Kommunalhaushalt 2002„Stopp dem Klassenkampf von oben"

Im Frankfurter Info 6/02 hatten wir eine Auseinandersetzung mit dem Kommunalhaushalt 2002 begonnen, der Ende April mit den Stimmen des „Viererbündnisses“ von CDU, SPD, FDP und Grünen im Römer beschlossen werden wird. Um darzustellen, dass – ungeachtet einer notwendigen Gemeindefinanzreform – auf kommunaler Ebene eine andere Politik möglich wäre, hatten wir zunächst verschiedene Etat-Anträge der PDS zusammengestellt. Das politische Konzept von Eberhard Dähne, Heiner Halberstadt und der Frankfurter PDS lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: Keine Ausgaben für ruinöse „Standort“- und „Prestige“projekte, stattdessen Investitionen in eine soziale und solidarische Stadtgesellschaft, keine weitere Entlastung der Wirtschaft (Anhebung des Gewerbesteuerhebesatzes). Im folgenden dokumentieren wir (aus Platzgründen stark gekürzt) die beiden Etat-Anträge von ÖkolinX. Jutta Ditfurth argumentiert hier vor allem grundsätzlich. Sie befasst sich mit der Umstellung der Haushaltsstruktur auf den sogenannten Produkthaushalt („parlamentarisch unkontrollierbar ...“) und der Verschärfung der sozialen Gegensätze durch die Steuerpolitik („Stopp dem Klassenkampf von oben ...“):

Der Haushalt ist undurchsichtig, undemokratisch, parlamentarisch unkontrollierbar und vollgestopft mit Informationsmüll
... Viele Informationen, die bisherige Haushaltsentwürfe enthalten haben, sind mit der Umstellung der Haushaltsstruktur grundlos verschwunden ... Finanzierungsbeschlüsse des Parlaments können sehr viel schlechter oder gar nicht gefunden werden. Das Parlament hat bereits in vielen anderen Fällen strukturell keine Kontrolle mehr über seine Ausgaben und – damit verbunden – die Aufgaben, wenn es beispielsweise um die städtischen Eigenbe-triebe geht oder Aufgaben privatisiert wurden. Dort hat, etwa bei der Wirtschaftsförderung, das Parlament zwar zu zahlen, aber kein Recht mehr – und die Öffentlichkeit schon gar nicht – zu kontrollieren, wer für Steuermittel ver(sch)wendet.
Der Produkthaushaltsentwurf ist schon in der Struktur unsolidarisch. Hinter der Kategorie >Kunde< steckt die Logik, dass der Bürger/die Bürgerin kein Recht auf bestimmte städtische Leistungen hat, sondern irgendwelche beliebigen, gar luxuriösen Waren oder Dienstleistungen konsumiert. BürgerInnen werden scheinbar zu >VerursacherInnen< , und die Stadt verabschiedet sich aus der Solidarfinanzierung durch Steuern, indem sie – auch durch ihre Steuer- und Standortpolitik – Kosten von oben nach unten, von Reich auf Arm abwälzt und die Mittelschicht gleich mit ruiniert. Am Ende bleibt dann nur noch die Logik, dass der Arme als Verursacher an seiner Armut selbst Schuld trägt und zu zahlen hat.
Die Zuständigkeit von Ämtern, ihre finanzielle Ausstattung und die Verteilung von Produktgruppen auf die Ämter ist undurchsichtig. Wie viele und welche Produktgruppen ein Amt hat und was genau es mit welcher finanzieller Ausstattung tut, ist nur mühsam oder gar nicht entschlüsselbar ...
Stopp dem Klassenkampf von oben:
Entlastung der Lohnabhängigen und der sozial Ausgeraubten, Erhöhung des Gewerbesteuer
... Sie glaubten, sie seien an der Macht, dabei waren sie nur an der Regierung, sagte Tucholsky über die Sozialdemokraten der Weimarer Republik. Das gilt nach wie vor. Das Kapital plündert immer noch die Gemeinden aus, die jeweilige Bundesregierung, gleichgültig, wer an der sogenannten Macht ist, spielt seine Handlanger....
Rot-Grün hat, in ungebrochener Traditionslinie der CDU/FDP-Bundesregierungen, die finanzielle Lagen der Gemeinden weiter verschärft, u. a. im Dezember 1999 durch ein milliardenschweres Steuergeschenk: Gewinne aus der Veräußerung von Aneilen, die eine Kapitalgesellschaft an einer anderen Kapitalgesellschaft hält, sind seither steuerfrei. Darüberhinaus hat Rot-Grün die Finanzen der Kommunen durch die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage von 20 auf 30% weiter verschlechert.
Die Stadt Frankfurt trägt zur Verschlechterung ihrer eigenen Situation und der Verminderung ihres Gestaltungsspielraumes selbst und kontinuierlich bei. Sie tut das, indem sie z. B. seit Jahren >das Tafelsilber< verkauft: städtische Gesellschaften und kommunalen Grund und Boden. Sie tut das, indem sie die parlamentarische Kontrolle Schritt für Schritt zurückschraubt, wie z. B. durch Privatisierung und Installation von Eigenbetrieben. ...
Der Magistrat selbst verschärft auch noch in anderer Weise die Lage der Menschen in dieser Stadt, nicht zuletzt durch die andauernde Senkung der Gewerbesteuerhebesätze. ... Etat-Anträge 1 und 2
ÖkolinX im Römer, Tel. 212-46260

 

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Stadtentwicklung