NPD: Nie wieder Frankfurt!

by Redaktion veröffentlicht 29.08.2002, zuletzt geändert 07.10.2007

Wahlveranstaltung der Faschisten auf dem Römerberg erfolgreich verhindert / Seltsame Manöver des Frankfurter Ordnungsamts im Vorfeld.<p>

<p>Den heutigen 28. August wird sich der NPD-Führer Udo Voigt sicher gut merken. Eine alte Erfahrung der NPD, die schon in den siebziger Jahren erfolglos versucht hatte, in Frankfurt Fuß zu fassen, wurde ihm und seinen höchstens zehn Mitläufern erneut deutlich gemacht: Nie wieder Frankfurt!<p> Es ist ein Erfolg der Frankfurter Antifaschistinnen und Antifaschisten unserer Stadt, dass der hiesige Teil der hessischen Wahlkampftour der NPD völlig ins Wasser fiel. Etwa 500 demokratische GegendemonstrantInnen waren dem Aufruf der Anti-Nazi-Koordination und der Antifa gefolgt und hatten sich um 9 Uhr auf dem Römerberg versammelt: viele Schülerinnen und Schüler, StudentInnen, GewerkschafterInnen, Angehörige von verschiedenen Mitgliedsorganisationen der Anti-Nazi-Koordination und der Antifa. Zu den GegendemonstrantInnen gehörten unter anderem der antifaschistische Widerstandskämpfer Peter Gingold, der DGB-Kreisvorsitzende Harald Fiedler und die sozialdemokratischen Stadtverordneten Uli Nissen und Turgut Yüksel. In einem durch Absperrgitter umzäunten Bereich des Römerbergs, der pikanterweise auch den Gedenkstein für die faschistische Bücherverbrennung im Jahre 1933 umfasste, sollte die NPD-Wahlveranstaltung stattfinden. Dazu kam es nicht., weil durch eine Sitzblockade der Römerberg fast eine Stunde lang blockiert war, so dass der winzige NPD-Tross mit einem Kleinbus samt Anhänger nicht durchkam. Dieser Bus war in dem schmalen Durchgang am südlichen Ende des Römerbergs auf Höhe des Historischen Museums längere Zeit von GegendemonstrantInnen umstellt, so dass den verängstigt in ihm sitzenden NPD-Wahlkämpfern ein deutlicher Eindruck ihrer Beliebtheit in Frankfurt vermittelt worden sein dürfte. Nachdem die Sitzblockade von der Polizei geräumt worden war, bewegte sich der NPD-Bus zur Ecke Römerberg / Alte Mainzer Gasse. Her unternahmen die Nazis nach längerem Hin und Her den Versuch, ihre von niemandem gewollten Wahlkampfreden zu halten, was aber von den lautstarken Missfallenskundgebungen der GegendemonstrantInnen sowie von etwa 45-minütigem Glockengeläut der Alten Nikolaikirche (special thanks dem Pfarrerehepaar!) vollständig übertönt wurde. Abgesehen davon war außer den GegendemonstrantInnen sowieso niemand gekommen, um sich der Reden der Faschisten und Rassisten anzuhören - kein Wunder bei einer Wahlveranstaltung an einem Mittwoch um 10 Uhr. Angesichts dieses für alle ungünstigen Termins haben die Antifaschistinnen und Antifaschisten in Frankfurt heute unter Beweis gestellt, dass sie gut organisiert, kreativ und handlungsfähig sind. Die Stimmung war hervorragend, was besonders den zum Teil sehr witzigen Sprechchören, Konfettiwürfen und spontanen Rap-Einlagen der Schülerinnen und Schüler zu verdanken war. Dies war auch ein guter Ersatz dafür, dass es nicht zu der geplanten Lesung von Werken Goethes (Glückwunsch zum Geburtstag!) und anderer Dichter kam - die Situation war zeitweise so unübersichtlich, dass wir darauf verzichten mussten. Letzte Nachricht: Wie wir hören, hat unser Erfolg in Frankfurt dazu geführt, dass die NPD ihre für 14 Uhr in Offenbach angekündigte Veranstaltung abgesagt. Ob sie heute Abend in Darmstadt (18 Uhr, Luisenplatz) mehr Erfolg hat, wird man sehen.