Nieder mit Mauer und Stacheldraht

<p>Was vor Monaten und Jahren schon einmal einem Hanau/Gründauer Autoren als Satire aus der Feder in die nhz (neue Hanauer Zeitung) und in Ausschnitten in die hlz (Hessische Lehrerzeitung) floss, wird jetzt in der märchenhaften Plutoniumbunkerstadt Hanau zur Realsatire: Zu Zaun und Stacheldraht um ganze LGS-befallene Stadtteile kommen vielleicht demnächst noch Minenfelder, auf jeden Fall aber Gesichtskontrollen, Körpervisitationen u.Ä. durch eine Geraer Security-Firma.

Sehr geehrte Damen und Herren, der folgende Leserbrief ist aktualisiert und nur in wesentlichen Teilen recykelt.

die darauf folgende realsatire zur schulnamensgebung ist zwar auch druckbar, muss aber nicht sein.

Das folgende Datum stammt von der Ersteinsendung des z.T. hier recykelten Leserbriefes

Von: Hartmut
An: Hanau Lokalrundschau
Datum: Sonntag, 19. August 2001 13:37
Betreff: Leserbrief zum Stacheldraht/Satire zur Schulentwicklung

Sehr geehrte Damen und Herren

dies ist ein Leserbrief zur LGS-Demarkationslinie und der Inneren Sicherheit Hanaus

Sollte die Stadt Hanau zur Absicherung der Edelteile des Lamboy-Tümpelgarten, der Francois-Gärten und des Gartenschaugeländes nicht sicherheitshalber auf bewährte ostdeutsche Schäferhundstaffeln und dazugehörige ehemalige VoPo- und NVA-Einheiten zurückgreifen? Oder sind bei dem Geraer Security-Unternehmen solche gestandenen Kräfte eingestellt? Die bereits überregional beliebte Hanau-Comedy erhält immer realistischere Züge. Das dahinschmelzende Edelschulzentrum für die sehnlichst erwartete Upper-Class blockiert dringend benötigte Finanzmittel zur Minimal-Modernisierung des größten Teils aller Hanauer Schulen. Hanau soll zum rundumgesicherten Magnet für höhere Einkommen und deren Töchter und Söhne werden. Die Innenstadt wird für die Bedürfnisse gehobenen Geschmacks und Einkommens abgerissen und zurechtgeputzt. Die Stadtbücherei könnte einem Schlemmerlokal mit barockem Erlebnischarakter weichen, das Schulamt wird Fünf- , das Help wird Vier- und die Schule am Schlossplatz wird zum Drei-Sterne-Hotel am Schlossplatz.

Ganz wie in der guten alten Zeit bleiben die Schlösser und ihre Plätze und die Parks dem Adel vorbehalten. Diesmal nicht mehr dem Feudal- sondern dem Geldadel.

Und die Landesgartenschau?

Der folgende Teil dieses Leserbriefes wurde vor 5 Monaten als Satire geschrieben und jetzt scheint es Wirklichkeit zu werden.

Dass demnächst an der Einfahrt zum Hanauer Stadtteil Lamboy Mautstationen aufgebaut werden und Eintritt für den Stadtteil verlangt wird, wäre die nächst wahrscheinliche Stufe der Realsatire. Auf den Hochhäusern - sofern sie nicht noch vor der LSG abgerissen werden, könnte man doch Sichtschutzblenden anbringen und das Betreten der Dachterrassen verbieten oder auch dort EintrittsDauerkartenzwang verhängen.

Man kann getrost auf den Wiederaufbau der Hanauer Mauer warten, die so euphorisch zur Öffnung des Francois-Areals abgerissen wurde. Ihre Wiedererrichtung kommt als Drahtzaun mit Sichtschutz, nicht nur des LGS-Eintrittsgeldes wegen. Es geht dann um die Einigelung und Abschottung der "besseren Teile".

