Kolumbien zwischen mafiösem Staat und sozialem Aufstand

Kultureller Filmabend und Gespräch in Anwesenheit von Daniel Mendoza, Regisseur der Doku-Serie „Matarife“

Wann

07.11.2021 von 18:00 bis 21:00 (Europe/Berlin / UTC100)

Wo

Internationales Theater Frankfurt, Hanauer Landstr. 5-7 (Zoo-Passage)

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Kolumbien erlebt seit Monaten einen der größten sozialen Aufstände seit Jahrzehnten, für ein Leben in Würde und gegen die staatliche und paramilitärische Gewalt. Die rechte Regierung geht dabei äußerst repressiv gegen die Protestbewegung vor. Oppositionelle werden verschleppt, getötet oder ins Exil vertrieben. Einer von ihnen ist der Journalist und Dokumentarfilmer Daniel Mendoza.

Mendoza musste vor circa einem Jahr aufgrund seiner Internet-Doku-Serie „Matarife“ (Der Präsident als Schlächter) nach Europa fliehen. Die Serie dokumentiert die kriminellen Verstrickungen der kolumbianischen Regierung in den Drogenhandel und die Verbindung der Herrschenden zu den Paramilitärs. Im Fokus steht der Anführer der Regierungspartei und prominenteste Vertreter der Rechten: Ex-Präsident Álvaro Uribe. Die Serie entlarvt ihn als Schlüsselfigur hinter den Menschenrechtsverbrechen der letzten drei Jahrzehnte.

Trotz dieses offenen Geheimnisses waren Uribes Machenschaften in den Leitmedien zu keiner Zeit ein Thema. Die starke Kritik der Opfer wurde totgeschwiegen. Die Internet-Serie „Matarife“ brach mit diesem Tabu. Darin nennt Mendoza Uribe einen „Massenmörder“, „Paramilitär“ und „Soziopathen“. Mit Aufruf-Rekorden schlug die Serie online ein wie eine Bombe. Die Todesdrohungen gegen Mendoza ließen daraufhin nicht lange auf sich warten. Der Umgang mit Mendoza steht exemplarisch für die Zensur der kolumbianischen Medien. Der Regisseur wiederum ist Teil einer wachsenden Opposition, die gegen alle Einschüchterungsversuche das Schweigen über die Verbrechen der Landeseliten bricht.

Im Rahmen einer Rundreise in Deutschland macht Mendoza nun Station in Frankfurt. Der Abend bietet allen Interessierten die Möglichkeit, mehr über die aktuelle Situation in Kolumbien zwischen Gewalt von oben und sozialem Aufbruch von unten im Kampf für Pressefreiheit, Frieden und Gerechtigkeit zu erfahren und sich mit dem Regisseur über seine Serie auszutauschen und zu diskutieren.

Erster Film: “Matarife, un genocida innombrable”
(übers.: Schlächter, ein nicht nennbarer Massenmörder)

(1. Staffel, 1. Folge, 7 Min.)
Ein Mann ist einem mächtigen kriminellen Apparat auf der Spur. In einem Raum, vollgestopft mit Ordnern, Mappen und Fotos von berühmten Drogenhändlern und Politikern, verfolgt er am PC entsetzt Videos von Opfern der Paramilitärs. Er ist Daniel Mendoza. Seine Stimme erzählt aus dem Off von einem exklusiven Club, in dem der Oberchef der Paramilitärs trotz laufender Haftbefehle ganz ungestört am helllichten Tag frei herumläuft. Es geht um die Nullerjahre. Der Erzähler deckt auf, wie es dazu kommen konnte. Auf einer Ermittlungswand beginnt er, rote Fäden zwischen dem Club, dem Paramilitär und dem damaligen Präsidenten Álvaro Uribe zu spannen. Mit diesem siebenminütigen Film startet die erste Staffel der erfolgreichen Online-Doku-Serie „Matarife“.

Zweiter Film: “Señor masacre: La empresa”
(übers.: Herr Massaker: Das Unternehmen)

(2. Staffel, 7. Folge, 42 Min.)
Mendoza erinnert an eines der fürchterlichsten Massaker der kolumbianischen Geschichte, als 450 Paramilitärs des sogenannten „Nordblocks“ im Jahr 2000 die Gemeinde El Salado sechs Tage lang besetzten und 60 Personen durch bestialische Folterrituale umbrachten. Sie vergewaltigten Frauen mit Stacheldraht, zerstückelten Menschen bei lebendigem Leibe, köpften Kinder und zwangen alle Einwohner:innen zuzuschauen. Eine Überlebende erzählt vor der Kamera zitternd, wie sie den kopflosen Körper des Bruders nach Hause trug, während ihre Mutter den Kopf mitnahm.
Dies sei nur eins der 333 Massaker des Nordblocks, berichtet Mendoza. Dessen Chef „Jorge 40“ kommt nun auf die Ermittlungswand. Nach und nach deckt Mendoza zahlreiche Verbindungen zwischen dem berüchtigten Chef der Paramilitärs und dem damaligen Präsidenten Álvaro Uribe auf.

Eintritt: 10 € (3G, coronakonform)
Karten an der Abendkasse oder online auf https://internationales-theater.de