IMI-Studie 2011/02 als Broschüre und Download: "Im Windschatten der NATO: Die Europäische Union und der Krieg in Afghanistan"
Entgegen anderslautender Versprechungen beabsichtigen die westlichen Staaten keineswegs, bis 2014 den Krieg in Afghanistan zu beenden, auch wenn dies gegenwärtig überall suggeriert wird. Vielmehr soll es bis dahin lediglich gelungen sein, die größten Teile der Kampfhandlungen auf einheimische Kräfte abzuwälzen. Dennoch werden auch über 2014 hinaus zahlreiche westliche Soldaten als „Rückversicherung“ im Land verbleiben und bei „Bedarf“ zur Unterstützung der pro-westlichen afghanischen Regierung in die Kämpfe eingreifen. Es ist also leider davon auszugehen, dass westliche Soldaten noch viele Jahre am Hindukusch Krieg führen werden.
Vor diesem Hintergrund und angesichts der Ende Januar 2011 anstehenden
Verlängerung des deutschen Afghanistan-Mandates im Bundestag soll die
vorliegende Broschüre die Kritik an dem Einsatz mit detaillierten
Informationen unterlegen. Dabei wird nicht nur die äußerst
problematische Rolle der NATO, sondern insbesondere auch Deutschlands
und der Europäischen Union in den Blick genommen.
Die Studie ist ein Kooperationsprojekt der IMI mit der EU-Abgeordneten
Sabine Lösing und erschien in der Reihe Informationen zu Politik und
Gesellschaft. Sie stellt eine umfangreich erweiterte und aktualisierte
Fassung der gleichnamigen Broschüre dar, die vor etwas mehr als einem
Jahr erschien.
"Im Windschatten der NATO: Die Europäische Union und der Krieg in
Afghanistan", Informationen zu Politik und Gesellschaft, Nr. 4/Januar
2011
Die Broschüre kann hier heruntergeladen werden:
http://imi-online.de/download/EU-Afghanistan2011-web.pdf
Die Kooperation ermöglicht es uns erfreulicherweise die Printversion der Broschüre kostenlos - gerne auch in größeren Stückzahlen - zu versenden (Die Webversion ist bis auf die Auflösung und geringfügige Änderungen mit der Printvariante identisch).
Bestellungen per Mail bitte an: sabine.loesing@europarl.europa.eu
Schriftlich: Sabine Lösing, MEP (z. H. Arne Brix), Verbindungsbüro
Europäisches Parlament / Europabüro, Unter den Linden 50, 10178 Berlin
Zusammenfassung:
Spätestens seit dem Ende des Kalten Krieges wurde die NATO in ein
Interventionsbündnis zur Durchsetzung westlicher Interessen
umfunktioniert. Der mit Abstand wichtigste derzeitige Einsatz findet in
Afghanistan statt, wo unter militärischer Besatzung das komplette
Gesellschafts- und Wirtschaftssystem entlang westlicher
Ordnungsvorstellungen neu aufgebaut werden soll. Obwohl die NATO
maßgeblich für die gegenwärtige Eskalation der Kampfhandlungen
verantwortlich ist, steht ein vollständiger Abzug nicht zur Debatte.
Denn, so die allgegenwärtige Befürchtung, sollte der Krieg nicht
"gewonnen" werden, hätte sich jeder weitere NATO-Einsatz auf viele Jahre
hinaus erledigt. Obwohl die EU-Staaten ihre Truppenanteile in den
letzten zwei Jahren bereits nahezu verdoppelt haben, drängt die
US-Regierung unter Barack Obama auf noch größere
Unterstützungsleistungen. Dem sind aber aufgrund der großen Skepsis
innerhalb der EU-Bevölkerung gewisse Grenzen gesetzt, weshalb eine
wesentliche Kompensationsleistung im Engagement der Europäischen Union
liegt.
