Stadt verlangte für modernisierte Wohnungen zu hohe Fehlbelegungsabgabe

Die Klage einer Mieterin gegen die von der Stadt Frankfurt am Main festgesetzte Höhe der Fehlbelegungsabgabe endete jetzt mit einem vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof vorgeschlagenen Vergleich. Die Stadt muss nun für den Zeitraum Juli 2005 bis Juni 2008 ihre monatliche Forderung von € 161,- auf € 118,- kürzen und die Differenz zurückzahlen. Das Verfahren dauerte fast 4 Jahre, nachdem die Behörde die Bearbeitung verschleppt hatte und nach 2 Jahren erst eine Untätigkeitsklage gegen die Stadt die Sache vor Gericht bringen konnte.

Die Stadt hatte bei der Berechnung der Fehlbelegungsabgabe gegen den Grundsatz verstoßen, dass der Mietaufschlag nicht dazu führen darf, dass die Mietbelastung den Mietspiegelwert überschreitet. Dazu glaubte sich aber das Amt in solchen Fällen berechtigt, in denen Wohnungen modernisiert worden waren. Das Datum der Modernisierung wurde als Baualter zugrunde gelegt und durch ein jüngeres Baualter erhöht sich die ortsübliche Vergleichsmiete.
(Der Streit um eine Anpassung der Baualtersklasseneinstufung nach Modernisierungen ist fast so alt wie der Mietspiegel. Deshalb enthält z.B. der Frankfurter Mietspiegel auf Seite 6 die Erläuterung „Zum Baualter – Modernisierter Wohnraum“. Diese Richtlinie wurde von der Stadt aber nicht herangezogen und hätte hier im Übrigen keine Baualtersabweichung ergeben. Das Amt begründete den höheren Mietwert vielmehr mit den Kosten der Modernisierung.
Dieser Argumentation hatte sich erstaunlicherweise das erstinstanzliche Verwaltungsgericht Frankfurt am Main angeschlossen, ohne auf die einschlägige Regelung zur Baualtersklasseneinstufung im Gesetz (HessAFWoG, s.u.) einzugehen.)


Die Zugrundelegung eines jüngeren Baualters bei modernisiertem Wohnraum war nach dem Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs bis zum Jahr 2007 ausnahmslos unzulässig:
„In Anbetracht der eindeutigen und keiner anderen Auslegung zugänglichen gesetzlichen Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 4 HessAFWoG durfte bis zum Inkrafttreten der Regelung (Januar 2008, d.Vf.) des § 2 Abs. 5 Satz 3 AFWoG-AVO für die Bestimmung des Höchstbetrags nicht das Baualter der Wohnung, sondern lediglich das Jahr der Bezugsfertigkeit zugrunde gelegt werden…“

Die Fehlbelegungsabgabe gibt es seit 1996. Wir wissen nicht, seit wann und warum das Wohnungsamt zum Nachteil der Mieter von der gesetzlichen Regelung abweicht. Das Amt ist auch für den Mietspiegel zuständig. Bei der Erstellung des Mietspiegels wurde die Frage des Baualters modernisierter Wohnungen häufig problematisiert und (richtigerweise) entgegengesetzt geregelt. Offenbar ist es dennoch dazu gekommen, dass in größerer Zahl materiell rechtswidrige Bescheide über die Höhe der Fehlbelegungsabgabe erstellt wurden.

