Neue Müllgebühren zu Lasten der Mieter

Neue Müllgebühren gehen zu Lasten der Mieter - Eigenheime und Gewerbe werden entlastet

Die zum Jahresbeginn vom Römerbündnis beschlossene Änderung der Müllgebühren wird den Frankfurter Mietern eine Erhöhung der Mietnebenkosten bescheren: Eigenheimbesitzer und Gewerbetreibende werden entlastet. Die dadurch entstandene Finanzierungslücke müssen die Mieter zahlen. Für diese Umverteilung ist folgende Änderung des Gebührensystems verantwortlich:<p> a) Erstmals gibt es eine Grundgebühr (pro Haushalt € 42,- jährlich), die aber am falschen Punkt ansetzt, da hierdurch die bereits früher benachteiligten (s.u.) mehrgeschossigen Wohnhäuser noch stärker belastet werden.<p> b) Die zu kleinen Vergünstigungen für große Müllbehälter wurden ganz abgeschafft.<p> c) Auch Gewerbetreibende können die Sperrmüllabfuhr jetzt kostenfrei nutzen. <p> Die Umverteilung geht somit zu Lasten von kleinen Haushalten in großen Wohnanlagen, insbeson-dere zu Lasten der Mieter in Siedlungen. Die Zeche zahlen also Geringverdiener wie alte Menschen mit kleiner Rente; angesichts des allgemeinen Sozialabbaus (ALG II, Ausbluten des Sozialen Woh-nungsbaus, Privatisierung öffentlicher Wohnungen usw.) ist dies nicht hinnehmbar. Jährliche Mehr-belastungen von zunächst € 38,- pro Haushalt kommen nach Berechnungen der BÜRGERINITIA-TIVE AM BÜGEL auf die dortigen Mieter zu (s.u.). Gezahlt werden müssen diese Erhöhungen ab Januar 2006 bzw. wenn die Nebenkostenabrechnungen über das Jahr 2005 eingehen.<p> MIETER HELFEN MIETERN fordert deshalb eine Müllgebührensatzung in Anlehnung an die Heiz-kostenverordnung für Gebäude mit Zentralheizung: Es müssen diejenigen entlastet werden, und zwar spürbar, die hohe Kosten nicht vermeiden können. Bzw. die Anderen, die ihren Verbrauch auf ein Minimum reduzieren können, müssen einen angemessenen Beitrag für die Verfügbarkeit des Versorgungssystems beisteuern. 30 bis 50 Prozent der Heizkosten werden daher unabhängig vom Einzelverbrauch auf alle Nutzer gleichmäßig umgelegt.<p> MIETER HELFEN MIETERN fordert eine Müllgebührensatzung mit folgender Grundstruktur: Nur 50 Prozent der in Frankfurt anfallenden Kosten sollten (wie bisher) nach Behältervolu-men verteilt werden; die andere Hälfte über eine einheitliche Grundgebühr pro Liegenschaft. <p> Abschließend beschäftigen wir uns etwas ausführlicher mit einigen Argumenten aus der Diskussion um die richtige Müllgebührensatzung. <p> a) Sparbewusstsein<br> Die Befürworter des jetzigen Systems unterstellen den Bewohnern von Mehrfamilienhäusern Desin-teresse gegenüber den Einsparmöglichkeiten. Dieses Argument ist leicht zu widerlegen, indem man einen (normalen) Eigenheimbesitzer mit einem (normalen) Mehrfamilienhausbewohner die Wohnung tauschen lässt. Das Müllbehältervolumen pro Haushalt ist also nicht von der Einstellung der Personen, sondern vom Typ des Hauses abhängig. Eine Rolle spielt natürlich auch das Engagement der Hausverwaltung.