<p> Allerdings: die Anti-Nazi-Koordination protestiert mit aller Schärfe dagegen, dass die Stadt Frankfurt noch nicht einmal den Versuch unternommen hat, die NPD-Wahlveranstaltung zu verbieten. An dem Bad Hersfelder Bürgermeister, der eine für übermorgen dort angekündigte gleiche Veranstaltung der NPD verboten hat, sollte man sich hier ein Beispiel nehmen. Selbst wenn das dortige Verbot erneut vor dem Bundesverfassungsgericht keinen Bestand hat - es ist ein wichtiges politisches Signal, wenn eine Stadt sich so verhält!<p> Zweitens protestiert die Anti-Nazi-Koordination gegen die seltsamen und unverständlichen Manöver des Ordnungsamts im Vorfeld der Veranstaltung. Nachdem ursprünglich die NPD den Römerberg für den 28. August beantragt hatte, war deren Antrag sowie unser Antrag auf eine Gegenveranstaltung mit dem uns schriftlich und mündlich vorgetragenen Argument abgelehnt worden, der Römerberg sei wegen der vielen Trauungen an diesem Tage ungeeignet. Daraufhin beantragte die Anti-Nazi-Koordination den Paulsplatz als Ort für ihre Gegendemonstration, was wiederum schriftlich mit der Begründung abgelehnt wurde, diesen Platz habe die NPD bereits beantragt und erhalten. Wie sich dann heute morgen aber herausstellte, war der NPD nun aber doch kurzfristig der Römerberg überlassen worden - mit dem oben geschilderten Erfolg. Was soll dieses Verhalten des Ordnungsamts bewirken? Glaubt man dort etwa, uns auf diese Weise desorientieren zu können?<p> Am Verhalten der Polizei kritisieren wir ebenfalls merkwürdige Ungereimtheiten. Einerseits suchte die Polizei schon gegen 8.30 Uhr den Kontakt mit uns, tauschte Handy-Nummern aus und wünschte uns einen guten Verlauf des Vormittags. Andererseits kam es bereits bei den Personenkontrollen an den Zugängen des Römerbergs gegen 9 bis 10 Uhr zu unnötigen Spannungen. Polizeibeamte weigerten sich, ihre Namen anzugeben, wenn sie danach gefragt wurden, beschlagnahmten so gefährlich Gegenstände wie Trillerpfeifen, Kindertröten oder Ratschen und gaben sie nach einer Intervention beim Einsatzleiter aber wieder heraus. Ist es nicht möglich, im Umfeld einer solchen Veranstaltung auf diese Art spannungserzeugende Aktivitäten zu verzichten? Und wir fragen die Polizei besonders, was sie dazu veranlasst hat, nach der Abfahrt des NPD-Trüppchens einzelne GegendemonstrantInnen festzunehmen, wobei es in zwei Fällen dazu kam dass Festgenommene vom Zugang zur Schirn über eine längere Strecke am Ohr über den Römerberg gezerrt, bzw. von mehreren Beamten über das Pflaster geschleift wurden.<p> All das soll aber unsere Zufriedenheit über den politischen Erfolg des Tages nicht schmälern. Frankfurt ist heute wieder ein Stück bunter geworden, und das ist ein Ansporn dazu, erneut klarzustellen: Wir lassen Nazi-Veranstaltungen in Frankfurt nicht zu! Frankfurt ist bunt und nicht braun!<p> Klaus Jung - Ellen Koch - Karin Ruck - Hans Christoph Stoodt -Klaus Willkomm-Wiemer<p> Sprecherinnen und Sprecher ------------- Diese E-Mail wurde auf Viren ueberprueft. Postmaster IG Metall