Große Unruhe im Finanzbereich

<p>Mit OB Petra Roth an der Spitze demonstrierten am 28.6. über 1000 Allianz-Beschäftigte gegen die Rationalisierungspläne ihres Vorstandes. 5700 von 30.700 Vollzeitstellen sollen in Deutschland gestrichen werden, weitere 2480 bei der Tochter Dresdner Bank. <p>

10 von 21 Niederlassungen werden geschlossen: Magdeburg, Dortmund, Köln, Aachen, Mainz, Mannheim, Freiburg, Ulm und Augsburg. Nürnberg, Frankfurt und Stuttgart werden drastisch reduziert. Massive Stellenstreichungen sind auch geplant bei Ergo (2000), Generali (über 1000), Zürich (1000), Wüstenrot Württembergische (1000), Karlsruher (750). Zu den Tausenden, die ihre Arbeit verlieren, kommen noch mehr, die umziehen müssen.

Auch die Commerzbank verkündete einen Abbauplan, die Bausparkasse Wüstenrot schließt 9 der derzeit 19 Filialen, die Deutsche Börse bietet 1000 ihrer 3000 Beschäftigten als Opfer einer europäischen Fusion. In manchen Großstädten gibt es künftig keine Beschäftigung mehr im Finanzbereich – mitten im Aufschwung der Weltwirtschaft und bei schwarzen Zahlen riecht das stark nach Strukturkrise. OB Roth: "Wir geben das Steuergeld der Bürger für die Infrastruktur in Frankfurt aus, die ein solches Unternehmen braucht, um erfolgreich sowohl regional wie global zu operieren. Dafür werden wir jetzt mit Arbeitsplatzabbau belohnt."

Die Commerzbank hat unter dem sinnfreien Motto "Service-to-Perform" (STP, freie Übersetzung der Beschäftigten: Stellenabbau-trotz-Profit) einen weiteren Abbauplan, per Saldo über 900 Stellen mit Schließungen in 8 Städten (Bielefeld, Bremen, Essen, Kiel, Köln, Leipzig, Saarbrücken und Wuppertal) verkündet. Der Standort Prag (neue Begrifflichkeit "nearshoring") soll ausgebaut, "einfachere und standardisierte Prozesse" sollen dorthin sowie in drei außerhalb der Geltung des Banktarifs zu gründende Servicegesellschaften in Erfurt, Magdeburg und Hamm verlagert werden. Der Vorstand (Durchschnittsbezüge 2005 2,2 Mio. Euro) will bei den Beschäftigten das Lohnniveau von sogenannten "freien Servicedienstleistern" erreichen und träumt von einer Lohnkostensenkung von "ca. 20.000 Euro per anno"! Gegen diese Pläne demonstrierten am 13.07. über 1000 Beschäftigte vor der Commerzbankzentrale (s. Fotomontage), Delegationen kamen aus der gesamten Republik.

Die 15,7 Mio. Eigentümer der deutschen Volks- und Raiffeisenbanken können auch für das Jahr 2005 eine durchschnittliche Dividende von 5,3% auf ihre Genossenschaftsanteile erwarten – zum Vergleich: die Deutsche Bank shatte 2005 eine Dividendenrendite von 3%. Da ist es schon ziemlich unverschämt, dass die Genossenschaftsbanken sich weigern, ihren 160.000 Angestellten die gleiche Gehaltserhöhung wie bei den privaten und öffentlichen Banken zu zahlen. Vor einem Gehaltsangebot soll nach dem Willen des Arbeitgeberverbandes Volks- und Raiffeisenbanken das Bekenntnis von ver.di zur Flexibilisierung des gesamten 13. Gehaltes stehen. Dagegen protestierten Betriebsratsmitglieder aus ganz Hessen bei der 2. Tarifverhandlung am 4. Juli vor der Genossenschaftszentrale ein Neu Isenburg. Die Verhandlungen werden am 20. Juli fortgesetzt.

Für Juni bis August 100 Euro Pauschalzahlung, 3% Gehaltserhöhung ab September 2006, weitere 1,5% ab Dezember 2007, 25 Monate Laufzeit bis Juni 2008. Der Rechtsanspruch auf ein bis zwei Jahre Vorruhestand mit 70 bis 75% Vorruhestandsgeld auf Bankkosten wurde um zwei Jahre bis Ende 2008 verlängert – das sind die Eckdaten des Tarifabschlusses von ver.di im privaten und öffentlichen Bankgewerbe. Das Ergebnis kam ohne große Auseinandersetzung in der 3. Verhandlungsrunde Wollten die Großbanken Tariffrieden für ihre Personalabbau- und Outsourcingpläne? Kurz zuvor waren sehr gute Haustarifverträge bei bisher tariflosen Banken, der Internet-Direktbank ING-Diba und dem Wertpapierabwickler dwpbank abgeschlossen worden – Flucht vor dem Flächentarif schützt also nicht vor Tarifvertrag!