Cross Border Leasing, Teil 2

<p>Im letzten Teil des Artikel haben wir mit Hilfe von Werner Rügemer versucht, etwas Licht in das undurchsichtige Cross-Border Leasing zu bringen.

Inzwischen konnte man in den Zeitungen lesen, dass die Stadtwerke Frankfurt Holding GmbH beschlossen haben, das Frankfurter U-Bahn-Netz auf 99 Jahre an ein - natürlich nicht benanntes - amerikanisches Unternehmen zu verleasen. 100 Millionen Euro soll das der Holding bringen. Geht man von den im ersten Teil des Artikels angenommenen 4% des Barwertvorteils (der Steuerersparnis des amerikanischen Unternehmens) aus, macht dieses ominöse Unternehmen durch Abschreibung der Anlage eine Steuerstundung von 2,5 Mrd. Euro dem amerikanischen Staat (und den amerikanischen Steuerzahlern) gegenüber geltend. Interessierte können weiterhin leicht mit dem Steuerersparnissatz von ca. 25 % des Anlagewerts, den Wert errechnen, den Frankfurter U-Bahn-Schienen und -Schotter (die Tunnelröhren gehören der Stadt) angeblich haben: nämlich 10 Mrd. Euro.

Das bringt uns auf einige der Beteiligten an diesem Geschäft: Da ist also eine Ingenieursfirma, die ein Gutachten über den Anlagewert und ein technisches Bestandsverzeichnis für den "Investor" erstellt. Dann auf beiden Seiten mindestens eine große internationale Anwaltskanzlei - in unserem aktuellen Fall in Frankfurt die Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer, in New York die Kanzlei Shearman Sterling. Sie alle sind Nutznießer dieses Steuerbetrugs. Und doch beträgt ihr Gewinn nur einen Bruchteil von dem der beteiligten Banken. In unserem Fall sind es die Deutsche Bank und die Hessische Landesbank (Helaba).

Dazu kommentiert Rechtsanwalt Schacht, der sich einige Leasing-Verträge angesehen hat, in der WDR-Sendung "100 Jahre wie ein Tag", WDR 2001: Die Banken wickeln im Hintergrund die Sache so ab, als würde tatsächlich die Leasing-Rate gezahlt. "Die Banken organisieren also den Zahlungsverkehr für die Optik so, als würde Jahr für Jahr oder Monat für Monat die Leasingrate gezahlt, über diesen langen Zeitraum. Da es um hohe Summen geht, muss auch ne lange Zeit her." Diese Zahlungsströme werden von den beteiligten Banken als eigene Auslandsinvestitionen geltend gemacht, also auch hier Steuerersparnis und das nicht nur über ihre Töchter in den USA, sondern auch in Deutschland. Gleichzeitig erhöht sich durch die hinterlegten Leasingraten ihr Finanzvolumen und verdienen sie an den "Investitions"-Krediten.

So kann also das U-Bahn-Netz in Frankfurt Viele bereichern. Es wird sich in der Bilanz eines amerikanischen Trusts wiederfinden, die Anlage erhöht seine Kreditwürdigkeit und das Ansehen an der Börse, sie bleibt aber auch in der Bilanz des deutschen Unternehmens und bringt außerdem den Banken Steuererleichterung.

Cross Border Leasing dieser Art gibt es erst seit 1994. Noch später sind die Kommunen in solche Geschäfte eingestiegen. Mag sein, dass aus diesem Grund noch kaum etwas von Konflikten an die Öffentlichkeit drang. Einen Vorgeschmack auf die mit Cross Border Leasing verbundenen Risiken hat die Stadt Aachen bekommen. Sie hat ein Jahr lang über einen Leasingvertrag für ihre Müllverbrennungsanlage verhandelt. Man hatte sich einen "Barwertvorteil" von 30 Millionen Mark erhofft. Ende 2001 scheiterten die Verhandlungen. Aber allein für die etwa einjährigen Verhandlungen soll Aachen an Banken, Anwaltskanzleien und weitere Berater 19 Millionen Mark bezahlen.

Schon vor einiger Zeit wurde für Teile des Geländes der Messe Frankfurt ein Cross Border Leasing Geschäft abgeschlossen. Über das Leasing des U-Bahn-Netzes müssen noch der Magistrat und die Stadtverordnetenversammlung abstimmen. Sollten sie dafür stimmen, können sie in 30 Jahren nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden. Allerdings können sie nicht behaupten, den Ernst der Lage nicht zu kennen, denn seit August existiert ein aufschlussreicher und ausführlicher Antrag der PDS-Fraktion im Römer zur Einschätzung dieses Geschäfts. (nachzulesen unter:www.stvv.frankfurt.de/parlis2000/parlis.htm). Vielleicht sollten sie sich wenigstens einen Antrag der Grünen Salzburg zu eigen machen, die aus ähnlichen Gründen heraus drei einfache Forderungen aufgestellt haben: 1. eine Bedarfsermittlung für die Anlage für die Dauer des Vertrags, 2. Name, Adresse und Teilhaber des entsprechenden Trust veröffentlichen, 3. Alle Teilhaber müssen verbindlich erklären, dass kein Steuernachteil in Österreich entsteht.

Schlagwörter
Kommunalfinanzen