Nichts gelernt aus alten Fehlern: Neue Preiserhöhungen an der VHS

<p>Gestern hat der kommissarische Betriebsleiter Kuldschun mit Billigung von Schuldezernentin Ebeling eine Anhebung der VHS-Teilnehmerentgelte ab dem zweiten Halbjahr 2002 um durchschnittlich 5% verfügt. In Einzelfällen sollen Kursentgelte bis zu 10% steigen können.

Beabsichtigt ist, von der jüngst erfolgten städtischen Zuschusskürzung bei der VHS in Höhe von 413.840 Euro einen Betrag von 100.000 Euro auf die VHS-Kursteilnehmer abzuwälzen.

Noch im Dezember letzten Jahres kam die Jahresrechnung der VHS presseöffentlich ins Gerede, weil die VHS bekanntlich in den Jahren 1999 bis 2001 den ihr vorgeschrieben Etat um jährlich 5 Mio. DM überzogen hatte. Die Kritik an dieser Entwicklung dämpfte der kommissarische VHS-Leiter Kuldschun mit Verweis auf die angeblich "offene Diskussion in der VHS-Betriebskommission", die für den diesjährigen Wirtschaftsplan realistische Ansätze für Erträge und Aufwendungen in Anschlag gebracht habe. Mit dem neu vereinbarten Betriebskostenzuschuss von 21,3 Mio. DM habe die VHS nunmehr eine "angemessene finanzielle Ausstattung", hieß es im Magistratsbericht B 79 vom 25. Januar 2002. Noch nicht einmal 2 Monate später war dieses Papier bereits wieder Makulatur. Ohne jede weitere öffentliche Debatte um den Sinn oder Unsinn von Kürzung im bereich der Volksbildung galten nun 800.000 DM bzw. 400.000 Euro weniger als "angemessen".

Diese Kürzungsvorgabe hat der kommissarische Betriebsleiter in unverantwortlicher Weise kritiklos hingenommen. Jetzt wälzt er die unzumutbare Sparvorgabe in einer Art Pawlow'schen Reflex auf die Kursteilnehmer ab.

Diese Entscheidung wurde getroffen, ohne die Betriebskommission einzuberufen und ohne die für die Programmgestaltung zuständigen VHS-Mitarbeiter zu konsultieren. Wir bewerten diese Verfügung im Ergebnis als fatal. Vor dem Hindergrund der Tatsache, dass die durchschnittlichen Teilnehmerentgelte pro Unterrichtsstunde in den 90er Jahren mehrfach, um insgesamt 197 % gestiegen sind und zu einem bundesweit beispiellosen Teilnehmerexodus führten, hat die VHS Frankfurt auch heute noch - trotz leicht steigender Belegungszahlen - mit rund 1,8 Mio. Teilnehmerstunden gerade mal die Hälfte der Bildungskapazität wie zu Beginn der 90er Jahre. Offensichtlich hat die VHS-Leitung aus dieser Entwicklung nichts gelernt.

Was bedeutet eine durchschnittliche Preissteigerung um 5 % für VHS-Kursteilnehmer? Ein 5-tägiger Word-Kurs im Bereich EDV (bislang 232 Euro) würde dann 11,60 Euro oder 23 DM teurer sein; ein 60-stündiger Englischkurs (bislang 150 Euro) würde um 7,5 Euro oder 15 DM teurer. Empfindlich trifft es mal wieder die Migranten, deren Spracherwerb nicht mit ein paar Unterrichtsstunden abgetan ist. Ein 3-monatiger Intensivkurs in der Grundstufe "Deutsch als Fremdsprache", der ohnehin schon 690 DM (353 Euro) kostet, würde nun um 17,65 Euro oder 34,50 DM teurer.

Mit diesen Preisanhebungen ist die von Kuldschun für 2002 großspurig angekündigte 20-prozentige Angebotssteigerung beerdigt, bevor sie in die Tat umgesetzt werden kann. Denn das Ziel, mit der jetzt geplanten Preiserhöhung zusätzlich 100.000 Euro Teilnehmerentgelte zu erwirtschaften, beruht auf der Fiktion eines "gleichbleibenden Buchungsverhaltens" (Zitat aus der Kuldschun-Verfügung vom 21.03.02). Das aber ist nach allen bisherigen Erfahrungen reichlich unrealistisch.

Wir fordern deshalb die VHS-Betriebskommission und politisch Verantwortlichen in der Stadt Frankfurt auf, diese sozial unverantwortliche Kurzschlussreaktion des kommissarischen VHS-Betriebsleiters umgehend rückgängig zu machen.

Karola Stötzel, Herbert Storn

Pressemitteilung vom 22.03.2002

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