Hauptteil der Steuerersparnis und die Entgelte für die Übernahme des Zahlungsverkehrs, machen die "Investoren" und die Banken. Die Stadt hat fast keine Gestaltungsmöglichkeiten nach Vertragsabschluss, trägt jedoch alle wesentlichen Risiken, die sich im Laufe der Zeit entwickeln können.z<br> nAuch das Risiko, dass die U-Bahn nach einer teilweisen Zerstörung nicht zeitnah wieder aufgebaut werden kann, liegt vollständig bei der Stadt. Der US-Trust könnte dann den Vertrag kündigen und hätte Anspruch auf die Auszahlung des Beendigungswertes, der ein Vielfaches des anfänglich ausgezahlten Barwertvorteils beträgt.<br> nBesonders problematisch ist zudem, dass für den Vertragszeitraum keine Verkehrsentwicklungsprognose vorliegt. Vor diesem Hintergrund ist der künftige Verkehrsbedarf und seine räumliche Verteilung nicht abschätzbar. Folglich wäre die Garantie, das U-Bahn-Netz bei Strafe hoher Schadensersatzzahlungen für 30 Jahre unverändert zu betreiben, verantwortungslos, ja geradezu fahrlässig.<br> Achim Kessler, Mitarbeiter der PDS-Fraktion im Römer (069 70 79 30 75)

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