"Zwangsarbeiter" oder "ausländische Arbeitskräfte"?
Das Frankfurter Institut für Stadtgeschichte spielt in der Zwangsarbeiter-Diskussion eine fragwürdige Rolle.
Hinweise darauf, welche Haltung der Verfasser des Aufrisses unter dem Deckmantel des genauen Forschers einnimmt. gibt ein Kernsatz: Auf den Begriff Zwangsarbeiter wird in voller Absicht verzichtet. Die Empfindung von Zwang ist subjektiv und läßt sich nicht ohne weiteres von anderen politischen und sozialen Mechanismen wie Macht, Kontrolle, Einfluß etc. eindeutig abgrenzen ... Denn auch Deutsche mußten nach der Verordnung zur Sicherstellung des Kräftebedarfs für Aufgaben von besonderer staatspolitischer Bedeutung Dienstverpflichtungen erdulden und empfanden dies als Zwang ... (S. 425)
Was soll das heißen: Zwang ist subjektiv? Zwang ist eine auf das Subjekt einwirkende Macht und die läßt sich bei Zwangsarbeit auch benennen: es war der gesamte nationalsozialistische Staats- und Parteiapparat inklusive Wehrmacht und die Zwangsarbeiter einsetzenden Kapitalisten mit ihrem Hilfspersonal.
Will Becht behaupten, die verschleppten Menschen, die gegen ihren Willen und gegen ihre Überzeugung und dazu noch unter wenn auch unterschiedlichen so doch meist unmenschlichen Bedingungen zur Arbeit für den deutschen Faschismus und den deutschen Eroberungskrieg gezwungen wurden, hätten das Alles nur nicht so schwer nehmen müssen? Schließlich standen sie doch Seite an Seite mit den dienstverpflichteten deutschen Arbeitern?
Zwang ist nicht subjektiv, und es gibt völkerrechtliche Definitionen von und Übereinkünfte über das Verbot von Zwangsarbeit. (z.B. von der IAO)
Soweit einige Anmerkungen zu dem Artikel, der wie ich meine die abwiegelnde und verharmlosende, ja die Täter schützende Rolle, die das Institut für Stadtgeschichte in der Zwangsarbeiter-Diskussion spielt, widerspiegelt.
Unter anderen beklagt das Institut für Stadtgeschichte die schlechte Quellenlage über die NS-Zeit. Die Initiative gegen das Vergessen hat Kulturdezernent Nordhoff auf einer Veranstaltung am 8. Mai mitgeteilt, dass sie Fragebögen an tschechische und polnische überlebende Zwangsarbeiter verschickt und etwa 130 auf Frankfurt bezogene Fragebögen zurückerhalten hat.
Die meisten der ehemaligen Zwangsarbeiter sind auch zu Interviews bereit. Die Stadt sollte sie schnellst möglich einladen. Herr Nordhoff hat zugesagt, dass dafür Geld zur Verfügung steht und eingesetzt wird.
udi