Film: Fritz Bauers Erbe – Gerechtigkeit verjährt nicht

Der Dokumentarfilm zeigt anhand der jüngsten Prozesse zum „KZ Stutthof“, wie sich die Rechtsauffassung geändert hat.

Wann

01.05.2023 von 18:30 bis 20:00 (Europe/Berlin / UTC200)

Wo

Filmforum Höchst, Emmerich-Josef-Str. 46a

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Lange hatte die deutsche Justiz den sogenannten „Einzeltatnachweis“ verlangt, der bei den meisten Tätern des Holocaust nur schwer zu erbringen ist. Dabei wollte Generalstaatsanwalt Fritz Bauer schon im Frankfurter Auschwitz-Prozess 1963 beweisen, dass alle am Holocaust Beteiligten schuldig seien. Doch über Jahrzehnte hat die Justiz das anders gesehen.

Bewegende Berichte von Überlebenden machen deutlich, wie wichtig diese Gerichtsverfahren für sie sind.

Im Jahr 2020 wird der 93-jährige Bruno D. durch das Hamburger Landgericht schuldig gesprochen. Die Taten, die ihm zur Last gelegt werden, liegen mehr als 75 Jahre zurück. Bruno D. hat als SS-Wachmann im Konzentrationslager Stutthof gedient. Und sich damit zum Mittäter gemacht. Doch wie ließ sich diese Mittäterschaft nachweisen? Und warum ist dies nicht schon längst geschehen?

In ihrem Film gehen Isabel Gathof, Sabine Lamby und Cornelia Partmann mit Akribie diesen Fragen nach und begleiten mit großem Einfühlungsvermögen die Opfer des NS-Terrors bei ihrer Suche nach Gerechtigkeit.
1963 brachte der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer den ersten Prozess gegen Angehörige der SS-Wachmannschaft des Konzentrationslager Auschwitz auf den Weg. Erst durch sein unerbittliches Engagement konnten die Täter von damals wirklich angeklagt werden und das Gesamtgefüge der vielen untergetauchten Mittäter wurde ans Licht der Öffentlichkeit gebracht. Doch wie sind die folgenden Generationen mit diesem Erbe Fritz Bauers umgegangen?

Mehr als 75 Jahre nach dem 2. Weltkrieg stehen sie vor Gericht: Die ehemaligen SS-Männer wie John Demjanjuk, Oskar Gröning, Johann R. und Bruno D. sind exemplarisch für ein Jahrzehnt andauerndes Scheitern der deutschen Justiz in der Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsozialismus. Die Filmemacherinnen arbeiten diese Rechtsfälle mit akribischer Sorgfalt und investigativer Recherche auf. Die Gespräche mit Rechtsexpert*innen sind erhellend und trotz der Komplexität des schwierigen Themas kann man gut folgen. Doch bilden die vielen Informationen nur den erzählerischen Rahmen eines Dokumentarfilms, in dessen Zentrum der Prozess gegen Bruno D. steht – und damit auch die Anwälte, die Opfer und Zeitzeugen von damals und die mühsamen justizialen Anstrengungen.

Man spürt, wie nahe die Filmemacherinnen an ihrem Thema sind und wie groß das Vertrauen ist, das sie zu den spannenden Protagonist*innen aufbauen. Ganz gleich, ob es sich um einen der vielen engagierten Anwälte handelt, der nach Israel reist, um die Stutthof-Überlebende Roza Bloch als Zeugin zu gewinnen, oder um den Enkel von Judy Meisel, einer Nebenklägerin aus den USA, der den kompletten Prozess gegen Bruno D. in Hamburg vor Ort begleiten möchte, um seiner Großmutter alles zu berichten. Diese Verbindung der persönlichen und berührenden Geschichten mit der unschätzbaren Größe und Bedeutung dieses Prozesses ist es, die den Film zu einem unschätzbar bedeutsamen Zeitdokument werden lässt. Und darüber hinaus zu einem hochgradig spannenden Dokumentarfilm.

(Isabel Gathof | DE 2022 | FSK 12 | 98 Min.)

Am Fr 28.04., So 30.04. und Mo 01.05. um 18:30 Uhr.

Eintritt: 7 / 3,50 €

Kartenreservierung: 069 212 45 714 oder filmforum.vhs@stadt-frankfurt.de