Klassenkampf von unten oder Sozialdemokratisierung und Parlamentarisierung der Linken?

Diskussionsveranstaltung und Tagesseminar zur Bundestagswahl Referent: Jost Wippermann (Gruppe Internationaler SozialistInnen, Berlin)

Der Bundestagswahlkampf verstärkt in Teilen der deutschen Linken eine Dynamik, die bereits mit der Etablierung der PDS in den Neunzigern in Gang gekommen ist und mit deren Zusammenschluss mit der WASG ihren vorläufigen Abschluss findet: den der politischen Selbstaufgabe im Rahmen eines den Bezugsrahmen des Kapitalismus wie selbstverständlich akzeptierenden Projekts einer parlamentarisch vertretenen und institutionell abgesicherten neuen sozialdemokratischen Partei. Musste die PDS ihre Anhängerschaft noch mit vulgärsozialistischen Floskeln und in diesem Rahmen längst inhaltsleer gewordenen Ritualen wie dem Absingen der „Internationale“ bei Parteitagen oder Kranzniederlegungen an den Gräbern von Liebknecht und Luxemburg bei Laune halten, damit diese im Gegenzug die Regierungsbeteiligungen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern und die damit verbundene Politik des Sparens, Kaputtsanierens und Zusammenstreichens sozialer Infrastrukturen, Einrichtungen und Tarifverträge akzeptiert, so wird die aus PDS und WASG zusammengekungelte „Linkspartei“ diesen ideologischen Ballast schon längst nicht mehr nötig haben. Offenkundig ist nunmehr das Godesberger Programm (und schon lange nicht mehr das Kommunistische Manifest) als historisch-programmatischer Bezugspunkt dieser Formation anzusehen. Angesichts dieser parlamentarischen Besoffenheit und Regression der Neukonvertiten erscheint es umso notwendiger, den Blick auf die Rekonstruktion der Strategie der revolutionären proletarischen Bewegungen der letzten 150 Jahre zu lenken. Wir werden an den beiden Tagen einen Bogen schlagen von der Rolle und Funktion die Marx dem Parlament als Funktion des bürgerlichen Staatsapparates zugewiesen hat über die praktisch gewordene Kritik der parlamentarischen Illusionen in den russischen Revolutionen von 1905 und 1917 sowie den Spaltungslinien in der internationalen kommunistischen Bewegung seit 1920. Unser Referent wird dabei versuchen, .einen verschütteten und verdrängten Strang der Geschichte der ArbeiterInnenbewegung zugänglich zu machen: die radikale Kritik am parlamentarischen Reformismus und Staatsfetischismus, wie sie seit den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts von den linkskommunistischen, rätekommunistischen und syndikalistischen Bewegungen formuliert und stellenweise in eine Praxis proletarischer Selbstorganisation umgemünzt wurde. Die durch den Terror des deutschen Faschismus abgerissene Geschichte der linkskommunistischen und syndikalistischen Organisationen wurde mit der massenhaften Wiederaneignung revolutionärer Theorie und Geschichte durch die radikalisierten StudentInnen und ArbeiterInnen der Sechziger dem Vergessen entrissen und wurde für Teile der „Neuen Linken“ zu einer Quelle der Aktualisierung einer gründlichen und nichtreformistischen Kritik der bestehenden Verhältnisse. Diese Kritik und das damit verbundene Moment proletarischer Renitenz gegen jede Art von Herrschaftsapparaten gilt es erneut sich kritisch anzueignen, sie in einen realen praktischen Bezug zur momentanen Tendenz der massenhaften Deklassierung, Reproletarisierung und Desillusionierung weiter Teile der ehemals sozialstaatlich integrierten ArbeiterInnenklasse zu bringen – und sie in Stellung zu bringen gegen die neosozialdemokratischen „Politiker“ und Wahlkampfapparate, deren Aufgabe und Schicksal in Wirklichkeit längst vorgezeichnet sind. Diskussionsveranstaltung: Klassenkampf oder parlamentarischer Reformismus? Geschichte und Gegenwart des Kampfes um ein revolutionäres politisches Selbstverständnis Freitag 9.September 20 Uhr, RMB-Infoladen Hamburger Allee 35, Ffm-Bockenheim Tagesseminar: Zur Kritik des Parlamentarismus Mit Referaten, Lektüre und Diskussion Samstag 10. September 15 Uhr am selben Ort 1. Block 15 – 17 Uhr Anton Pannekoek: Weltrevolution und kommunistische Taktik (1920) 2. Block 17.30 – 20 Uhr Johannes Agnoli: Programm und Technik des sozialen Friedens Aus: Die Transformation der Demokratie (1968) Textkopien werden gegen Kostenbeitrag zur Verfügung gestellt. Um uns die Planung zu erleichtern, bitten wir für das Seminar um eine kurze Anmeldung per E-Mail oder Telefon (0174-4158300)

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