Für autonome Projekte - Für selbstbestimmtes Leben

<p>Aufruf zur Demonstration am 27.09.03 gegen Repression

Erklärung

Selbstbestimmte Zentren und autonome Gruppen dienen den darin Engagierten oder Lebenden dazu, gemeinsam einen Gegenentwurf zur bestehenden Gesellschaft aufzubauen und alternative Lebens-) Konzepte zu verwirklichen. Sie orientieren sich an Prinzipien wie solidarischem Miteinander, kultureller Vielfalt, Unkommerzialität, Konkurrenz- und Hierachielosigkeit. Die Ereignisse der letzten Wochen zeigen, wie auf Ansätze emanzipatorischer linker Politik, auf Autonomie, Kritik und Widerstand mit Repression reagiert wird:

22.7. der Wagenplatz in Frankfurt-Rödelheim wird geräumt
29.7. Räumung der 3 Tage belebten ehemaligen Polizeiwerkstätten Frankfurt
Räumung der 1 Woche besetzten Casa Cazole in Köln-Mühlheim
9.8. Räumung des antirassistischen Grenzcamps in Köln, Erfassung biometrischer Daten der Betroffenen
14.8. Hausdurchsuchung bei AntifaschistInnen im Raum Frankfurt
Weitere autonome Projekte, Gruppen und Freiräume überall sind akut in ihrer Existenz bedroht.

Rund um den Wagenplatz Rödelheim

Am 22.07.03 wurde der Wagenplatz Rödelheim vertrieben Die Odyssee der Bauwagenleute durch die Stadt dauert noch immer an.

Das zuvor ungenutzte Gelände der Alten Ziegelei wurde durch dieses Wohnprojekt sechs Jahre lang belebt. Weder lagen Beschwerden der Ordnungsbehörden oder der Nachbarschaft vor, noch Nutzungskonzepte, die gegen einen Verbleib des Projektes auf dem Gelände gesprochen hätten. Die Alte Ziegelei liegt jetzt brach. Ersatzgelände wurden nicht gewährt, die Verhandlungsangebote der BewohnerInnen seit Jahren abgewiesen. Dank der Beschlüsse in OrtsBeirat 7 und Magistrat gelten sie als "politisch verbrannt". Dass diese Beschlüsse auf unsachlichen Behauptungen und dem persönlichen Unmut einiger Weniger beruhen, scheint hierbei nicht zu interessieren. Um der gewaltsamen Räumung zu entgehen zog eine Karawane gen Stadt, hinein ins öffentliche Leben.

Tags darauf beschwerten sich die Wägler und vor dem Frankfurter Rathaus, da zuvor verweigert wurde 1500 Unterschriften für den Erhalt des Projektes entgegenzunehmen. Vier Stunden warteten die Karawanisten, bis der Stellvertreter des Kämmerers, mit Unterstützung von Ordnungsamt und Zivilpolizei, die Unterschriften offiziell entgegennahm. Den Bauwagenleuten wurde mitgeteilt, sie sollen sich noch etwas gedulden, da die Stadtverwaltung über ihr weiteres Vorgehen berate. Nach drei weiteren Stunden kam die Antwort in Form von behelmten Riotcops und schwerem Räumgerät. Die Karawane zog weiter.

Am darauf folgenden Samstag bezogen die BauwäglerInnen das Gelände der ehemaligen Polizeiwerkstätten in der Ginnheimer Landstr. 40. Es entstand die Idee ein integratives Stadtteilprojekt, dass Arbeiten, Wohnen und Leben gemeinschaftlich möglich macht, aufzubauen. Die Polizei teilte mehrmals mit, dass sie nicht beabsichtige das Gelände zu räumen, sondern an einer "Lösung im Interesse des Projektes" arbeite. Als Eigentümerin, erwies sich die FrankfurterAufbauAG. Eine Verwertungsgesellschaft der Stadt gegen die gerade in mindestens 240 Fällen der Korruption ermittelt wird.

