Die Abschiebungen nach Bosnien, nach Jugoslawien - besonders in den Kosovo sofort stoppen!

Offener Brief eines Hanauer Lehrers an Landrat und Bürgermeister gegen Abschiebungen seiner Schüler sowie seine Reaktion auf die Reaktion der Behörden.

Offener Brief an die Hanauer Oberbürgermeisterin, Frau Härtel,
Herrn Bürgermeister Kaminsky
den Landrat des Main-Kinzig-Kreises, Herrn Eyerkaufer
und an andere verantwortliche Menschen

Sehr geehrte Frau Härtel, sehr geehrte Herren,

tagtäglich muss ich als Lehrer einer Hanauer Grundschule damit rechnen, dass Kinder, die mir zur Ausbildung von ihren Eltern anvertraut wurden, mitten aus ihrer wichtigsten Entwicklungsphase herausgerissen und abge-schoben werden. Dass diese Kinder meist besser Deutsch sprechen als ihre Muttersprache, dass sie hier ihre neue Heimat haben, ihre Freundschaften und trotzdem in ein ihnen fremdes Land mit ungewisser Zukunft und oft nicht mal einem Dach über dem Kopf abgeschoben werden, damit habe ich mich mit Wut und Ohnmacht in letzter Zeit leider fast abgefunden. Jetzt kann und will ich nicht länger schweigen. Die öffentlich mit Steuergel-dern finanzierten Abschieberbanden holen mir meine Kinder mitten aus Konzertvorbereitungen des Schulchores, sie zerstören das gerade im Werden befindliche neue Urvertrauen der Kinder, die beginnende Lebensplanung. Die Kinder denken und fühlen sich als hier Einheimische, sie leben hier seit sie bewusst denken können. Sie müssen zum Teil ihre Kriegs- und Fluchterlebnisse verdrängen, weil sie sie nicht bewusst bewälti-gen können. Sie erfahren mit der Abschiebungsbedrohung zum ersten Mal, dass sie Ausländer sind? sein sollen! Sinti und Roma sind in allen ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken - außer in Serbien - rassistischer Verfolgung ausgesetzt. Trotzdem werden von dort Geflohene wieder dorthin abgeschoben.

Was mich veranlasst, Ihnen heute diesen Brief öffentlich zu schreiben, ist die Tatsache, dass mir das Leben der bisher schon auf den Balkan abgeschobenen Kinder und derer, die von Abschiebung bedroht sind, mindestens genau so wichtig ist, wie das der Soldaten, die dort mit dabei waren als die radioaktiven Granaten eingesetzt wurden. Der Uran- und Plutoniumstaub ist längst vom Regen in tiefere Bodenschichten gewaschen, längst über Trinkwasser über Getreide und Geflügel, über Milch und Gemüse in den Kinderkörpern eingelagert und wird weiter angereichert. Die Abschiebebehörden hätten bei der Abschiebung von Arta, Quendresa, ihren beiden Familien, bei zahlreichen anderen, deren Namen mir jetzt nicht mehr einfällt, wissen können, was die Kinder und ihre Eltern erwartet, außer den zerstörten Häusern, den zerstörten Fabriken, den zerstörten Schulen, verstrahlte Regionen, so stark verstrahlt, dass selbst dort nicht dauerhaft wohnende Soldaten, mit eigener Versorgung aus dem unverstrahlten Herkunftsland, an den Folgen der Strahlung an Krebs erkranken und sterben.

Frau Härtel, würden Sie Ihre Kinder dort hin schicken? Das wäre unverantwortlich!
Warum werden dann ganze Familien dort hin zurückgeschickt?

Machen Sie Schluss mit den Abschiebungen! Herr Eyerkaufer, würden Sie die Schüler des Maintaler Einstein-Oberstufen-Gymnasiums in einer solchen Region dauernd unterbringen ? Das würde zum Teil umbringen bedeuten.

