Protestschreiben der antirassistischen Gruppe Schwalbach

Nachdem am 22. Juli die BewohnerInnen des Bauwagenplatzes Rödelheim aus nicht nachvollziehbaren Gründen das Gelände der alten Ziegelei verlassen und auf eine Odyssee mit ungewissem Ausgang begeben mussten, ist viel geschehen:

<p>Am Tag nach der Räumung z.B. verweigerte der Magistrat die Annahme von 1400 Unterschriften gegen die Räumung. Am zweiten Tag nach der Räumung bequemten sich dann doch drei Herren aus der Stadtverwaltung, die Unterschriftenlisten entgegen zu nehmen &#8211; dies taten sie offensichtlich nur, weil die BauwagenbewohnerInnen zu diesem Zeitpunkt mit 3 Wagen und Zugmaschinen schon 4 Stunden auf dem Römer ausharrten. Die Bemerkung der Herren der Stadtverwaltung, sie würden beraten und mensch solle nach etwas Geduld haben, wurde ernst genommen. Nachdem die Menschen auf dem Römer weitere 3 Stunden &#8222;Geduld&#8220; bewiesen hatten, zeigte die Stadtverwaltung, wes Geistes Kind sie ist, schickte ihre uniformierten Büttel und gab den BauwagenbewohnerInnen &#8222;genau 3 Minuten Zeit, um den Platz zu verlassen, ansonsten werde mit schwerem Gerät geräumt&#8220; (Zitat Einsatzleitung). Die Bauwagenleute brachen Richtung Bockenheimer Warte auf, ohne auch nur ein weiteres Wort aus dem Römer gehört zu haben. <p> Zwei Tage blieben die Leute mit ihren Wagen vorm Bockenheimer Depot. Am Samstag wurde dann zu einer Demonstration aufgerufen. Im Laufe dieser Demonstration wurden die Wagen auf die verlassene, ehemalige Polizeitankstelle (Ginnheimer Str. 40) gestellt. Die halbe Stadt amüsierte sich über die Pfiffigkeit der WagenplatzbewohnerInnen. <p> Was die RödelheimerInnen zu diesem Zeitpunkt nicht ahnten war, dass sie in ein Wespennest gestochen hatten &#8211; gehört doch dieses Gelände der FAAG und der ABG, die derzeit unter schwerem Korruptionsverdacht stehen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt in mindestens 270 Fällen.<p> Sowohl an diesem Samstag als auch am darauf folgenden Montag verlautbarte die Pressestelle der Frankfurter Polizei, dass man keine Räumung plane, solange keine Straftaten von dem Gelände ausgingen. Was auch nicht der Fall war &#8211; vorausgesetzt Wiederbelebung ist keine Straftat. Dennoch räumte die Polizei am Dienstag, dem 29.7.03 um 6.00 Uhr das Gelände überfallartig. Alle 25 anwesenden Menschen wurden festgenommen, darunter ein 15 Monate altes Kind. Alle bis auf das Kleinkind wurden gefesselt und dann in das neue Präsidium gebracht. Die letzten wurden gegen 15.30 Uhr freigelassen. Das geschah, obwohl die BeleberInnen des Geländes mehrmals, zuletzt montags vor der Räumung, öffentlich deutlich machten, dass sie das Gelände bei Aufforderung seitens der Polizei unverzüglich verlassen werden.<p> Der Magistrat der Stadt Frankfurt weigert sich weiterhin ein Ersatzgelände zur Pacht oder Miete anzubieten. Er führt stattdessen die Wagenplatzleute mit zunehmender Brutalität an der Nase herum. Was will der Magistrat erreichen, wohin will er die Menschen drängen?<p> Wir fordern, den Bauwagenleuten unverzüglich ein angemessenes und akzeptables Gelände zur Verfügung zu stellen und die Demonstration der Arroganz der Macht sofort zu unterlassen.<p> Des weiteren fordern wir, sämtliche Strafverfahren bezügl. des Geländes Ginnheimer Str. 40 aufzuheben, da der polizeiliche Einsatz ungerechtfertigt und völlig unangemessen war.<p> Zum Dritten möchten wir unserer tiefen Empörung und unserem absoluten Unverständnis bezüglich des Umgangs mit dem Kleinkind und seinen Eltern Ausdruck verleihen. Wir alle haben Kinder, leben oder arbeiten mit ihnen. KeineR von uns konnte sich vorher eine solche Menschenverachtung in Frankfurt vorstellen: morgens um 6.00 Uhr wird ein 15 Monate alter Mensch durch lauten Lärm und einen minutenlang ins Gesicht gehaltenen Scheinwerfer brutal geweckt. Als er sehen kann sieht er seine Eltern mit gefesselten Händen, nicht imstande ihn in den Arm zu nehmen und zu schützen. Erst nach massiver Intervention werden der Mutter die Handfesseln abgenommen und sie kann zu ihrem Kind. Dem Vater wird weiterhin der Kontakt zum Kind verweigert. Mutter und Kind werden ins Präsidium gebracht, wo sie sich zwar innerhalb des Zellentraktes bewegen dürfen, aber erst nach 4 &#189; Stunden entlassen werden. Zu sagen wäre noch, dass die Polizei erst nach intensiver Intervention der Eltern und zweier Beamtinnen bereit waren, in dem Transportfahrzeug einen Kindersitz anzubringen. Das gab es bisher so nicht!<p> Es mag sein, dass in einer Stadt, in der der stellvertretende Polizeipräsident die Folter an Verdächtigen fordert, so etwas als normal angesehen wird. Für uns ist es das nicht!<p> Wir fordern alle Menschen und Organisationen dieser Stadt, die sich den Menschenrechten verpflichtet fühlen, dazu auf, aktiv zu werden und sich gegen einen solchen Umgang, der jeglichem menschlichen Empfinden und der Antifolterkonvention widerspricht, zu stellen, bei den entsprechenden Stellen zu intervenieren und jede Möglichkeit des Protestes und der Öffentlichkeit zu nutzen.<p> In tiefer Besorgnis<br> Antirassistische Gruppe Schwalbach<p> Wir fordern die Stadt Frankfurt dazu auf, sofort alle Strafverfahren fallen zu lassen, von der menschenverachtenden und unwürdigen Behandlung der WagenplatzbewohnerInnen sofort Abstand zu nehmen und den WagenplatzbewohnerInnen endlich ein geeignetes Gelände zur Verfügung zu stellen.

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Repression