Ohne Vorankündigung wurde am Dienstag, den 29.07.03 gegen sechs Uhr morgens überfallartig geräumt. Alle 25 anwesenden Personen wurden festgenommen, darunter auch ein 14 Monate altes Kind. Erst nach viereinhalb Stunden wurden die Mutter und das Kind freigelassen. Alle wurden erkennungsdienstlich behandelt. Einzelne Bauwagenleute wurden sogar aus Frankfurt verbannt. Den Betroffenen wurde Sachbeschädigung, schwerer Hausfriedenbruch und Landfriedensbruch vorgeworfen. Die Ermittlungsverfahren laufen. Finanzieller Druck und juristische Belangung sollen stumm machen und einschüchtern. Schikane ist im Preis Mitinbegriffen. Mit Beschattung, Abhören, übler Nachrede oder vorgeschobenen Argumenten wie der angeblichen Fahruntüchtigkeit der Wägen läuft die Kriminalisierungsmaschine weiter.

Situation des Wohnprojekts "Assi" in Frankfurt-Rödelheim

Wie alles anfing:

Das Wohnprojekt "Assi" startete 1987 in dem denkmalgeschützten "Wöhlerhaus" in der Assenheimer Straße in Frankfurt-Rödelheim. Es bot damals 12 wohnungs- und arbeitslosen Punks die Möglichkeit, ihre Wohn- und Lebenssituation mit sozialarbeiterischer Unterstützung zu verbessern. Das Haus stand vorher längere Zeit leer und war in einem schlechten Zustand. Die Innenräume wurden von den BewohnerInnen von Grund auf in Eigenarbeit renoviert. Dabei wurde immer Wert darauf gelegt, das Haus in seiner ursprünglichen Wohnform zu belassen, d.h. das gesamte Haus wird von allen gemeinsam genutzt und wurde nicht in einzelne Wohneinheiten zerteilt.

Das Projekt erwies sich bereits nach kurzer Zeit als sehr erfolgreich, so dass sich die SozialarbeiterInnen, die dieses Projekt mitinitiiert und begleitet hatten, zurückziehen konnten.

Die Situation heute:

Zum jetzigen Zeitpunkt wohnen in der "Assi" 13 Erwachsene und ein Kind. Das Wohnprojekt besteht nun seit 16 Jahren und die BewohnerInnen definieren Ihre Wohnform als ein gelungenes Gegenkonzept zum vereinzelten und oftmals isolierten Wohnen in Zweizimmerwohnungen.

Leider ist die "Assi" derzeit in ihrem Bestand bedroht. Seit Jahren haben die BewohnerInnen mit ihrem unsicheren Mietstatus und mehrmaligen Kündigungen des Mietverhältnisses zu kämpfen. Die Hauseigentümerin -die Schader-Stiftung in Darmstadt- hat den BewohnerInnen Ende 2002 die endgültige Kündigung ausgesprochen und als einzige Alternative den Kauf des Hauses angeboten. Leider scheint das Ziel der Hauseigentümerin, einer Stiftung, die u.a. im Bereich Soziales Wohnen tätig ist, reine Gewinnmaximierung zu sein. Obwohl der Verkehrswert des Hauses bei 315.000 Euro liegt, bleibt die Hauseigentümerin bei ihrer überhöhten Forderung von 600.000 Euro. Diese Summe können und wollen die BewohnerInnen nicht aufbringen.

Im Januar 2003 wurde nun die Räumungsklage erhoben. Das Landgericht Frankfurt hat jedoch zu Gunsten der "Assi" entschieden und die Räumungsklage in erster Instanz abgewiesen. De Hauseigentümerin hat jedoch Berufung gegen das Urteil eingelegt und somit müssen die BewohnerInnen der "Assi" weiterhin mit dem baldigen Ende ihres Wohnprojekts rechnen.

Die BewohnerInnen sind allerdings immer noch gewillt, das Haus mit Hilfe des Mietshäuser Syndikats aus Freiburg für den ermittelten Verkehrswert zu kaufen und gemäß den Denkmalschutzauflagen zu sanieren.

Das Prinzip des Mietshäuser Syndikats besagt, dass das Haus nicht in den Privatbesitz der KäuferInnen , sondern in ein gemeinschaftliches Projekt übergehen würde, in dem langfristig Wohnmöglichkeiten zu sozialverträglichen Mieten geboten werden können. Das Haus würde so zu sagen denen gehören, die gerade darin wohnen.

