GegenUni im IVI: 30.10. bis 9.11.

Es ist amtlich. Ab dem Wintersemester 2007 werden vom Land Hessen allgemeine Studiengebühren erhoben. Für alle die sich das noch leisten können, also gerade nicht für alle sondern für die wenigen, heißt es fortan: Disziplin! Disziplin, die ja momentan wieder allenthalben gelobt wird. Disziplin, die nicht mehr durch die harte Hand des Erziehenden, sondern durch den ökonomischen Zwang der Gebühren das Verhalten, aller, die diesen unterworfen sind, wie von unsichtbarer Hand steuern wird: schneller, effizienter (das heißt verwertungsorientierter) Studieren.

Dass bei all dem einige, durchaus zutiefst bürgerliche Werte (Reflexion, Kritik, Autonomie nicht nur der Universität etc.) auf der Strecke bleiben, ist oft genug erwähnt worden. Allein, dies der gegenwärtigen Politik ideologiekritisch vorzurechnen, wäre in etwa so, wie einen Fisch zu warnen, er würde sein Fell nass machen, wenn er ins Wasser springt. Diese scheinbare Ideologiekritik ist selbst ideologisch, in einer Gesellschaft, die des schönen Scheins nicht mehr bedarf, um ihre „wahre“ Gestalt zu verhüllen, sondern exhibitionistisch die nackten Tatsachen für sich sprechen lässt: So ist es!, es ist notwendig!, es gibt keine Alternative!. Im Horizont dieser Alternativlosigkeit sind Studiengebühren und das Verwerfen kritischen Ballastes also durchaus produktiv und effizient, also gut, wahr und schön.

„Sie leisten Widerstand gegen alle Formen von Macht, die in einem Zusammenhang mit Wissen, Kompetenz und Qualifikation stehen. Sie kämpfen gegen Privilegien des Wissens“
(Foucault zur Gegenuni)

Wir wollen daher gar kein Flicken sein, mit dem wir schockiert von der universitären Blöße versuchen zumindest das wichtigste, dessen sich die Universität entkleidet hat zu bedecken: wir nähen eine neue Kleidung, weder Hose noch Rock, denn wären wir die königliche Unterhose wir wären sicherlich am Arsch. Von uns wird fortan nichts weiter produktives zu erwarten sein. Unsere Aufgabe, mit der wir nicht aufhören anzufangen, bis diese Universität am Ende ist, heißt Negation und Destruktion. Sollte euch in unserem Programm dennoch etwas auffallen, was euch von dem gewöhnlichen Unibetrieb bekannt vorkommt, so könnt ihr gewiss sein, dass sich dabei lediglich um eine Art Arschfick handelt oder, was auf dasselbe hinausläuft: unbefleckte Empfängnis, damit der offizielle Betrieb ein Kind gebärt, das sein eigenes, aber dennoch monströs ist.

In diesem Sinne: Dildos eingepackt und ins ivi kommen, „denn die Antwort auf die Frage: woher kehrt das Verdrängte zurück? ist paradox: aus der Zukunft“
[Zizek über das ivi]

Alle Veranstaltungen finden, falls nicht anders angegeben, im ivi statt.

Diese Programm ist ein vorläufiges. Ein regelmäßiger Blick auf die Webseite (www.copyriot.com/raumspiel/gegen-uniIV_prog.htm) wegen Aktualisierungen ist deshalb sinnvoll.

mo 30.10., 18 uhr:
ivi-plenum:


offenes plenum für alle rund um die selbstorganisation des instituts, der gegen-uni und sonstiger veranstaltungen

um 20 uhr:
eröffnungsveranstaltung der IV. contre l’université: stühle zu sachzwängen – geschichte selber machen: ein abend rund um uns und den protest
ständig rumstehend widerständig sein: auf autobahnen, im turm und auf dem schlauch (äh.. römer). im ivi frieren, über barrikaden jubilieren und ein bisschen hegemonien irritieren. warum das alles ?- sich im immer größer werdenden haufen der ideellen gesamtscheiße einzurichten stinkt, aber selbst mal ordentlich auf die kacke zu hauen sorgt für nasenbluten, zerschlagene rippen und gebrochene herzen. wie dann aber weiter mit dem „dagegen“ ? – den karren gegen die wand der herrschaftsverhältnisse fahren oder doch gegen-hegemonien? *rückblicke, bilanzen, perspektiven und nabelschauen zu dem was war, ist und [hoffentlich] kommen wird
~referent_innen: sinistra! + unlike

di 31.10.

