Resümee des Ermittlungsausschuss Frankfurt zu den Aktionen gegen die Nazidemonstration am 18.6.2011 in Bergen-Enkheim

Mit einem Großaufgebot hat die Polizei am Samstag die Demonstration von etwa 50 „autonomen Nationalisten“ durch Bergen-Enkheim durchgesetzt. Antifaschistische GegendemonstrantInnen wurden von der Polizei durch Einkesselungen, Platzverweise und die weiträumige Absperrung der Naziroute daran gehindert, sich den Nazis massenhaft in den Weg zu stellen.

Im Laufe des Tages wurden 20 AntifaschistInnen vorübergehend in Gewahrsam genommen, aber größtenteils direkt vor Ort
wieder freigelassen.

Bereits vor dem offiziellen Beginn der Nazidemonstration wurden 70-80 GegendemonstrantInnen auf der Vilbeler Landstraße und in der Nähe der Leuchte von der Polizei eingekesselt und erst nach Identitätsfeststellungen, Durchsuchungen und Platzverweisen wieder aus dem Polizeikessel gelassen. Aus rechtlicher Perspektive erscheint
dabei sowohl das verdachtsunabhängige, d.h. präventive Abfotografieren der Eingekesselten als auch die Praxis, AntifaschistInnen trotz angemeldeter linker Versammlungen an der U-Bahnstation Enkheim Platzverweise für das „gesamte Stadtgebiet Bergen-Enkheim“ auszusprechen, fragwürdig.

Im Falle der uns bekannten Ingewahrsamnahmen in Enkheim nutzte die Polizei offensichtliche Lapalien als Gelegenheit, den
antifaschistischen Protest gegen die Neonazis zu kriminalisieren. So wurden mindestens vier Personen unter dem Vorwurf „Verstoß gegen das Versammlungsgesetz“ vorübergehend in Gewahrsam genommen, weil die BeamtInnen in ihren Sonnenbrillen, Halstüchern oder Schals das „Mitführen von Vermummungsgegenständen“ erkennen wollten. Durch
besondere Härte in der Behandlung eines Gegendemonstranten tat sich ferner die in Frankfurt bereits bekannte Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit 28 aus Lich hervor, die einen 16-Jährigen in der Nähe der Mahnwache in Gewahrsam nahm und bis zum Ende der Naziversammlung einsperren ließ, weil sie ihm vorwarf, sich nach einem Platzverweis nicht schnell genug entfernt zu haben.

Zu Festnahmen kam es auch nachmittags am Frankfurter Ostbahnhof, wo 14 AntifaschistInnen ein bis zwei Stunden in einem Polizeikessel festgehalten und zum Teil danach ins Polizeipräsidium gebracht wurden. Der Vorwurf der Polizei lautete, dass sie versucht hätten, „die Abreise der Teilnehmer des rechten Aufzuges zu stören“.

Der Ermittlungsausschuss Frankfurt ruft alle Kriminalisierten, die Ordnungswidrigkeits- oder Strafverfahren angedroht bekommen haben, dazu auf, Gedächtnisprotokolle anzufertigen und sich bei Fragen oder Beratungsbedarf in einer unserer nächsten Sprechstunden zu melden.

Im Hinblick auf die heute beginnende Innenministerkonferenz steht zu befürchten, dass die Durchsetzung der Nazidemo am Wochenende nur der Auftakt einer Woche der polizeilichen Kontrollen und Einschränkungen der Demonstrationsfreiheit von linken Gruppen sein könnte.
Wir rufen alle Leute auf, sich nicht von staatlichen Machtdemonstrationen beeindrucken zu lassen, sondern sich in
Bezugsgruppen zu organisieren und an den Aktionen gegen die IMK teilzunehmen. Zu den Demonstrationen am 22.6.2011 ist das EA-Telefon ab 16 Uhr erreichbar.

EA Frankfurt, 21.6.2011
http://ea-frankfurt.org/