Repression Überwachung Normalzustand

Bettler, Obdachlose, Kranke und Drogenabhängige werden zunehmend zur Gefahr für die "öffentliche Sicherheit und Ordnung" stilisiert.
Alte werden als Sicherheitsrisiko für den Standort dargestellt, da sie durch ihre Existenz die Investitionsmittel der Jungen für die Zukunft sinnlos verbrauchen würden.
Sozialhilfeempfänger werden generell unter Sozialbetrugsverdacht gestellt.
Behinderte gefährden angeblich die Regeneration und damit die Gesundheit der Arbeitsbevölkerung.
Graffitisprayer stellen durch ästhetische Verschmutzung die Sicherheit in Frage.
Flüchtlings- und Asylpolitik hat eine Pilotfunktion für eine Offensive zur Kriminalisierung und Illegalisierung von "An-den-Rand-Gedrängten"/ Marginalisierten.

Sicherheitspolitik und damit einhergehende Ausschließung und Kriminalisierung benennen die Feinde der öffentlichen Ordnung - und produzieren sie gleichzeitig. Hier aktualisiert sich auch soziale Aggressivität gegen "Andere und Fremde".

Die hiesige Gesellschaft definiert sich oftmals über Schuldzuweisung, Hetze gegen `Unnormale´. Das Zusammengehörigkeitsgefühl einer Nation, eines Staates, Volkes entsteht durch Ausgrenzung des "Andersartigen". Der herrschende Normalzustand spiegelt sich in Konkurrenz, Kontroll- und Hierarchieverhalten wieder, sei es am Arbeitsplatz oder im Privaten. Diese Politik stellt jedoch nur Facetten eines allgemeinen hegemonialen Souveränitätsbestrebens dar, das sich als ´natürlich´ hinstellt.

Propagiertes "Allgemeinwohl" geht hand in hand mit Rationalisierung und Sozialabbau zugunsten des Standortes. Es wird der Eindruck vermittelt, das Wohl des Einzelnen sei mit dem Allgemeinwohl identisch. Aber Allgemeinwohl bedeutet: das Wohl der politisch wie ökonomisch Herrschenden. Dies ist keineswegs mit dem Wunsch nach einem schönen Leben für alle gleichzusetzen. Siehe: Gesundheits- und Rentenreform, Agenda 2010, Sinken der Reallöhne... Anstelle gesellschaftlichen Reichtum allen zugänglich zu machen, profitieren immer weniger Menschen von der Kapitalakkumulation.

Eigentumsverhältnisse und die Verteilung gesellschaftlichen Wohlstands polarisieren sich zunehmend. Weltweit verarmen ganze Bevölkerungsschichten und Regionen.

Im permanenten Ausnahmezustand der gesellschaftlichen Krise wird der Mensch zum Sicherheitsrisiko. Versucht er sich der kapitalistischen Verwertungslogik zu entziehen, oder gehört er aufgrund seiner persönlichen Stellung innerhalb der Produktion nicht zu den ökonomisch Privilegierten, wird er sozial diskriminiert und ausgeschlossen.

Mit dem Abbau der Grenzen in der Europäischen Union geht der Ausbau zur Festung Europa einher. Die Kontrolle der Außengrenzen der EU wurde verschärft und gleichzeitig ins Innere der jeweiligen Staaten verlegt.

Im Rahmen sogenannter "Verdachtsunabhängiger Personenkontrollen" ist es der Polizei erlaubt, jede Person, die sich im öffentlichen Verkehrsraum bewegt, anzuhalten, zu befragen, die Ausweise zu kontrollieren und die Person und ihr Gepäck zu durchsuchen. Weitergehende Eingriffe in die persönliche Freiheit sind dann erlaubt, wenn sich im Rahmen solcher Kontrollen für die Polizeibeamten ein konkretes Verdachtsmoment ergibt. Personenkontrollen sind also eine Präventivmassnahme mit dem Ziel der Verdachtsschöpfung. Die erhobenen Datenwerden, je nach Bundesland, bis zu drei Jahren gespeichert und durch INPOL dauerhaft und europaweit vernetzt.

Vor Kontrollen werden sogenannte Selektierungsverfahren durchgeführt, die nach bestimmten Raster und Kriterien funktionieren, die zuvor von der Polizei festgelegt wurden. "Undeutsch" aussehende Menschen, Drogenabhängige, Punks, also alles Befremdliche mit nichtbürgerlichen Erscheinungsbild gelten hier als erhöhtes Sicherheitsrisiko.

