Nur 8500 Wohnungen für 48000 neue Arbeitsplätze

(...) Das Amt für Statistik und Wahlen der Stadt Frankfurt hat neue Zahlen zur Beschäftigungsentwicklung vorgelegt. (...) In keiner anderen deutschen Großstadt fehlen so viele Wohnungen: In Frankfurt am Main kommen auf 100000 Arbeitsplätze nur ca 57000 Wohnungen. Im Mittel liegen deutsche Großstädte bei ca. 90000 Wohnungen.

Spätestens seit den 70er Jahren findet sich Frankfurt in dieser Spitzenstellung. Zwar erleichtert dies die Jobsuche. Doch für die gut bezahlten Stellen werden spezialisierte Kräfte gesucht, die zumeist von außerhalb angeworben werden. Diese kommen oft mit Arbeits-, aber ohne Mietvertrag nach Frankfurt und sind daher gezwungen, überhöhte Mieten zu akzeptieren.<br> Das Wirtschaftswachstum Frankfurts ist starken Schwankungen unterworfen. Der vorletzte Schub war Anfang der 90er Jahre, der letzte basiert auf dem seit 1998 rasant gewachsenen Dienstleistungsbereich &#147;Finanzen&#148;, &#147;Vermietung&#148; und &#147;Unternehmensdienstleistung&#148; und normalisiert sich z. Zt. wieder. Er hat auf lange Sicht einen hohen Nachfragedruck am Wohnungsmarkt hinterlassen.<br> Von 1998 bis 2001 wuchs die Zahl der Arbeitsplätze um 48000 (&#147;Erwerbstätige&#148;) bzw. um 40000 (&#147;Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte&#148;), während der Wohnungsbestand nur um 8545 Einheiten nachzog. Über 25000 Wohnungen hätten aber hinzukommen müssen, um die Wohnraumversorgung von Mitte der 90er Jahre bis 2001 zu halten. (...)<br> Die Erkenntnis einer Wohnraumversorgungsnotlage ab Ende der neunziger Jahre, vergleichbar mit der Situation nach 1989, wird kontrovers diskutiert. Wir vergleichen im Folgenden das Jahr 1992 mit 2001, dem Höhepunkt des letzten Booms. Die Zahl der &#147;Sozialversicherungspflichtig Beschäftigten&#148; liegt 2001 etwas niedriger: 492500 zu 497000. Eine zweite Statstik erfasst sämtliche &#147;Erwerbstätige&#148; und damit u. a. auch die sogenannte Ich-AG. Diese Zahl liegt für 2001 höher: 600400 zu 573400.<br> Aufgrund des niedrigeren Wohnungsbestands in 1992 kamen damals 55,6 Wohnungen auf 100 Erwerbstätige (gegenüber 57 in 2001). Zum Vergleich: 1997, dem Jahr mit den wenigsten Erwerbstätigen in dern 90ern, betrug die Quote 60,4%. Damit erreichte die Versorgungslücke der Jahre 1998 bis 2001 nicht ganz das Ausmaß der frühen 90er, dazu hat aber nicht viel gefehlt.<br> Ein anderes Indiz, die Statistik der Einpendler, deutet gleichzeitig daraufhin; dass der Wohnungsmarkt nie so eng war wie heute. Einpendler sind Berufstätige, die außerhalb Frankfurts wohnen und in der Stadt arbeiten:<br> Gegenüber 1992 kommen heute mehr Einpendler auf 1000 Frankfurter Wohnungen. Außerdem muss ein kontinuierlich zunehmender Anteil der Erwerbstätigen einpendeln; immer weniger Berufstätige finden also eine passende und bezahlbare Wohnung in Frankfurt.<br> Diese Marktverengung ist nicht direkt aus der Entwicklung des Verhältnisses Wohnungen/Arbeitsplätze erklärbar. Vielleicht war ab Mitte der 90er die Verdrängung geringverdienender Mieter aus attraktiven Wohnungen weitgehend abgeschlossen, die bis dahin das Angebot für Besserverdienende erhöht hatten. Jetzt werden diese Wohnungen als Eigentumswohnungen oder mit langfristigen Verträgen zu hohen Mieten bewohnt. Sie kommen daher seltener auf den Markt.<br> Was ist politisch gegen die Unterversorgung mit Wohnungen machbar? Wohnungsmärkte sind abhängig vom Verhältnis Wohnen und Arbeiten, welches in Frankfurt durch die konzeptionslose Ausdehnung von Dienstleistungsunternehmen aus dem Gleichgewicht geraten ist. Heute wissen wir, dass die menschengerechte Stadt eine Stadt der kurzen Wege und der räumlichen Verbindungen zwischen Wohnen und Arbeiten ist. Bürostadtteile und Einkaufsburgen sind unattraktiv und führen zu sozialen Problemen.<br> Doch auch heute werden Wohnbereiche (Bahnhofsviertel) den wirtschaftlichen Nutzungen geopfert, statt den Zuwachs an Arbeitsplätzen durch Erweiterung der Wohnfunktion auszugleichen.<br> Die Ziele können nur sein: Eindämmung bisheriger und künftiger Büronutzungen zu Gunsten von Wohnraum (Keine neuen Bürokomplexe, Umnutzung leerstehender Bürogebäude, Baugenehmigung unter Auflage eines hohen Wohnanteils). Die aktuell steigenden Leerstände von Büroraum kommen einer solchen Politik entgegen. Einige Investoren (Rebstock) haben erkannt, dass Wohnungsbau in Frankfurt die sicherere Anlage ist.<br> Ferner müssen im städtischen Wohnungsbau städtische Projekte angegangen werden: Statt Einfamilienhäuser auf der &#147;Grünen Wiese&#148; müssen die weitgehend verlassenen Industriegebiete beplant und entwickelt werden. So können neue Wohnviertel mit (kleinen) gewerblichen Bereichen entstehen.<br> Das Mieterinfo 7/03, Mieter helfen Mietern

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