Tumult bei der IG-Farben Hauptversammlung

Bericht über die Protest-Aktionen am 23. August 2000

Dem Gedenken an Hans Frankenthal – Überlebender von Auschwitz-Monowitz und einer der engagiertesten Kritiker der IG-Farben in Abwicklung – war die Protestkundgebung am 23.8.2000 anläßlich der Hauptversammlung in der Stadthalle Bergen gewidmet. Hans Frankenthal starb am 22.12.1999 im Alter von 73 Jahren. Esther Bejarano, ehemalige Leidensgenossin in Auschwitz, gedachte seiner in einer bewegenden Rede.

Derweil schlichen sich die Aktionäre und Aktionärsvertreter, geleitet und geschützt von Polizisten in Bürgerkriegsmontur, durch die Reihen der Demonstranten bzw. einen Hintereingang in den Versammlungsraum. Bemerkenswert durchaus das Interesse der Polizei, (sie hatte gar die Marktstraße doch noch als Kundgebungsort zugelassen), nicht allzu ruppig zu agieren. Zu Recht befürchtete sie wohl das derzeit verschärfte Medieninteresse.

Derlei Skrupel bewegten den versammlungsleitenden Aufsichtsratsvorsitzenden Krienke nicht. Im Gegenteil: Einem Kleinaktionär ließ er trotz seines Eingangsbekenntnisses, er sei Mitglied der „Vereinigten Rechten“ unter Protesten das Wort. Der nutzte es prompt zu der Bemerkung, er können „das ganze Getue um die Zwangsarbeiter nicht verstehen“. Den Versuch kritischer Aktionäre, den Nazi darauf hin am Reden zu hindern, vereitelte der private Ordnungsdienst durch Rausschmiss der jungen Antifaschisten. Anträge kritischer Aktionäre auf Auflösung der I.G. und sofortige Verwendung des Erlöses für die Opfer wurden abgeschmettert.

Nicht einmal den Beschluss der letzten Hauptversammlung zur Einrichtung einer Stiftung zur Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter kamen die Vorstände („Liquidatoren“ genannt) nach. „Rechtliche Gründe“ hätten diese (Alibi-)Einrichtung verhindert. Ansonsten hofft man auf und betreibt rechtlich die Rückgabe eines angeblich der I.G. zustehenden Schweizer Vermögens in Milliardenhöhe. Und hat somit Anlass, weiter zu liquidieren und zu spekulieren. Ach so: dem „Entschädigungsfond der Deutschen Wirtschaft“ mag man – ebenfalls aus „rechtlichen Gründen“ auch nicht beitreten.

Fazit: Das makabre „Business as usual“ der I.G. setzt sich fort. Kein Anlass also, die Kampagne gegen die IG Farben nicht fortzusetzen. Das Medienecho auf die Proteste war beachtlich.

Mehr Gewicht sollte die Kritik vor der nächsten Hauptversammlung dem Skandal widmen, dass der Mörderkonzern in städtischen Räumlichkeiten (Aufbau AG als Vermieterin) tagen darf.

Vielleicht kann sich ja eine künftige linke Stadtratsfraktion den Punkt schon mal vormerken ...ll

Weitere Informationen u.a. bei Dachverband Kritischer AktionärInnen http://ourworld.compuserve.com/homepages/Critical_Shareholders/

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Antifa/Zwangsarbeit