Genauso werden auch die wachsende Gruppe der Armen und Niedriglohnabhängigen ausgegrenzt. Gleich der "Müll-macht-schlechte-Laune-Kampagne" haben die Endkonsumenten die Kosten zu tragen, während Hersteller und Vertreiber sich aus der Verantwortung stehlen und noch daran verdienen.

Nebenbei wird öffentlicher Raum privatisiert und durch private "Sicherheits"-dienste kontrolliert. Immer mehr Raum wird so zur Sicherheitszone ausgebaut und gesäubert, kommerziell erschlossen und überwacht. Alle Menschen, die nicht ins Bild der konsumfähigen Masse passen, werden aus dem öffentlichen Raum verdrängt. Zunehmend werden auch kritisch denkende Menschen verfolgt, politische Zusammenhänge und deren Aktionsformen als terroristisch definiert.

Im Rahmen der europaweiten Gesetzesverschärfungen können inzwischen sogar Beschädigungen an einem Informationssystem, Blockaden von wichtigen Transportwegen oder die Beschädigung von Privateigentum als terroristisch ausgelegt werden. So gelangen Menschen leicht in einen Repressionsapparat, der weitreichende Konsequenzen nach sich zieht.

Umso mehr das Regime zu repressiven Maßnahmen greift, desto mehr sollte die "kritische Menge" dem ihren Widerstand und ihre Solidarität entgegensetzen.

Wo kommen wir denn da hin..,?

Wir wissen, was wir wollen - gemeinsam und selbstbestimmt leben. Als unser Versuch, dem vorherrschenden Konkurrenz- und Leistungsdenken etwas entgegenzusetzen, erproben wir Gemeinschaft neu. Unsere Lebensform wendet sich gegen Hierarchien und Konsumwahn und baut auf Vertrauen und gegenseitigen Rückhalt. Weder politische Diskriminierung noch staatliche Repression werden uns daran hindern !

Ein wesentliches Element einer emanzipatorischen Politik im gegenwärtigen Kapitalismus ist der Wille, anders zu können.

Gehorsamsverweigerung gegenüber einer Autorität ist Ausdruck dieses Willens. Es gilt die Scheinheiligkeit der Politik zu entlarven, die gängigen Verhaltensweisen zu hinterfragen. Diesen Zustand/Alltag der als normal, als natürliche Ordnung hingenommen wird, zu überwinden.

Der Widerstand gegen Ausbeutung, Entfremdung und Herrschaft hat die Mittel der Sabotage, Desertion und Subversion, neue Formen und Wege des Zusammenlebens zu erschließen und somit die konventionellen Normen körperlicher und sexueller Beziehungen zu beenden.

Gestaltung der Demo

Die Demo soll bunt, mit gestalterisch-theatralischer Untermalung durchgeführt werden, die in einer Reclaim-The-Streets mündet. Unter dem Motto "Tumult in allen Gassen" rufen wir alle Gruppen, die sich aktiv an der Demo beteiligen wollen dazu auf, sich verschiedene Aktionsformen auszudenken. Schließlich soll durch die Demo u.a. auf die Vielzahl alternativer Wohn- und Lebensformen hingewiesen werden. Des weiteren möge mit Redebeiträgen inhaltlich auf die polizeilichen und juristischen Repressionen und die Zerschlagung autonomer Projekte und Freiräume eingegangen werden (Schreib was !). Natürlich wollen wir auch den globalen Zusammenhang aufzeigen unsere Kritik an gängigen Verhältnissen formulieren, Gegenkonzepte darstellen und die Vielseitigkeit unseres Widerstandes und dessen Inhalt sichtbar machen.

Karnevalistische Maskierung ist erwünscht.

Am Vorabend der Demonstration gibt´s ein Organisationstreffen um 21uhr, Volxküche und eine Pennplatzbörse im autonomen Zentrum. (Cafe Exzess, Leipzigerstr. 91, Frankfurt a.M.-Bockenheim)

Nach der Demo kann ausgiebig gefeuiert werden: UnterstützerInnen-Soliparti mit Band und DJanes im Exzess.

Spendenkontonr: 24 617 669 BLZ 500 100 60 Postbank FFM

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Repression