Klage vor dem Verwaltungsgericht gegen Kontrollstelllen und Aufenthaltsverboten bei Blockupy 2012

Heute (14.06.2013) wird ab 11:30 Uhr vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt wegen der Freiheitsentziehung durch Polizei-Kontrollstellen und Aufenthaltsverbote, im Zuge von Blockade 2012, verhandelt. Eine der Insassen aus einem der drei Berliner Busse, die am 17. Mai 2012 auf der Autobahnmeisterei Nieder-Eschbach rechtswidrig von der Polizei über mehrere Stunden festgehalten wurden, klagt vorm Verwaltungsgericht.

 

Der vertretende Rechtsanwalt Peer Stolle hat mit mehreren Anwältinnen und Anwälten eine Klageschrift gegen die Kontrolle, das etwa acht stündige Festhalten ohne richterlichen Beschluss und die Aufenthaltsverbote eingereicht. Peer Stolle hatte in diesem Jahr bereits vor dem Gießener Amtsgericht erfolgreich gegen die Ingewahrsamnahme von Insassen eines der anderen Berliner Busse geklagt. Die Frankfurter Polizei musste hier in mindestens acht Fällen bereits Schadensersatz von je 500 Euro zahlen.

Die Klagende des heute beginnenden Verfahrens fuhr gemeinsam mit 50 weiteren Insassen in einem Bus Richtung Frankfurt als dieser von der Polizei an einem vorbereiteten Kontrollpunkt von der A5 geschleust wurde. Fast fünf Stunden mussten die Reisenden unter der Aufsicht von gepanzerten Polizeibeamten im stickigen Bus auf ihren Sitzen verharren. Erst dann begann die Polizei mit der Identitätsfeststellung, bei der sie die Klagende und alle anderen Insassen, trotz Protest, einzeln abfilmte.

Anschließend erhielten alle Kontrollierten personenunabhängig Aufenthaltsverbote für die Frankfurter Innenstadt bis Mitternacht am 20.05.2012. Diese wurden vor und während Blockupy 2012 massenhaft verteilt und am Freitag der Aktionstage lediglich für Einzelne, die Einspruch eingelegt hatten, zurückgezogen. In der Berliner Klageschrift werden sie unter anderem als rechtswidrig angeprangert, da sie sich „auf keinerlei tatsachenbasierte Prognose“ stützten und insbesondere wegen dem dadurch ausgesprochenen Versammlungsverbot für den darauffolgenden Samstag unverhältnismässig waren.

Gerade mal 15 Tagen vor dem heutigen Verfahren gegen die Frankfurter Polizeipräsidium erging es Anreisenden aus Berlin ähnlich, als fünf Busse auf einer vorbereitenden Kontrollstelle in Butzbach festgesetzt wurden. Ein Bus musste halb gefühlt die Rückfahrt antreten, da sich darin Flüchtlinge befanden die wegen drohenden Verstößen gegen die Residenzpflicht ihr Versammlungsrecht in Frankfurt erst gar nicht wahrnehmen konnten.

Die Rote Hilfe e.V. unterstützt die nun laufende Präzedenzfallklage zum Schutz unverzichtbarer Grundrechte wie denen auf körperliche Unversehrtheit Versammlungs- und Bewegungsfreiheit. Mit Interesse wird eine erstinstanzliche Entscheidung über die polizeiliche Willkür im vergangenen Jahr erwartet. Ob diese durch ein früheres Terminieren des Verfahrens 2013 zu Blockupy eingeschränkter gewesen wäre, darf bezweifelt werden. Dass es allerdings erst zwei Wochen nach den antikapitalistischen Aktionstagen zu einer Verhandlung kommt und, abgesehen von Aufenthaltsverboten, dieselbe polizeiliche Schikane Anwendung fand, legt nahe wie wenig Interesse das Verwaltungsgericht an einer Klärung von Grundrechtseinschränkung durch die Polizei hat.

Pressemitteilung der Roten Hilfe Ortsgruppe Frankfurt am Main

Frankfurt/M., 14.06.2013

 

Entscheidung über die Klage vor dem VG nicht vor dem 1. Juli

In der heutigen einstündigen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt wurde die Entscheidung über die Freiheitsentziehung und das Abfilmen der Klagenden bis zum 1. Juli vertagt. Das Verfahren wird nun schriftlich weitergeführt.

Der Richter stellte fest, dass die Aufenthaltsverbote von der Frankfurter Polizei bereits für rechtswidrig erklärt wurden. Die entscheidende Frage dreht sich um die Verhältnismäßigkeit der Dauer der Buskontrollen, die rein zur Identitätsfeststellung polizeilich durchgeführt wurden, wobei die Klagende mit weiteren Insassen in einem der drei Busse über fünf Stunden verharren musste. Ihr Anwalt Peer Stolle widersprach der Darstellung des Beklagtenvertreters Vögler-Mesch, der den zeitlichen Aufwand rechtfertigte. Dabei standen, wie Anwalt Stolle darlegte, während der fünf Stunden zwanzig untätige Polizeibeamte in dem Bus und es sind ausreichend Beamte vor Ort gewesen, um die Personalienfeststellung zügiger durchführen zu können.

Die Frankfurter Einsatzleitung hätte aus Gründen der Gefahrenabwehr, auf Anraten der Berliner Polizei, die Kontrollen durchgeführt. Für Vögler-Mesch ergab sich alleine aus der Tatsache, dass 11 von 187 Personen an der M31-Demonstration 2012 teilnahmen, eine ausreichende Begründung für die Kontrollstelle. Bei M31 kam es nach seiner Ansicht zu „Entglasungen“, das wolle die Frankfurter Behörde nicht mehr dulden.

Zudem verteidigte der rechtliche Vertreter des Frankfurter Polizeipräsidiums das einzelne Abfilmen, inklusive Hochhalten der Personalausweise und Namensnennung, mit der Begründung des „Eigenschutzes“, da Demonstrierende oftmals behaupten würden, sie wären von Beamten „zusammengeschlagen und beleidigt“ worden.

Auch sei, nach dem polizeilichen Anwalt Vögler-Mesch, die Maßnahme der Kontrollstelle notwendig gewesen, um „Schutzwaffen“ zu finden. Dabei machte er gleichzeitig deutlich, dass auf Grund solcher „Schutzwaffen“ auch der massive Polizeieinsatz und die brutale Kesselung der Blockupy-Demonstration vor zwei Wochen gerechtfertigt gewesen sei. Daraufhin gab es im Publikum wütende Aufschreie, die er arrogant mit den Worten „ich gehöre zum arbeitenden Volk“ und dass er seine Freizeit lieber mit seinen Kinder auslebe statt zu demonstrieren, beantwortete.

Der Richter zeigte sich bei der Frage der Dauer der Freiheitsentziehung sowie der Rechtmäßigkeit des Abfilmen und Datenabgleiches durchaus kritisch gegenüber der polizeilichen Darstellung, räumte jedoch einer vorgegriffenen Gefahrenabwehr deutliche Spielräume ein.

Über eine Entscheidung nach dem fortgeführten schriftlichen Verfahren informieren Sie sich bitte beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main.

Weitere Informationen zu Repression, Polizeigewalt, Widerstand und Solidarität im Zusammenhang von u.a. Blockupy und M31 können Sie der Webseite der Rote Hilfe Ortsgruppe Frankfurt am Main entnehmen:

http://frankfurt.rote-hilfe.de

Pressemitteilung der Roten Hilfe Ortsgruppe Frankfurt am Main

Frankfurt/M., 14.06.2013