VHS-Privatisierung im Main-Kinzig-Kreis

(Un-)heimlicher Paradigmenwechsel Unter der Anleitung sozialdemokratischer Landräte und Bürgermeister werden derzeit flächendeckend sozialdemokratische Errungenschaften wie die Volkshochschulen zu Grabe getragen. Manchmal entsteht eher der Eindruck, dass sie zu Grabe gejagt werden.

Seit wann ist Volksbildung betriebswirtschaftlich zu kalkulieren?.

Da könnte ja auch gleich die Firma Yamaha kommen und den Main-Kinzig-Kreis als Schulträger zu verklagen, weil er für den Musikunterricht nicht nur bei der VHS sondern in Grund-, Haupt-, Real-, Sonder-, Gesamtschulen und Gymnasien, teilweise sogar noch im berufsschulischen Regelunterricht betriebswirtschaftlich nicht kalkulierte Räume zur Verfügung stellt. Und immer noch stellt das Land Hessen wettbewerbswidrig (Musik-) LeherInnen zur Verfügung.
So was bringt der Firma Yamaha Wettbewerbsverzerrungen! Also: den Musikunterrricht in den Schulen sofort privatisieren! Wer seine Kinder musisch fördern will, der soll auch marktgerechte Preise dafür zahlen! Und wer in der Schule keine musische Förderung erhielt, soll als Erwachsener für solchen Luxus im gesetzteren Alter gefälligst saftige Marktpreise zahlen.
Wer in der Schule die grundlegende Kulturtechnik EDV nicht vermittelt bekam, hat halt Pech gehabt und soll sich die Grundlagen aus eigener Tasche marktgerecht bezahlt im Nachhinein reinziehen!

Während in Frankfurt das Volksbildungsheim durch eine sehr bunte Koalition zum Volksverdummungheim umgewandelt wurde, schlachtet der Main-Kinzig-Kreis seine Kreisvolkshochschule vor dem Opferaltar freimarktwirtschaftlicher Deregulierung.

Und die Beruhigungspillen, die der Landrat per Pressemitteilungen verteilt, sind Plazebopackungen: der VHS-Kurs soll dann für "sozial Schwache" weiterhin über die Leistungen der Sozialämter gesichert werden? Wird dann der Deutschkurs oder der nachgeholte Hauptschulabschluss gegen nicht gezahltes Kleidergeld oder die Winterbrandbeihilfe aufgerechnet?

Wo der Landrat hinmarschieren wird, hat ihm die Kultusministerin mit ihrem neuen Schulgesetzt schon aufgezeigt: die Förderung der Deutschkenntnisse bei Kindern aus Immigrantenfamilien sind - so weit es keine 'Volksdeutschen aus Kasachstan sind - aus eigener Tasche zu zahlen, muttersprachlicher Unterricht (wurde abgeschafft) ist als Luxus ebenfalls selbst zu zahlen und das in Zukunft zu saftigen Kursgebühren einer flott privatisierten KVHS. Direkt neben das Fitness-Center, das Health & Beauty-Pool kommt dann ein Brain-Train-Center (ehemals KVHS). Über ein solches Image-Lifting dürften die dann marktgerecht gekündigten und/oder schlechter bezahlten KursleiteInnen jubeln. Das schafft Motivationsschübe. zumal das jetzt noch überwiegende Schmuddelklientel der schlechter verdienenden mit einem edleren Teil dieser Gesellschaft ausgetauscht würde.

Na und letztlich kann man sich aus den roten Zahlen verabschieden. Jährlich 2 Millionen DM Verlust muss nicht mehr sein.

Es stellt sich die Frage, wann die betriebswirtschaftlich-rechnerischen Verluste des öffentlichen Schulwesens so zur Schau gestellt werden. Das wäre dann ein guter Schub in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts vor der Einführung der allgemeinen Schulpflicht. Angesichts der aktuellen Entwicklung drohen nicht nur längst verblichene sozialdemokratische (Bildungs-)Politiker zu Tode zu erschrecken. Selbst der Alte Fritz würde darob in seinem neuen Grab routieren.

Und Gerhard Kadelbach? Der sollte seinem altsozialdemokratisch gestandenen Vater den Gefallen tun und dieses Schurkenstück nicht widerstandslos über die Provinzbühne gehen lassen.

Hartmut Barth-Engelbart

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