Und zur NATO-Kriegsführung fällt mir nur ein, dass zukünftig hohe Generäle, Außen- und Verteidigungs-minister, Kanzler und Präsidenten in allen ‚befreiten und befriedeten' Gebieten mehrere Jahre probewohnen sollten (aus humanitären Gründen ohne ihre Familien, aber bei regionalem Durchschnittseinkommen, die Differenz zu ihren Bezügen erhält die zuhause gebliebene Familie). Die Erprobung von Granaten, die Untersuchung ihrer Aus- und Nebenwirkungen, sollte in Zukunft in den ebenfalls aus humanitären Gründen vorübergehend evakuierten Wohngegenden der Regierungen und hohen Militärs stattfinden. Ein solches Vorgehen schärft den Sinn für die Vermeidung fahrlässiger Kollateralschäden und der Beschädigung der Kombattanten. Schon im Ersten Weltkrieg hätte eine derartige Erprobung von Giftgas im Berliner Regierungsviertel die Zahl Opfer in den eigenen Reihen vor Verdun erheblich gesenkt.

Mit schwacher, aber immerhin noch mit Hoffnung auf eine positive Reaktion Ihrerseits

Hartmut Barth-Engelbart, 17.01.2001

An die Redaktionen
Frankfurter Rundschau, Hanauer Anzeiger, Hessischer Rundfunk - Hörfunk,
Main-Echo, Offenbach-Post, Gelnhäuser Tageblatt, Gelnhäuser Neue Zeitung

Sehr geehrte Damen und Herren,

nachdem ich durch Hanauer Polizeikräfte - auf "Anweisung von oben" (so die beiden Mitarbeiter der Hanauer HiPo) daran gehindert wurde meine angekündigte öffentliche Schreibung des in der Anlage mit gesendeten offenen Briefes an OB Härtel, Bürgermeister Kaminsky und Landrat Eyerkaufer zu vollenden,
werde ich am kommenden Freitag, 26.01.01
zur gleichen Zeit von 10 bis 12Uhr
an gleicher Stelle vor dem Brüder Grimm-Denkmal
eine öffentliche Lesung
und dabei zeitgleich mehrere Demokratie-Schnell-Tests durchführen.
Getestet werden
die Freiheit der Kunst
die Freiheit des geschriebenen Wortes
die Freiheit des gesprochenen Wortes
die Freiheit der Meinungsäußerung in Wort, Schrift und Bild
die Freiheit der Presse
(von äußeren und inneren Scheren)

Zu prüfen ist dabei ebenfalls, ob die Stadt Hanau wie bereits vor ihr schon andere hessische Städte nicht durch den sogenannten LGS-Erreger an Ordnungswahnsinn erkrankt ist.

Da ernstzunehmende Tests logischer Weise ohne Vorwarnung stattfinden müssen, werde ich dieses Lesung auch nicht vorher bei der Stadt anmelden.

Aus gegebenem Anlass lautet das Motto: Dem Schreiben bis zum Schreibverbot folgt jetzt das (Vor-)Lesen bis zum Leseverbot.

Unter dem Titel: Lesung mit Maulkorb?
werde ich zunächst und immer wieder den Text des durch Bußgeld-Drohung und Schreibverbot im öffentlichen Raum abgebrochenen offenen Briefes vorlesen. Zwischen den Brieflesungen werde ich andere Texte - Lyrik und Prosa lesen.

Ich bitte um Ankündigung dieser Lesung in Ihrem Termin/Kultur-Kalender.

Die Lesung hat noch einen weiteren Grund:
1. die Berichterstattung war (teils wegen des verspäteten Eintreffens der Presse) unvollständig und teilweise missverständlich
Bei einem Abdruck meines Offenen Briefes zum Beispiel "im Wortlaut" wäre auch die rassistische Verfolgung der Sinti und Roma in den (ehemals) jugoslawischen Republiken
zur Sprache gekommen. Mindestens vier Sinti- und Roma-Kinder aus meinem Chor sind von Abschiebung nach Jugoslawien bedroht.