<p>b) Kostensteuerung nach Verbrauch<br> Um Bewohner zur Reduzierung des Müllaufkommens zu motivieren, muss der individuelle Verbrauch die Basis der Kosten bilden. Während die Bewohner von Mehrfamilienhäusern von dieser Kontrolle abgeschnitten sind, kommen Eigenheimbesitzer der verbrauchsabhängigen Müllumlage (wie bei einem Wasserzähler) sehr nahe. <p> c) Verursacherprinzip<br> Das jetzige Gebührensystem entspricht nicht dem Verursacherprinzip, denn die Behälterkapazität ist nur bedingt aussagerelevant, was den Zeit- bzw. Personalaufwand anbetrifft. In Einfamilienhaus-siedlungen benötigen die Mannschaften der FES für dieselbe Menge deutlich mehr Zeit.<p> d) Lokaler Mülltourismus<br> Bei unserem Gebührenmodell fordern wir bewusst keine Verteilung nach Gewicht. Denn jede weitere Präzisierung der Verbrauchserfassung fördert unzulässige Entsorgungen. Anders als bei Heiz-kosten kann der Bedarf an zahlungspflichtiger Müllabfuhr relativ einfach umgangen werden, z.B. durch wilde Müllkippen oder durch unzulässige Nutzung von Behältern auf fremden Grundstücken, die ja insbesondere in großen Wohnanlagen frei zugänglich sind…<p> e) Effektive Zahlen (Siedlung Am Bügel als Vorzeigemodell geeignet)<br> Das Zahlenmaterial, das Herr Bernd Jacob (Umweltamt) dem Ortsbeirat zur Siedlung Am Bügel vor-legte, ist nicht auf andere Wohnanlagen dieser Größenordnung übertragbar. In keiner anderen Siedlung hat eine Mieterinitiative seit über 10 Jahren kontinuierlich alles getan, um Betriebskosten, also auch Müllkosten, zu senken. Der Erfolg kann sich sehen lassen.<p> Dennoch muss festgestellt werden, dass auch Am Bügel die neue Gebührensatzung die ungleiche Belastung zwischen Einfamilienhaus und Hochhauswohnung verstärken wird: <br> Obwohl in einem Eigenheim durchschnittlich mehr Personen wohnen, liegen dort die Müllkosten oft nur bei € 19,- pro Monat. Dabei führte die neue Gebührensatzung zu einer jährlichen Einsparung von ca. € 20,-. <p> Die Gebührensenkung für Gewerbebetriebe kann hier nicht genau untersucht werden. Im Ergeb-nis ist festzustellen, dass große Betriebe und große Büros die Hauptgewinner der Gebührenreform sind, da die Einsparungen mit der Müllmenge steigen. Auf die Wohnungen in den mehrgeschossigen Gebäuden Am Bügel entfallen laut Herrn Jacob mo-natliche Müllgebühren zwischen € 17,- und € 38,-. Die Mehrbelastung infolge der neuen Gebüh-renordnung beträgt nach Angaben der Initiative Am Bügel jährlich durchschnittlich € 38,- pro Haushalt.<p> Der für den BÜGEL von Herrn Jacob angegebene Betrag von € 38,- als Obergrenze der monatli-chen Haushaltskosten für Müll liegt deutlich unterhalb der stadtweiten Höchstwerte. So liegt uns der Fall aus einem Hochhaus in der Sigmund-Freud-Straße vor, wo Kosten von fast € 80,- pro Mo-nat anfielen (€ 945,70 im Jahr 2003 für 61 qm Wohnfläche).<p> Dementsprechend kann die neue Müllsatzung in anderen Stadtteilen aufgrund der höheren Aus-gangsbeträge zu höheren absoluten Gebührensteigerungen führen als Am Bügel, wo € 38,- pro Haushalt und Jahr errechnet wurden. Dies muss aber nicht zwangsläufig so sein.<p> In der Gebührenpraxis wird sich (hoffentlich nicht mit ähnlichem Ausgang wie bei der Straßenreini-gungssatzung) erweisen, a) ob das (unsoziale) Konzept funktioniert, die Mieter in mehrgeschossigen Gebäuden noch stärker zu belasten und dabei aber gleichzeitig einen gewissen Rahmen nicht zu überschreiten; und b) ob die neue Gebührenstruktur die Kosten deckt, damit keine allgemeine Erhöhung folgen muss.

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Wohnen