Polizeirepression gegen Zivilcourage

Am 10.2.2005 protestierten 150 DemonstrantInnen am Frankfurter Flughafen gegen die Abschiebung der Iranerin Zahra Kameli, der im Iran unter dem Vorwurf des vermeintlichen „Ehebruchs“ die Todesstrafe drohte. Von den Beteiligten wurden 63 Personen festgenommen und die folgende Nacht über auf dem Frankfurter Polizeipräsidium festgehalten.

Am 10.2.2005 protestierten 150 DemonstrantInnen am Frankfurter Flughafen gegen die Abschiebung der Iranerin Zahra Kameli, der im Iran unter dem Vorwurf des vermeintlichen „Ehebruchs“ die Todesstrafe drohte. Den Preis für ihre Zivilcourage bekamen 63 Beteiligte an diesem friedlichen, aber lautstark die Mitwirkung von Lufthansa/Fraport an der Abschiebung kritisierenden Protests unmittelbar zu spüren. Sie wurden festgenommen und die folgende Nacht über auf dem Frankfurter Polizeipräsidium festgehalten. DemonstrantInnen wurden von der Bereitschaftspolizei der Beweis- und Festnahmeeinheit (BFE) in regelrechten Hetzjagden durch den Flughafen und den angeschlossenen S-Bahnhof verfolgt, mit Schlägen und Tritten traktiert, an ihren Kleidern über den Boden geschleift und in Handfesseln abgeführt. Auf dem Polizeipräsidium wurden sie einer umfassenden erkennungsdienstlichen Behandlung inklusive digitalen Finger- und Handabdrücken sowie Portraitfotografien unterworfen und um die Abgabe einer Speichelprobe zwecks DNA-Analyse gebeten. Die Festgenommenen wurden über Stunden hinweg - einzelne bis zu 16 Stunden lang - einge-sperrt. Vielen von ihnen, darunter auch einer 15- und einer 16-Jährigen und einer allein-erziehenden Mutter, wurden stundenlang Telefonate mit Familienmitgliedern, Babysittern oder Anwälten verweigert und Decken und Getränke die gesamte Zeit über vorenthalten. Einzelne Eingesperrte berichten davon, dass Polizeibeamte den Versuch unternahmen, sie gewaltsam zur vollständigen Entkleidung zu nötigen. „Zwei Polizeibeamte drückten mich mit Gewalt an die Wand meiner Einzelzelle, drehten mir schmerzhaft den Arm auf den Rücken und zerrten an meiner Hose, als ich mich weigerte, mich auszuziehen. Meine Bekundungen, ich wolle sofort mit einem Anwalt telefonieren und diese Maßnahme sei unverhältnismäßig, ignorierten sie. Nachdem ich mich einige Zeit passiv gewehrt, meine Kleidung notdürftig festgehalten und hin- und hergewandt hatte, ließen sie von mir ab.“ Die ungerechtfertigten und erniedrigenden Polizeimaßnahmen vom 10.2.2005 stehen in deut-lichem Widerspruch zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit staatlicher Gewaltanwendung, der im Hessischen Polizeigesetz, im deutschen Straf- und Zivilrecht und in internationalen Rechts-vorschriften verankert ist. Die polizeiliche Exekutive ist in Frankfurt im letzten Jahr im Zusammenhang mit der Verurteilung dreier BGS-Beamte im Fall des gewaltsamen Todes des Asylbewerbers Aamir Ageeb und den Folterdrohungen des Frankfurter Ex-Polizeivize Wolfgang Daschner in die Schlagzeilen geraten. In diesem Kontext erscheint die Missachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes durch die Frankfurter Polizei als erschreckende Kontinuität, innerhalb derer die Behandlung der DemonstrantInnen am 10.2.2005 nur ein vergleichsweise harmloser Fall ist. Dennoch haben Frankfurter PolizeibeamtInnen am 10.2.2005 demonstriert, dass sie das Funktionieren einer inhumanen Abschiebemaschinerie mit gewaltsamen Repressionsmaßnah-men zu flankieren bereit sind. Wir werden die menschenrechtsverletzende staatliche Abschiebepraxis auch weiterhin nicht hinnehmen. Wir erwägen gegen unsere Behandlung durch die Polizei am 10.2.2005 zivilrechtliche Schritte einzuleiten. Betroffenengruppe der Polizeiaktion am 10.2.05 Kontakt: Simon Benecken, 069 / 945 988 53, simsimma@t-online.de