Da die Stadterneuerung, wenn überhaupt, dann viel zu wenig zusammen mit den Bewohnern durch exekutiert wird, erhält die Landesgartenschau Züge eines Eroberungskrieges, bei dem nicht klar ist, ob letzte Bastionen mehr oder weniger demokratisch-öffentlicher Nutzung den zerstörerischen Angriffen standhalten. Der Eingang der Nordstraße sah ja tatsächlich aus wie im Zweiten Weltkrieg. Wie lange wird das Rehbein-Gymnasium noch stehen - an einem solch saftigen Innenstadt-Immobilienplatz? Wahrscheinlich bis die letzten altgedienten Rehgebeiner die Stadtverordnetenversammlung in Richtung Hauptfriedhof verlassen haben.

Gegen Soziale Stadterneuerung ist nichts zu sagen, wenn sie nicht bedeutet: Verdrängung ganzer sozialer Schichten aus ihren angestammten Quartieren, unbezahlbare Luxussanierung. Bezahlbar schon, aber von wem? und wer sich bei der Sanierung tatsächlich saniert, das sollte mal genauer untersucht werden.

Dass diese Satire so schnell zur Realität wird, hätten vor 5 Monaten die schärfsten Pessimisten nicht geglaubt.

So geht Hanau nicht Mainaufwärts sonden den Bach runter.

mit freundlichen Grüßen
Hartmut Barth-Engelbart

(so weit der Leserbrief, jetzt folgt die Schulentwicklungssatire von vor fast vier Jahren):

Schulkampf der Giganten
Sponsoren-Streit um Schulnamensgebung im Main-Kinzig-Kreis

Ikea zieht vor das Verwaltungsgericht

Hanau: Mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt will Ikea Deutschland Gleichbehandlung mit anderen deutschen Unternehmem bei der Schulnamensgebung erreichen. Im aktuellen Fall geht es um die Umbenennung der Lindenau-Gesamtschule in Großauheim und ersatzweise um die im Rahmen der Landesgartenschau geplante Gründung einer Gesamtschule im Hanauer Stadtteil Lamboy-Tümpelgarten.

Für diese neue Gesamtschule sollen große Teile der Kasernen genutzt und damit auch das Stadtviertel aufgewertet werden. Das in Aussicht stehende Schulgelände mit teils schon installierten Sportanlagen und Hallen liegt in direkter Nachbarschaft des Möbelhauses. Die Aufwertung des Umfeldes kommt den Schweden sehr gelegen. Deshalb will Ikea Deutschland die Gesamtschuleinrichtung auch sponsern. Im Gegenzug soll die geplante Schule den Namen Ikea-Gesamtschule erhalten.

Wie gerüchteweise aus dem Hauptamt der Stadt Hanau zu erfahren war, will sich die Oberbürgermeisterin, Margret Härtel für ein solches Namenspatronat stark machen, nachdem Ikea zwei Angebote der Stadt Hanau bezüglich der Umbenennung der Tümpelgarten- oder der Gebeschus-Schule zuvor abgelehnt hat. Die Unterstützung aus dem Rathaus für Ikea kommt nicht uneigennützig: die Stadt als Schulträger könnte die dringend erorderliche Einrichtung einer Gesamtschule im Landesgartenschauviertel aus eigenen Mitteln nicht leisten. Nur die glückliche Kombination aus Mitteln für die Gartenschau, aus dem Hessischen Investitions Fonds und den Sponsorengeldern von Ikea machen es möglich, daß die Schüler des Groß-Stadtteils endlich auf kürzestem Weg zur nächsten Gesamtschule kommen und nicht bis Kesselstadt, Groß-Auheim und Bruchköbel fahren müssen.

Ikea macht jedoch die Unterstützung für das Schulprojekt von seinem Erfolg vor dem Frankfurter Verwaltungsgericht abhängig.

In seiner Klage setzt Ikea Deutschland an den Erfolg der Siemens AG im Streit mit den zum Asko-Konzern gehörenden Massa-Märkten an. Massa hatte in den frühen siebziger Jahren vergeblich versucht, als Sponsor die Namensgebung für einige Gesamtschulen im Main-Kinzig-Kreis zu beeinflussen: mindestens die Maintaler Gesamtschulen sollten Massa-Schulen werden. Eine Gesamtschule wurde stattdessen Werner von Siemens-Schule getauft, bei weiteren Gesamtschulen wollten sich die in Städten und im Kreis damals mit satten Mehrheiten regierenden Sozialdemokraten nicht auf Sponsorennamen einlassen.