Rechtsfolgen für andere betroffene Fehlbelegungszahler modernisierter Wohnungen

a) Forderungen aus Zeiträumen bis Juni 2008
Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs ist zwar klar – für Forderungen aus bis Ende 2007 zugegangenen Bescheiden. Aber wie so oft gilt auch hier: „Rechthaben heißt nicht, Recht bekommen!“
Sollte die Stadt Frankfurt nicht aus politischen Gründen für Gerechtigkeit sorgen, befinden sich die Betroffenen in einer unsicheren Rechtslage, falls sie versuchen wollen, Rückforderungen gerichtlich durchzusetzen. Denn fristgerechte Widersprüche gegen die Bescheide sind die große Ausnahme. Die nachträgliche Anfechtung der Bescheide ist juristisch schwierig. Helfen könnte hierbei ggf. die obige klare Stellungnahme des Verwaltungsgerichtshofs zum Rechtsverstoß durch die Stadt sowie der Umstand, dass die Fehlbelegungsbescheide die Einstufung des Baualters nicht offen legten, aber gleichzeitig irreführend folgendermaßen belehrten:
„Um zu vermeiden, dass Ihr Haushalt durch die Abgabe höher belastet wird als in einer nicht geförderten Wohnung, darf die Ausgleichsabgabe zusammen mit der tatsächlich gezahlten Grundmiete (ohne Umlagen) die ortsübliche Miete für vergleichbaren Wohnraum nicht übersteigen. Daher findet immer ein Abgleich mit dem maßgeblichen Mietspiegel und der Höchstbetragsverordnung statt, wobei der für Sie günstigere Betrag zu Grunde gelegt wird.“

b) Rechtslage für jetzige und künftige Fehlbelegungsabgabenbescheide
Die heute aktuellen Bescheide haben eine Laufzeit vom Juli 2008 bis Juni 2011. Die nächsten Bescheide, gegen die ein Widerspruch künftig eingelegt werden kann, werden also im Jahr 2011 vorliegen.
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat darauf hingewiesen, dass ab 2008 eine etwas geänderte Rechtslage gilt. Ab 2008 wurde in die Ausführungsverordnung folgende Regelung aufgenommen:
Wurde eine Wohnung so umfangreich modernisiert, dass sie nach Ausstattung und Beschaffenheit nahezu einem Neubau entspricht, ist sie ab dem Jahr des Abschlusses der Modernisierungsmaßnahmen in die diesem Jahr entsprechende Baualtersklasse einzuordnen. (§ 2 Abs.5 AFWoG-AVO)

Für Bescheide ab Juli 2008 kommt es also auf eine Einzelfallprüfung des baulichen Zustands an, sofern die Stadt das Baualter „verjüngen will“. Ausstattung und Beschaffenheit der Wohnungen müssten begutachtet werden. Solche Einzelfallprüfungen, die die Stadt durchführen müsste, sind aber angesichts der Vielzahl der Fälle modernisierter Wohnungen zu aufwendig und stehen zu den Einnahmen aus der Fehlbelegungsabgabe in keinem Verhältnis.

Für die betroffenen Mieter gibt es auch bezüglich des Bescheids 2008 bzw. ggf. bezüglich des Bescheids 2011 keine Rechtssicherheit:
Ohne fristgerechten Widerspruch gegen den Bescheid zum Juli 2008 ist die Rechtslage für die betroffenen Mieter, die jetzt noch dagegen vorgehen wollen, natürlich schwierig.
Besser ist die Erfolgsaussicht für einen künftigen (fristgerechten) Widerspruch gegen den Bescheid 2011, sofern die Stadt ihre Berechnungsmethode für das Baualter modernisierter Wohnungen bis dahin nicht ändern sollte. Wir hoffen jedoch, dass das Problem baldmöglichst politisch gelöst wird.

MIETER HELFEN MIETERN fordert die Stadt Frankfurt auf, den Schaden bei den betroffenen Mietern wieder gut zu machen und (ggf. auf Antrag) die Beträge zurückzuzahlen, die von den Mietern widerrechtlich verlangt wurden.
Künftig sollte die Mietobergrenze in normalen Fällen am Jahr der Bezugsfertigkeit orientiert werden. Nur bei außergewöhnlichen Anhaltspunkten könnte eine Begutachtung wegen der Frage der Einstufung in eine jüngere Altersklasse zweckmäßig sein.


Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Lutz

MIETER HELFEN MIETERN Frankfurt e.V.
Große Friedberger Straße 16-20
(an der Konstabler Wache)
60313 Frankfurt am Main
Tel. (069) 28 35 48

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