Tatsächlich leistet die Europäische Union weitgehend unbemerkt einen
relevanten Beitrag bei der Besatzung Afghanistans. Dazu gehört zunächst
einmal die offizielle Unterstützung der NATO-Eskalationsstrategie,
insbesondere der nochmaligen Verschärfung seit dem Amtsantritt von
US-Präsident Barack Obama. Darüber hinaus hat die Europäische Union aber
auch wichtige Verwaltungsfunktionen übernommen und stellt damit einen
wesentlichen Teil des zivilen Arms der Besatzung. Vor allem drei
Bereiche sind hervorzuheben: die Rolle beim neoliberalen Umbau des
Landes; die konzeptionelle Vorarbeit, aber auch die finanzielle
Unterstützung der in Afghanistan praktizierten zivil-militärischen
Besatzungsstrategie; und schließlich der wichtigste Beitrag, die
EU-Rolle bei der "Afghanisierung" des Krieges: Mit der EU-Mission EUPOL
sollen die afghanischen Sicherheitskräfte massiv ausgebaut und in die
Lage versetzt werden, den Großteil der Kampfhandlungen künftig im
Alleingang übernehmen können. Dabei arbeitet die "zivile" EUPOL Mission
eng mit den vor Ort befindlichen NATO-Truppen zusammen.
Unabhängig also davon, dass sich die EU-Mitgliedsstaaten ohnehin
umfassend am NATO-Krieg beteiligen, spielt auch die Europäische Union
als Ganzes eine eigenständige und unrühmliche Rolle. Sie agiert dort
offensichtlich nicht alternativ, sondern ergänzend zum militärischen
Vorgehen der NATO und ist damit ein integraler Bestandteil der
Besatzung. Wie in vielen anderen Krisengebieten zeigt sich damit auch in
Afghanistan, dass von einer im Wortsinn zivilen – also eine
militärische Lösung ablehnenden – EU-Außenpolitik schon längst keine
Rede mehr sein kann.
http://imi-online.de/download/EU-Afghanistan2011-web.pdf
INHALTSANGABE
Vorwort
Zusammenfassung
Einleitung
Teil I: Afghanistan: Lackmustest für die NATO
1. Stationen der Eskalation: Vom Stabilitätsexport zur Aufstandsbekämpfung
1.1 Phasen der ISAF-Expansion
1.2 Aufstockung der Truppen
1.3 ISAF: Robuste Einsatzregeln zur Aufstandsbekämpfung
1.4 Eskalation in Afghanistan: Das Drama in Zahlen
2. Afghanistan und der Transatlantische New Deal – Das Beispiel Deutschland
2.1 Deutschland – Per Salamitaktik immer tiefer in den Krieg
2.2 Schritte über den Rubikon I: Tornado-Einsatz
2.3 Schritte über den Rubikon II: Die Quick Reaction Force
2.4 Schritte über den Rubikon III: Truppenerhöhung: Die Bundeswehr geht in die Offensive
2.5 Schritte über den Rubikon IV: Nochmalige Truppenerhöhung und explodierende Kosten
2.6 Afghanistan und die Zukunft der NATO
Teil II: Die EU und die Flankierung des Kriegs in Afghanistan
3. Die neoliberale Plünderung Afghanistans
3.1 Neoliberales Nation Building
3.2 Afghanistan Gmbh: Humanitäre Katastrophe und „gebundene Hilfe“
3.3 Guerillakrieg im Eigenbau
4. Prototyp Afghanistan: Zivil-militärische Besatzung und Aufstandsbekämpfung
4.1 PRTs in Afghanistan: Zivile unter der Fuchtel des Militärs
4.2 Von Helfern zu Kollaborateuren…
4.3 ... zu Anschlagszielen
4.4 Die Institutionalisierung des Comprehensive Approach
5. Sicherheitssektorreform: Die EU und die Afghanisierung des Krieges
5.1 EUPOL Afghanistan: Hilfe beim Aufbau der Repressionsorgane
5.2 NATO-A: Verzahnung von EUPOL und NATO
5.3 Afghanistans Zukunft: Autoritärer Militärstaat im Dauerbürgerkrieg
5.4 Planlos in Afghanistan
Fazit: NATO und EU: Zwei Seiten derselben (Kriegs)Medaille
http://imi-online.de/download/EU-Afghanistan2011-web.pdf
Jürgen Wagner