Wie zu hören ist, sollen sich AntifaschistInnen, die ein solches
Treffen für unmöglich halten, sich bereits um 09:00 Uhr dort treffen
und alle möglichen Foto- und Videokameras mitbringen, damit
dokumentiert werden kann, wer zu einem solchen Treffen denn erscheint.
Denn abgesehen von der Notwendigkeit, solchen Veranstaltungen überall
und immer entgegenzutreten, findet sie in einem lokalen Kontext statt,
der bemerkenswert ist:
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) hat nicht nur einen seriösen Ruf, sondern auch einen Redakteur für Fragen der Geisteswissenschaften, Lorenz Jäger, mit einem nur auf den ersten Blick etwas bizarren Hobby. Er interessiert sich für die Geschichte des Hakenkreuzes.
Dieses Interesse verbindet ihn mit Karlheinz Weißmann, im Zivilberuf evangelischer Religionslehrer am renommierten Gymnasium Corvinianum in Northeim
bei Göttingen und keineswegs von Berufsverbot bedroht, sondern vielmehr
Verfasser einer ganzen Anzahl von historisch-politischen Untersuchungen
(u.a. “Die Zeichen des Reiches” [1989], “Der Nationale Sozialismus”
[1998; lobende Rezension der FAZ
hier], “Alles was recht(s) ist: Ideen, Köpfe und Perspektiven der
politischen Rechten” [2000; zwei bezeichnende LeserInnen-Rezensionen hier].
Auch er interessiert sich, wie Vordenker Lorenz Jäger vom Frontblatt
des Neoliberalismus, sehr für die Geschichtes des Hakenkreuzes. Beide,
Jäger und Weißmann, kennen und schätzen einander. So sehr, daß sie ganz
erstaunt waren, als sie im Herbst 2006 feststellten, der jeweils andere
habe ja ein ganz ähnliches Buch geschrieben wie man selber! Was lag da
näher, als die beiden Bücher öffentlich und wechselseitig zu
präsentieren. Zeit und Ort des Geschehens: 7. Oktober 2006, Frankfurt,
Intercity-Hotel, Poststraße 8 (Nordseite Hauptbahnhof). In einem Bericht des “Instituts für Staatspolitik” darüber heißt es:
Hakenkreuz
geschrieben am Freitag 29 September 2006
Manchmal gibt es Zufälle, die - hätte man sie erfunden - unglaubhaft wirken würden.
Zufällig haben Karlheinz Weißmann und Lorenz Jäger (FAZ) über Jahre am selben, exotischen Thema gearbeitet und trotz einiger Gespräche und Begegnungen nichts vom Werk des anderen mitbekommen. Erst vor sechs Wochen stellten der Karolinger Verlag und mein Verlag (Edition Antaios) fest, daß wir zur Buchmesse in Frankfurt Bücher mit denselben Haupttiteln vorstellen würden:
Karlheinz Weißmann: Das Hakenkreuz. Symbol eines Jahrhunderts. Edition Antaios 2006
Lorenz Jäger: Das Hakenkeuz. Zeichen im Weltbürgerkrieg. Eine Kulturgeschichte. Karolinger Verlag 2006
Wir haben den Autoren die Satzbögen des jeweils anderen Buchs zur Lektüre überreicht und eine gemeinsame Präsentation organisiert. Sie findet am 7. Oktober von 10.00 bis 12.00 Uhr im Intercity-Hotel, Poststraße 8, gegenüber der Nordseite des Hauptbahnhofs Frankfurt statt. Weißmann stellt Jägers, Jäger stellt Weißmanns Buch vor. Wer teilnehmen möchte: Der Eintritt ist frei, und die Hakenkreuz-Bücher sind nicht die einzigen Neuerscheinungen, die präsentiert werden.
Schauen wir nur ein wenig tiefer, so stellen wir fest: das “Institut
für Staatspolitik”, laut Weißmann das “Reemtsma-Institut von Rechts”,
auf dessen Blog Götz Kubitschek den voranstehenden Bericht verfasst hat, ist eine “Denkfabrik der neuen Rechten” mit an der “Konservativen Revolution” orientierten antidemokratischen Ausrichtung. Es gilt als Nachfolgeorganisation des “Criticón” und als enger Bündnispartner der nach Rechtsaußen weit offenen “Jungen Freiheit“. Der Karolinger Verlag zu Wien veröffentlicht, worauf schon 2003 in einer Anfrage mehrerer Abgeordneter im Österreichischen Parlaments
hingewiesen wurde, nicht nur Bücher von FAZ-Journalisten, sondern auch
“Werke von Menschen, die sich selbst als Faschisten bezeichnen”,
nämlich Armin Mohler, den Weißmann in hohem Maße bewunderte,
aber vor allem auch die historischen Vorläufer von
Radikalkonservatismus und Faschismus, die in einer eigenen Reihe unter
dem völlig zutreffenden Titel “Bibliothek der Reaction” veröffentlicht werden.
Nachdem damit in knappen Strichen der ideologische Dunstkreis von gegen
die französische Revolution und ihre Werte gerichteten Reaktionären bis
hin zu offenen Faschisten und dem Interesse am Hakenkreuz benannt
wurde, der Persönlichkeiten wie Kubitschek, Weißmann (IfS), Mohler und
Jäger (FAZ) im groß- und bildungsbürgerlichen Milieu brüderlich
vereint, kann nun ermessen werden, wer da am 28. Juni in Frankfurt über
das Thema “Widerstand” ein “Kolleg” abhalten möchte, das folgendermaßen
beworben wird:
Kolleg-Reihe “Widerstand. Lage - Ziel - Tat”
Das IfS veranstaltet seine erste Kolleg-Reihe zum Thema “Widerstand” in- Frankfurt (Samstag, 28. Juni)
- Berlin (Samstag, 12. Juli)
- München (Samstag, 4. Oktober)
- Düsseldorf (Sonntag, 5. Oktober)Es referieren:
Frank Lisson: Lage - Zur Legitimität des Widerstands
Karlheinz Weißmann: Ziel - Unsere Politik
Götz Kubitschek: Tat - Konservative Aktion
In Berlin referiert zusätzlich Alain de Benoist über sein neues Buch “Identität” und in Frankfurt, München und Düsseldorf Felix Menzel über den Aufbau einer rechten Ikonographie.
Hintergrund der Veranstaltungsreihe ist offenbar die Aktion “ungebeten“, in deren an Methoden einer verballhornten Spaßguerilla orientierte Jungreaktionäre und -faschisten ganz im Stil der “Nationalen Wortergreifungsstratege”
der NPD (O-Ton dort: “NPD - Teil der europäischen Neuen Rechten”) sich
- eben “ungebeten” - auf Veranstaltungen linker Organisationen Zutritt
verschaffen und dort zu stören versuchen, in der Regel aber alsbald
hinausgeworfen werden. Diese eher harmlosen Aktionen werden in
typischen Manier der konservativen bis faschistischen
Täter-Opfer-Verkehrung narzistisch und anmaßend als “Widerstand”
stilisiert.
Es kann aber durchaus vorkommen, daß die Ungebetenen ihrerseits ungebeten Besuch erhalten.
Links zu weiteren Infos:
hier,
hier,
hier
und hier.
UND: auf der Webseite der Anti-Nazi-Koordination
http://www.antinazi.wordpress.com