CDU/CSU - Bundestagsfrakion für Sexkaufverbot und Bordellschließungen

Am 7. November 2023 will die CDU/CSU-Bundestagsfraktion als erste Fraktion beschließen, für ein Sexkaufverbot und für ein Verbot von Prostitutionsstätten in Deutschland einzutreten.

Doña Carmen e.V., Verein für die sozialen und politischen Rechte von Prostituierten, widerspricht einem solch reaktionär-konservativen Ansinnen ganz entschieden und fordert die CDU/CSU auf, auf den Boden einer rationalen Auseinandersetzung zurückzukehren.

Die rechtliche Anerkennung von Prostitution als Beruf ist unumkehrbar. Nicht die Legalisierung der Prostitution ist gescheitert, wie die CDU/CSU behauptet, sondern die Halbherzigkeit, mit der sie im Prostitutionsgesetz (2002) und im Prostituiertenschutzgesetz (2017) auf den Weg gebracht wurde.

Die Untauglichkeit des Versuchs, nun auch im Bereich der Prostitutionspolitik den gesellschaftspolitischen Rückwärtsgang einzulegen, zeigt sich an der ganz und gar unseriösen Art des Verdrehens von Tatsachen, die sich die CDU/CSU seit geraumer Zeit auf diesem Gebiet leistet.

Fakt ist: Die CDU/CSU-Kampagne für ein Sexkaufverbot basiert auf vier Lebenslügen, die auch durch ihre permanente Wiederholung nicht wahrer werden:

  1. „Hunderttausende Frauen in der Prostitution sind Opfer von Zwangsprostitution"

Eine glatte Lüge! Bei rund 90.000 in Deutschland tätigen Sexarbeiter*innen gab es 2021 in Bezug auf Zwangsprostitution gerade einmal 300 mutmaßliche Opfer und nur 43 gerichtliche Verurteilungen. Das Täter-Opfer-Verhältnis liegt bei eins zu eins. 

  1. „Totale Abhängigkeit von den Zuhältern": „Eine sechsstellige Zahl von Frauen ist in der Abhängigkeit von Zuhältern."

Erneut ein Lügenmärchen! Gab es im Jahr 2000 noch 1.304 Opfer von Zuhälterei, so ist diese Zahl im Jahre 2022 laut Polizeilicher Kriminalstatistik auf 158, also um 88 % gesunken! Die Zahl der ermittelten Tatverdächtigen belief sich auf grade mal auf 114 Personen. Lediglich 8 Personen wurden zuletzt pro Jahr wegen „Zuhälterei" verurteilt.

  1. „Prostitution wird in weiten Teilen von Strukturen der Organisierten Kriminalität wie Banden- und Clankriminalität beherrscht"

Tatsache ist: Im Jahr 2022 entfielen lediglich 6 von insgesamt 639 OK-Ermittlungsverfahren in Deutschland auf den Bereich des Prostitutionsgewerbes. Mit einem 0,9-%-Anteil an allen OK-Verfahren landet das Prostitutionsgewerbe damit weit abgeschlagen auf Rang zwölf von insgesamt dreizehn „Hauptdeliktsbereiche der OK". Ein neuer historischer Tiefpunkt! Die OK-Kriminalität im Prostitutionsgewerbe sank damit sowohl absolut als auch relativ.

Waren im Jahr 2000 noch 86 von 854 OK-Verfahren im Prostitutionsgewerbe (10,1 %), so waren es im Jahr 2022 lediglich 6 von 639 Ermittlungs-Verfahren (1,9 %).

  1. „Das Leben der Prostituierten ist zerstört, während der Menschenhandel blüht.

Das einzige, was hier wirklich blüht ist die Fantasie der CDU/CSU-Fraktion. „Menschenhandel ist in den letzten 22 Jahren um 86 % rückläufig, von 1.197 mutmaßlichen Opfern (2000) auf zuletzt 165 mutmaßliche Opfer im Jahr 2022. Im Jahr 2021 gab es ganze 15 Verurteilungen zu „Menschenhandel" in Deutschland.

Der Rückgang registrierter Kriminalität im Prostitutionsgewerbe muss mit Blick auf seine bisherige Dauer – rund ein Vierteljahrhundert – als nachhaltig bezeichnet werden. Der Rückgang registrierter Kriminalität im Zeitraum 2000 bis 2022 Muss mit Blick auf mit Raten von über 80 % bei den einzelnen, maßgeblichen Kennziffern als massiv bezeichnet werden. Mit Blick auf das bislang erreichte, als niedrig einzustufende Level der Kriminalität im Prostitutionsgewerbe – die Zahl der jährlich dort Verurteilten bewegt sich mittlerweile zwischen gerade einmal 70 und 90 Personen – muss der eingetretene Rückgang als substanziell bewertet werden. Hinzu kommt nun, dass die „prostitutionsspezifische Kriminalität" in den letzten zwei Jahrzehnten nicht nur um mehr als 80 % eingebrochen ist, sondern von dieser verbliebenen Fällen der Kriminalität sich obendrein nur rund 16 % vor Gericht bestätigen lassen.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen erweist sich die Parteinahme der CDU/CSU für ein Sexkaufverbot als schäbige und billige Effekthascherei auf Kosten der Sexarbeiter*innen.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion sollte sich schämen, anstatt die Öffentlichkeit mit ihren Tatsachenverdrehungen zu belästigen!

Pressemitteilung 7.11.2023