Zwei Todesfälle bei Abschiebungen mit Air France

by Jan Hoffmann veröffentlicht 13.03.2003 , zuletzt geändert 07.10.2007

<p>Kampagne "Deportation.Class - Gegen das Geschäft mit Abschiebungen" kündigt Protestaktionen an

Zwei Todesfälle innerhalb von nur drei Wochen. So lautet die traurige Bilanz des Abschiebegeschäfts der Fluggesellschaft Air France. Im Rahmen der Kampagne deportation. class - Gegen das Geschäft mit Abschiebungen wird mit Aktionen vom 7. bis 9 März 2003 in mehreren Städten und an mehreren Flughäfen Deutschlands gegen die Beteiligung der Air France am Abschiebegeschäft protestiert. Die AktivistInnen in Deutschland weiten damit die bereits in Frankreich begonnene Kampagne gegen Air France international aus (siehe http://www.noborder.org).

Am 30.12.2002 starb der 52jährige Argentinier Ricardo Barrientos bei seiner gewaltsamen Abschiebung in einer Maschine der Air France aus Paris-Roissy. Nur drei Wochen später, am 18.1.2003, wurde Mariam Getu Hagos, ein 24jähriger Somalier, bei seiner Abschiebung vom selben Flughafen getötet. Beide Männer waren nach Augenzeugenberichten gefesselt ins Flugzeug verbracht und dann mit Gewalt in eine vornübergebeugte Haltung gezwungen worden. Auf dieselbe Weise war am 28.5.1999 der Sudanese Aamir Ageeb bei der Abschiebung vom Frankfurter Flughafen getötet worden. Menschen- und Bürgerrechtsorganisationen fordern die eingehende Untersuchung der Todesfälle. "Nach vorliegenden Sachverständigengutachten über den lagebedingten Erstickungstod (postural asphyxia) ist bewiesen, dass die Atmung einer Person durch auf dem Rücken gefesselte Hände beeinträchtigt werden kann. Wenn in einer solchen Körperhaltung zusätzliches Gewicht auf den Rücken drückt - wie der Druck, der von einem Polizisten ausgeübt wird - können die Atmungsschwierigkeiten sogar noch verstärkt werden." (Amnesty International, Presseerklärung vom 22.1.2003. (http://web.amnesty.org/ai.nsf/recent/EUR210012003!Open)

Trotz zahlreicher Protestaktionen in Frankreich nach Bekanntwerden der beiden Todesfälle ist Air France offenbar nicht bereit, gewaltsame Abschiebungen zukünftig nicht mehr zuzulassen. Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 12.2.2003 wurde die togoische StaatsangehörigeDokpe Dikewu am 8.2.2003 bei ihrer Abschiebung mit einem Flugzeug der Air France von den begleitenden Beamten mißhandelt und erlitt erhebliche Verletzungen.

Abschiebungen aus Deutschland verhindert

Das es auch anders gehen kann, haben zahlreiche Aktionen in den letzten Wochen deutlich gemacht. Am Frankfurter Flughafen verhinderten AktivistInnen am 17. Februar die Abschiebung von Frau Ngesi Oginia Kuko über Paris nach Kamerun durch Air France (Frankfurter Rundschau vom 18.02.03). Sie konnten den Pilot überzeugen, dass dieser Flug gegen den ausdrücklichen Willen von Frau Kuko erfolgen würde. Am 20.2. wurde die Abschiebung des Angolaners Miguel D. Matos mit einer Maschine der portugiesischen TAP nach Angola verhindert. Auch hier weigerte sich der Pilot infolge des Protests von AktivistInnen der Kampagne "Deportation Class", den Zwangstransport durchzuführen.

Öffentlichkeitswirksame Kampagnen gegen das deportation business haben die europäischen Fluggesellschaften verunsichert. Spektakuläre Aktionen gegen die Deutsche Lufthansa AG haben dazu geführt, daß die Lufthansa die gewaltsame Durchsetzung von Abschiebungen inzwischen ablehnt. Die rumänische Fluggesellschaft Tarom hatte nach Protesten das Geschäft mit Sammelabschiebungen ganz aufgekündigt. Nach dem Tod des sudanesischen Flüchtlings Amir Ageeb an Bord einer Linienmaschine der Lufthansa im Jahr 1999 fordert auch die deutsche Pilotenvereinigung Cockpit inzwischen Flugkapitäne und Bordpersonal auf, sich vor jeder Abschiebung zu vergewissern, dass die sog. deportee" freiwillig fliegen (weitere Informationen: http//www.deportation-alliance.com).

Jan Hoffmann, Sprecher der Kampagne deportation.class - gegen das Geschäft mit Abschiebungen, 6. März 2003