Diesen Umstand kritisiert jetzt Hanaus Oberbürgermeisterin, Margret Härtel (CDU), sekundiert vom Main-Kinzig-Vizelandrat Hubert Müller (CDU): die SPD hätte in der Zeit ihrer absoluten Mehrheiten nicht genügend unternommen, um Unternehmen an die Region zu binden. Da solle nun Abhilfe geschaffen werden.

Erste Erfolge eines diesbezüglichen Kurswechsels unter der großen Koalition im Kreis und in der Stadt Hanau sind bereits als Kompromiss zu verzeichnen: Massa, der mittlerweile unter dem Namen "real,-" firmiert, steht zumindest als Zusatz-Namensgeber für zunächst zwei Schulen im Kreis fest. In Hanau betrifft es die Eberhardt-Schule, die zukünftig Eberhardt-Real-Schule heißen wird, in Gelnhausen ist es die Kreis-Real-Schule.

Auch in kleineren Gemeinden sind Sponsorennamensgebungen in Aussicht:
in Flörsbachtal wird es demnächst eine Puma-Schule geben, in Gründau Lieblos folgt der Rudolph-Walter-Straße zu Lebzeiten des Möbelhaus-Seniors noch die Rudolph-Wather-Schule, in Schlüchtern eine Bien-Schule.

Nach kurzem, heftigen Streit wurde in Wächtersbach eine salomonische Entscheidung getroffen:
drei Namanspatrone standen auf der Bewerberliste für zwei Schulen. die SPD Wächtersbach wollte mindestens eine Schule nach Oberbürgermeister Rainer Kretschmer benennen, einer Schule wollte die fürstliche Wächtersbacher Brauerei ihr Etikett aufkleben und der Globus-Markt bot sein Logo ebenfalls an. Nachdem die SPD nach langem Zögern ihren Oberbürgermeister dafür gewinnen konnte den Schloßpak in Rainer-Kretschmer-Park umzutaufen und auf den Schulnamen zu verzichten, heißt jetzt die Grundschule "Globus-Schule" und die bisher namenlose Gesamtschule "Wächtersbacher-Gesamtschule".

Das Angebot der Stadt Hanau an den Sumitomo-Konzern, die Anne-Frank-Schule in Dunlop-Schule umzubenennen, hat der Konzern nach internen Informationen wegen möglichen Image-Verlustes abgelehnt. Aus gleichen Gründen hat Ikea Deutschland für die Hanauer Tümpelgarten-Schule oder wahlweise die Gebeschus-Schule das Namenspatronat verweigert, trotz der räumlichen Nähe der Hanauer Ikea-Niederlassung zu beiden Schulen.

Letzter Stand bei der Sponsorennamensgebung bezüglich der Hanauer Grund- und Hauptschulen ist die Information über stark interessierte und scharf konkurrierende Bewerber: Mc Donalds will den Erbauer der Gebeschus-Schule als Namenspatron genauso ablösen wie Aldi, der bis zur Gartenschau das Stadtviertel um eine Filiale bereichern will. Penny-, Lidl- und Norma-Markt stehen als Namensspender für die klassischen Volksschulen ebenfalls in den Startlöchern. Alle Bewerber warten jetzt mit Spannung auf den Ausgang des von Ikea angestrengten Musterprozesses. Die Anwälte des schwedischen Möbelriesen sind unterdes guter Dinge:
"So wie wir die bisherigen einschlägigen Entscheidungen des Frankfurter Verwaltungsgerichtes kennen, gehen wir davon aus, daß es demnächst nicht nur in Hanau sondern an allen unseren deutschen Standorten Ikea-Schulen geben wird!"

Kommentar eines Elternbeirates der betroffenen Lamboy-Schulen zum plötzlichen Sponsorensegen:
"Ich glaub', mich knutscht ein Elch!"

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Stadtentwicklung