um 18 uhr:
Eröffnung der Ausstellung: Bangkok – City of Angels

Thailand - besessen vom Schönheitswahn – ein Land, das sich täglich umoperiert, entdeckte Anfang 2006 die Vorzüge einer bunten Protestkultur. "Thaksin" – Get out! hallte es massenhaft über den Königsplatz. Anfang Oktober fuhren Panzer über die Rama-Road und setzten die Forderung nach dem Rücktritt des amtierenden Ministerpräsidenten von Thailand in die Tat um. Wo sonst manisch explosiv der City–Verkehr von Bangkok tobt herrschte Ausnahmezustand. Nur wenige Tage später hätte sich der 33. Jahrestag der blutigen Massaker der damaligen Militärregierung gegen den Aufstand der Schüler und Studenten in den Strassen von Bangkok gejährt. Thailand – Demokratie oder Diktatur? Die Ausstellung kann und will darauf keine Antwort geben, sondern bietet lediglich einen subjektiven Blickwinkel in Form einer bunten Collage aus Fotos, Dokumenten, Bildern und Texten, die über das Land und die Kultur informieren.
Von Claude Cazare

mi 1.11.

um 18 uhr:
ak chipkarte: die neue goethe-card - das suspekte multitalent


im sommer 2006 wurde im senat schwupdiwup und unter umgehung vieler wichtiger studentischer einwände beschlossen, die studierenden mit einem coolen neuen feature zu bespaßen: einem studierendenausweis mit foto und rfid-chip, mit dem man z.b. kontaktlos (d.h. ohne das ding aus dem portemonnaie zu nehmen) in der mensa bezahlen können soll.
will man anderen erklären, warum das eigentlich gar nicht so cool ist, sondern eher bedenklich, muß man sich in technische hintergründe einarbeiten und sein verhältnis zum recht auf informationelle selbstbestimmung klären. außerdem braucht man gute nerven, denn leicht wird man als paranoid oder technikfeindlich abgetan.
die ausgangssituation ist schwierig - der ak chipkarte versucht es trotzdem

um 20 uhr:
“Can I interfere in your crisis?” Zur Kritik von Lebensformen.
Ein Abend mit demoPunK und Rahel Jaeggi
Mit dem Slogan „Das Private ist politisch“ hat die radikale Frauenbewegung Lebensformen, Lebensentwürfe, Lebensstile, Lebensverhältnisse als Schauplätze politischer Auseinandersetzungen eröffnet. Die monogame Zweierbeziehung, patriarchale Sexualität, Heteronormativität, Gebärzwang, die Ehe, all diese Phänomene werden nicht länger als individuelle Entscheidungen angesehen, sondern sehen sich einer theoretischen Kritik ausgesetzt. „Don’t marry, be happy!“, „Sei faul!“, "Mach blau!“ mit diesen und anderen Aufforderungen versuchte die Linke, die Menschen nicht nur zur revolutionären Aktion, sondern auch zur Veränderung der eigenen Alltagspraktiken zu agitieren. Doch: Sind Lebensentwürfe überhaupt kritisierbar? Will ich, dass politische Gruppen und Lesekreise mir in mein Leben hineinreden, und wie weit darf dieses Hineinreden gehen? Wo hört eine legitime Verständigung mit meinen GenossInnen über das für mich Gute auf und wo fängt ein quasi-institutioneller Normativitäts- und Normalitätsdruck an? Wann ist die Aufforderung „Don’t marry“ eine polemische Kritik am bürgerlichen Patriarchat, wann eine illegitime Einmischung ins Persönliche? Wann ist die Aufforderung, das eigene heterosexuelle Begehren zu überwinden, ein lustvolles Angebot, wann ein repressiver Zugriff auf die eigene Sexualität? Und wie kann der Gefahr begegnet werden, durch die Überwindung alter Ausschlüsse neue zu produzieren?

im anschluss: key_osk * couch plausch, hörgenuss

do 2.11.

um 16 uhr:
unlike einführungen: michel de certeau * alltagspraxen und widerstand (mit mello)

um 20 uhr: veranstaltung zur chilenischen schüler_innenbewegung:


Während im Frühjahr und Sommer 2006 Frankreich, Deutschland, Griechenland und andere europäische Länder Zeugen von SchülerInnen- und Studierendenproteste gegen die Maßnahmen einer sich verändernden Hochschullandschaft wurden, fanden in Chile die größten Proteste gegen das Bildungssystem seit den 1970er Jahren statt. Auch wenn hier und da Artikel und Meldungen über de Ereignisse in Chile auch die Protestierenden in Europa erreichten, so ist das Wissen um die Proteste in Chile und ihren historischen Hintergrund kaum bekannt. Abgesehen davon, dass die Frage nach internationalen Protestformen in Anbetracht einer 'Internationalisierung der Bildung' durch die Anpassung der Studiengänge in BA und MA an Bedeutung gewinnt, kann Chile als ein Prototyp neoliberaler Bildungssysteme betrachtet werden. Die Bildungsreformen, die unter der Militärdiktatur Pinochets durchgeführt wurden, waren Teil eines gesamtgesellschaftlichen neoliberalen Experiments, dessen Wurzeln in die USA führen unddenen Chile als 'Labor' diente. Die Privatisierung der Bildung fand dort in einem Kontext umfassender Privatisierungen der Ökonomien, aber auch der Armut und gesellschaftlicher Risiken statt. Ein Blick in die chilenische Vergangenheit, könnte deshalb auch als ein Blick in eine mögliche europäische Zukunft gewertet werden.
referent: sebastian sierra barra

fr 3.11.

um 14 uhr:
autonomes tutorium zu radikaldemokratie – erste sitzung

um 16 uhr:
unlike-einführungen: giorgio agamben (mit daniel)

sa 4.11.

um 22 uhr:
party: mit unbenannt.org

mo 6.11.

um 18 uhr:
ivi-plenum:


offenes plenum für alle rund um die selbstorganisation des instituts, der gegen-uni und sonstiger veranstaltungen

di 7.11.

um 16 uhr:
unlike-einführungen: judith butler *

gemeinsam wollen wir uns an die grundlagen der (queer-)feministischen philosophin heranwagen und nach möglichen widerständigkeiten gegen sexismus, zwangshetero-sexualität und den ganzen mist fragen. (mit dascha und hanni)

um 20 uhr:
Geschichte und Gegenwart der Studierendenbewegung im Iran - Vortrag und Diskussion mit Ali Schirasi (Schriftsteller und Publizist/Konstanz)

Das Referat wird knapp auf die Struktur der Islamischen Republik eingehen, um dann einen kurzen Überblick über die Geschichte der iranischen Studierendenbewegung vor und nach der Revolution von 1979 geben. Schwerpunkt des Vortrags werden die jüngsten Entwicklungen und Aktivitäten sein, mit denen die Studierenden ihre Rechte einfordern und ihre universitären Interessen vertreten.
Die Veranstaltung wird unterstützt von der Fachschaft Gesellschaftswissenschaften und der sinistra!

mi 8.11.

um 16 uhr:
unlike einführungen: ‚multitude’ – hardt//negrie *

die ideen des globalen empire und der organisationsform der multitude haben in den letzten jahren für einige aufregung gesorgt. wir wollen uns diesen begriffen nähern und nach den ideen möglichen widerstands in ihnen suchen. (mit mello und hanni)

um 18 uhr:
Das Unbehagen im Kapital. Aktuelle Annäherungen an Marx' Kapital Band 3 »Die Gestaltungen des Gesamtprozesses der kapitalistischen Reproduktion«.
Mit Nadja Rakowitz Teilnehmer_innen des laufenden Lektürekurses von theorie praxis lokal

um 21 uhr:
bzw zeitungskey_osk
diskus lädt ein

do 9.11.

um 16 uhr:
wertkritik und gesellschaftskritik: eine einführung in die marxsche theorie


die kritik des werts ist eine der notwendigen grundlagen für eine umfassende kritik der gesellschaft. einführend soll die marxsche kritik in ihrer aktualität erörtert werden.
referent: sinistra!

um 18 uhr:
Kleine (Skandal-)Geschichte der ZwangsarbeiterInnenzahlungen

*Wie der deutsche Staat 1951 einen Juden wegen seines Engagements für Zahlungen umbrachte, wie 500.000 Privathaushalte sich an den ZwangsarbeiterInnen schadlos halten konnten, was Kanzler Adenauer über das ,Weltjudentum' zu sagen hatte, wie Altnazis die IG Farben vor Gericht vertraten, wie die rot-grüne Bundesregierung Zwangsarbeit als ,natürliche Erscheinung' verharmloste und ein ,Diktat der USA' gegenüber der deutschen Wirtschaft abwendete - davon wird auf dieser Veranstaltung zu berichten sein. Die Protokollierung der vielen kleinen Skandale soll den großen Skandal - die barbarische Ausbeutung von Millionen von ZwangsarbeiterInnen, der anschließende Verbleib des geraubten Extra-Profits auf Seiten der deutschen TäterInnen und die Abspeisung der Opfer mit Almosen - erhellen.
Referat: sinistra!

um 22 uhr:
konzert und party: *räuberhöhle* und *escapehawaii*

fr 10.11.

um 16 uhr:
unlike einführungen: michel foucault (mit reini)

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Bildung