2. Weiter wurden meine Vorschläge zum Probewohnen durch Scharping und Fischer/ Schröder und Rau nicht erwähnt, sowie die vorgeschlagenen Urangranatentests in vorübergehend evakuierten Regierungs (-wohn-)vierteln amerikanischer und europäischer Hauptstädte

3. Wurde von der Hilfspolizei mit der Verhängung von Bußgeldern gedroht

4. Der "Straftatbestand" wurde zu diesem Zweck fotografiert

5. Zum gleichen Zweck wurden meine Personalien aufgenommen

6. Ein Vorgesetzter der Hilfspolizisten hat sich wirklich rührend um meinen Gesundheitszustand Sorgen gemacht und mir am Telefon versichert, er wolle "mich ja nicht, also überhaupt nicht beleidigen", aber als er "neulich mal in Berlin war, da hat eine Frau vor der Gedächtniskirche gestanden, die hat immer laut gerufen ‚Ficken ist schön! Ficken ist schön'", und da habe er sich "gedacht man solle doch mal nachfragen, nachschauen, ob diese Frau nicht verwirrt ist."

7. Der Herr hatte bereits meine Schulleitung angerufen und sich dort nach Schilderung des Tatbestandes nach meinem Gesundheitszustand erkundigt und wurde von dort an mich verwiesen, da das Ganze doch in meiner Freizeit passiert sei und nicht während der Arbeitszeit.

8. Ich konnte dann dem besorgten städtischen leitenden Mitarbeiter versichern, dass ich tatsächlich noch alle Tassen im Schrank, sie vielleicht aber in einem anderen Laden als er eingekauft hätte, wofür er ob der herrschenden freien Marktwirtschaft vollstes Verständnis zeigte.

9. Ohne Ihn weiter befragt zu haben, gab mir dieser freundliche, barmherzige Samariter die Auskunft, es sei nun mal so daß unter den Brüdern Grimm nicht gerade mal jeder schreiben könne, was er sich so denke und man würde erst mal abwarten, was die Presse so schreibe und dann entscheiden, was weiter geschehen soll. Ich würde dann schon rechtzeitig von der Stadt etwas hören.

10. Ich bin der Stadt Hanau wegen ihrer Fürsorge zu tiefstem Dank verpflichtet, weil sie meinem Arbeitgeber unverzüglich gemeldet hat, daß ich bei Begehung einer "Ordnungswidrigkeit" durch eine öffentliche Schreibung und bei öffentlichem Ungehorsam gegenüber der Staatsmacht in Form der Hilfspolizei glücklicherweise nicht dienstunfähig geworden bin, was den Einsatz fehlender Vertretungslehrer unnötig machte. Anscheinend haben meine Vorgesetzten auch durch diesen Herrn des Ordnungsamteserfahren, dass mein "Verwirrungszustand" nicht so gravierend sei, dass eine Einlieferung in die ambulante Psychiatrie notwendig würde.

11. Dass diese (verharmlosend gesagt) Provinzposse sich unter den Augen der Brüder Grimm abspielt, auf dem Neustädter Marktplatz, DEM Ausgangspunkt für die demokratische hessische Verfassung sowie einem der bedeutendsten Ausgangspunkte für den Kampf um eine demokratische gesamtdeutsche Verfassung 1848, 1918 und 1948, ist mehr als eine Randbemerkung wert.

12. Freunde vom Neuen Forum in Leipzig und Cottbus fühlen sich beim Bericht über diese Szenen sehr stark an die Zeit von 1989 und vorher erinnert, nur wäre es da keine HiPo sondern die VoPo gewesen.

13. Bei der Öffentlichen Lesung meines offenen Briefes und anderer Texte am Freitag, 26.01.2001
werde ich Geld sammeln für den Wiederaufbau einer Dorfschule in der Türkei, die bei dem großen Erdbeben zerstört wurde und jetzt von den Dorfbewohnern aus eigener Kraft aufgebaut wird.

Auch diesen Brief werde ich auszugsweise am kommenden Freitag lesen.

Mit freundlichen Grüßen

hARTmut bARTh-engelbART, 20.01.2001