Wer Stadtteilbüchereien auflöst, leistet einen Beitrag zum Bildungsabbau!

Der GEW-Bezirksverband verfolgt mit wachsendem Ärger die Debatte um die Abwicklung der Stadtteilbüchereien. Der Zusammenhang mit der in der PISA-Untersuchung festgestellten mangelhaften Lesekompetenz wurde von der interessierten Öffentlichkeit schnell hergestellt und liegt auch nahe.

Weniger oft zitiert wird dabei die festgestellte soziale Spaltung unter den SchülerInnen: Gerade zu einer Zeit, wo die Arbeitslosigkeit zu- und die Realeinkommen der Arbeitnehmer abnehmen, wo Kinderarmut zunimmt, will die Römer-Koalition die kostengünstigen Bildungsmöglichkeiten in Form von Stadtteilbüchereien versperren. <br> Soll Sozialabbau durch Bildungsabbau noch verstärkt werden? Sollen Interessenten in die großen Kaufhäuser wie Hugendubel vertrieben werden, wo immerhin an 6 Tagen die Woche ganztägig in der allerneuesten Literatur geschmökert werden kann?<br> Es muss in diesem Zusammenhang auch daran erinnert werden, dass die Schuletats drastisch gekürzt wurden und weiterhin werden, so dass SchülerInnen, die nicht über entsprechende private Mittel zum Bücherkauf verfügen, buchstäblich in die Röhre gucken.<br> Während bei Büchern und Bibliotheken gestrichen wird, um in einigen Jahren möglicherweise 700.000 Euro für die Schuldentilgung abführen zu können, werden für PC-Hardware in Schulen und Kitas jährlich 6 Millionen Euro bereitgestellt. Aber auch hier stimmen die Proportionen nicht, weil über 90% der Mittel in die Hardware fließen statt in die technische und pädagogische Betreuung. <br> Wenn Stadtteilbüchereien nur wenige Tage und nur stundenweise geöffnet sind, stimmen auch hier die Proportionen nicht.<br> Clifford Stoll, der amerikanische PC- und Internet-Experte hat in seinem Buch Logout auf den Zusammenhang zwischen der Schließung von Bibliotheken und der Bedienung der PC-Industrie hingewiesen: &#132;Laptops sind weit kurzlebiger als Bücher ...Vergleichen Sie ein 10 Jahre altes Lehrbuch mit einem 10 Jahre alten Computer. Im Geschichtsbuch steht immer noch fast alles über die Geschichte der Menschheit &#150; die vergangenen 10 Jahre ausgenommen. Der 10 Jahre alte Computer arbeitet schlicht und einfach nicht mehr &#150; es gibt keine Software mehr für ihn, er gehört auf die Müllhalde.&#147; <br> In der Stadt der Buchmesse muss deshalb darauf hingewiesen werden, dass die Ausgaben für Schulbücher in den 90er Jahren in Deutschland um 33% abgenommen haben!<br> Es verwundert schon sehr, dass die Bildungsdezernentin in Frankfurt und mit ihr die 4-Parteien-Koalition im Römer eine massive Schließung von Stadtteilbüchereien vorschlägt und gleichzeitig die Schuletats zusammenstreicht, die hessische Kultusministerin dagegen den Ausbau von Schulbibliotheken propagiert und die Bundesbildungsministerin wiederum den Ausbau von Ganztagsangeboten anbietet. Stadt, Land und Bund scheinen auf ihren jeweiligen Inseln Politik zu machen. Von einer Verzahnung solcher Vorschläge sind wir jedenfalls Lichtjahre entfernt.<br> Eines sollte man die Schließung von Büchereien jedenfalls nicht nennen: Optimierung; weil dann nämlich auch noch das Vertrauen in die Sprache dahinschwindet.<br> GEW Bezirksverband Frankfurt, 20.02.03

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