Haltlose Angriffe gegen den Frankfurter Mietspiegel

In der Frankfurter Rundschau vom 11.07. beklagen sich der Verband Südwestdeutscher Wohnungsunternehmen und Herr Junker, Geschäftsführer der ABG Frankfurter Holding, darüber, dass der neue Mietspiegel zu Mietsenkungen führe.

Hier werden Krokodilstränen geweint. Bis auf wenige Ausnahmen führt der neue Mietspiegel auch für Nachkriegswohnungen zu erheblichen Mietsteigerungen, teilweise bis zu mehr als 20%. Gerade die großen Wohnungsgesellschaften sind die Gewinner des neuen Mietspiegels, da sich in ihren Beständen hauptsächlich Wohnungen in mittlerer Größe befinden, die von den höchsten Steigerungsraten betroffen sind. <br> Bei typischen Zwei- und Dreizimmerwohnungen wurde nur in einem von neun Fällen eine Mietsenkung errechnet, die zudem mit 1,35% äußerst gering ausfiel. Dies deckt sich auch mit den in der FR vom 04.07.2005 geschilderten Effekt des Mietspiegels: Viele Wohnungen kosten plötzlich mehr.<br> Die in der FR vom 11.07. als Indiz für allgemeine Mietsenkungen erwähnte Senkung der Basisnettomiete für Wohnungen der 50er und 60er Jahre ist irreführend. Denn nicht allein die Basisnettomiete, sondern erst das Ausrechnen verschiedener Auf- und Abschlagsmerkmale ergibt die endgültige Miete. Da die Aufschläge allgemein überwiegen, liegt die endgültige Miete über der Basisnettomiete.<br> Dass sich in einer vernachlässigbaren Zahl von Fällen Mietsenkungen errechnen, hat nichts mit handwerklichen Fehlern zu tun und ist auch nicht die Schuld der Mietspiegelkommission. Verantwortlich hierfür ist vielmehr eine bundesgesetzliche Regelung, die die Fortschreibung eines wissenschaftlich erstellten Mietspiegels nach Lebenshaltungskostenindex ermöglicht. Zur Vermeidung der Kosten einer vielleicht 100.000 Euro teuren Datenerhebung wurde für den Mietspiegel 2002 hiervon Gebrauch gemacht. Alle Werte der Mietpreistabelle 2000 wurden um 5,7% angehoben. <br> Die Fortschreibung nach Lebenshaltungskostenindex ist aber ein relativ schlechtes Mittel zur Beschreibung von Mietänderungen. Selbst für eine Indexfortschreibung bietet sich eher der Mietpreisindex an. Doch die Mietrechtsreform führte 2001 ein, dass fortgeschribene Mietspiegel nur dann als qualifiziert gelten, wenn nach dem Lebenshaltungskostenindex fortgeschrieben wird. Damit hat der Gesetzgeber die Ursache geschaffen für denkbar ungenaue Mietspiegelfortschreibungen.<br> Dieses gesetzlich vorgegebene Dilemma nutzen die Kritiker des Frankfurter Mietspiegels 2004, indem sie die Mietspiegel 2002 und 2004 miteinander vergleichen. Doch damit vergleichen sie eine Indexfortschreibung mit einem empirisch erstellten Mietspiegel. Der Mietspiegel 2004 wurde wieder nach neuesten wissenschaftlichen Methoden erstellt und ist damit der Indexfortschreibung 2002 weit überlegen. Dies hat auch zu Korrekturen (hier: Mietsenkungen) des sozusagen willkürlichen und undifferenzierten Aufschlags aus 2002 geführt.<br> Die (quantitativ allerdings vernachlässigbaren) Fälle von Mietsenkungen sagen also über den Mietspiegel 2004 nichts aus; schon gar nicht, dass dieser zu niedrige Werte ausweist. <br> Die Gesellschaften des VdW verhalten sich zynisch gegenüber den Mietern, indem sie zunächst die Indexfortschreibung 2002 als willkommenes Mieterhöhungsinstrument genutzt und dabei von dem real teilweise überhöhten (juristisch aber korrekten) Aufschlag von 5,7% profitiert haben. Und indem sie jetzt die Indexfortschreibung 2002 bzw. einzelne Mietsenkungen gegenüber 2002 als angeblichen Beleg für mangelnde Plausibilität des Mietspiegels 2004 umdeuten. In Wahrheit sind solche Mietsenkungen der Beleg für reale Überhöhungen des Mietspiegels 2002.<br> Damit missbrauchen die Wohnungsgesellschaften den Mietspiegel 2002 gleich in doppelter Hinsicht. Die Profiteure inszenieren sich als Opfer.<br> MIETER HELFEN MIETERN muss daher feststellen, dass die jetzt in Frankfurt geführte Mietspiegeldiskussion auf einer Skandalisierungskampagne der öffentlichen Wohnungsunternehmen (VdW Südwest) beruht, die dazu dienen soll, die Mieten schneller und stärker anheben zu können.<br> Das nun 15 Jahre erfolgreiche Mietspiegelmodell hat vor Gericht immer alle Angriffe überstanden und sich in der Praxis bewährt. Auch der Mietspiegel 2004 wird inzwischen bei Gericht angewandt.<br> Der jetzige Angriff ist politischer Art. Wir hoffen aber, dass sich diejenigen im Römerbündnis durchsetzen, die dieses Vorzeigemodell der Stadt Frankfurt am Main konstruktiv weiterentwickeln und keinen Rückschritt in der wissenschaftlichen Methode und der Befriedungsfunktion wollen. <br> Der Mietspiegel darf nicht zum Spielball politischer Intrigen werden!<br> Mieter helfen Mietern, 11.07.05

Schlagwörter
Wohnen