"Es reicht! Wir haben Platz!"

In einem breiten Bündnis ruft PRO ASYL für Sonntag zu Demonstrationen in Berlin, Köln und München auf

·  Über 60 Organisationen fordern sofortige Evakuierung aller griechischen Lager
·  Demonstration am Sonntag 20.09. in Berlin (14 Uhr, Wittenbergplatz), in München (14 Uhr, Goetheplatz), in Köln (15 Uhr, Neumarkt)
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  Weitere Demos in Paris, Lissabon, Prag, Birmingham, Stockholm

Über 60 Initiativen und Organisationen haben sich dem Aufruf "Es reicht! Wir haben Platz!" angeschlossen, darunter die Evangelische Kirche Deutschlands, PRO ASYL, Migrantifa, Brot für die Welt, die Diakonie, der Paritätische, Seebrücke, Women in Exile, Deutscher Kinderschutzbund und Fridays for Future, Seenotrettungsorganisationen und der RAV. Das Bündnis übt scharfe Kritik an der Politik der Bundesregierung und der Europäischen Union.

Die Europäische Union hat die vor Gewalt und Terror geflohenen Menschen jahrelang unter menschenunwürdigen Bedingungen festgesetzt. In Moria auf der griechischen Insel Lesbos haben nun 13.000 Menschen mit einem Schlag ihr letztes Dach über dem Kopf verloren. Sie müssen bei Hitze und fehlender Versorgung mit Wasser und Nahrung unter freiem Himmel kampieren.

Mit Demonstrationen in Berlin, München und Köln, begleitet von weiteren Protesten in ganz Europa, fordert das Bündnis stattdessen die sofortige Evakuierung aller Menschen aus den griechischen Lagern. Es reicht! Wir haben Platz!

Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL macht deutlich: "PRO ASYL befürchtet, dass das Recht auf Asyl zur unerreichbaren Fatamorgana wird. Brutale Pushbacks in der Ägäis, Haftlager an der Grenze, Verweigerung des Zugangs zu fairen Asylverfahren und Abschiebungen nach Grenzverfahren drohen Verfolgte schutzlos zu stellen.
Lager wie Moria nehmen den Menschen ihre Würde und ihre Rechte. Die Brandkatastrophe instrumentalisierend plant die EU die Errichtung von EU-Hotspots in neuem rechtlichen Rahmen. Es darf kein Moria 2.0, keine Hotspots unter europäischer Flagge geben! Wir rufen zu den Demonstrationen auf: Für das Recht auf Schutz und Asyl!"

Tareq Alaows von der Seebrücke sagt: "Wir sprechen im Jahr 2020 immer noch von Lagern, in denen Menschenrechte mit den Füßen getreten werden. Die Bundesregierung versagt, sie muss endlich Abstand von ihrer Abschottungspolitik nehmen. Es ist Zeit, dass Kanzlerin Merkel endlich wieder für Menschenrechte eintritt. Deutschland muss vorangehen und ALLE Menschen aus Moria aufnehmen".

Simin Jawabreh & Nerges Azizi von Migrantifa mahnen: "Die migrationsfeindliche Abschottungspolitik der EU reiht sich in ein System, das in kolonialer Kontinuität zwischen Menschen mit Rechten und Menschen ohne Rechten unterscheidet. Schafft Lager und tödliche Grenzen ab – für ein menschenwürdiges Leben für Alle!"

Miriam Tödter von Wir packen's an e. V.: "Die Lager müssen aufgelöst werden! Wir wollen keine neue Zeltstadt bauen, wo die Menschen wieder in einer solchen Hölle leben, nur wenige Meter weiter."

Aufruftext für die Demo

Es reicht! Wir haben Platz!
Am 20. September gehen wir, die solidarische Zivilgesellschaft, auf die Straße und sagen laut und klar: Es reicht! Wir haben Platz!

Das Geflüchtetenlager Moria auf der griechischen Insel Lesbos ist abgebrannt, aber die Situation brennt schon lange. Zehntausende Menschen müssen seit Jahren in völlig überfüllten Lagern, in Dreck und Hoffnungslosigkeit auf den ägäischen Inseln ausharren.

Wir sind entsetzt, dass die EU die neueste Eskalation in Moria trotz vielfacher Warnungen hat geschehen lassen. Die unmenschlichen Bedingungen in den Lagern an den europäischen Außengrenzen sind politisch gewollt. Wenn die Regierung nach dem Covid-19-Ausbruch alle deutschen Tourist*innen über Nacht evakuieren konnte, kann sie das Gleiche für alle Menschen aus Moria tun.

Darum sagen wir: Es reicht! Alle Menschen können und müssen jetzt evakuiert werden! Die Zeit des bequemen Verweisens auf eine nie kommende europäische Lösung ist vorbei. Das Leben von Menschen darf nicht weiter als politisches Spiel benutzt werden. Bundeskanzlerin Merkel kann sich nicht länger hinter Innenminister Seehofer verstecken, wenn im Namen Deutschlands unmenschlich gehandelt wird! Die von ihr geführte Bundesregierung muss endlich Verantwortung übernehmen und sich zur Aufnahme ALLER Menschen aus Moria bereiterklären. Wir lassen nicht locker und finden uns mit dieser Politik nicht ab. Wir stehen weiter ein für Mitmenschlichkeit und Solidarität – mit ALLEN Menschen.

Deutschland kann – und muss – JETZT vorangehen! Und zwar mit wirklichen Lösungen, und nicht in Form neugebauter Lager an den Außengrenzen. Ein weiteres Moria darf es nicht geben.

Denn: Wir haben Platz, und der Wille ist da: Über 170 Städte und Kommunen sind allein in Deutschland bereit, jetzt sofort Menschen aufzunehmen. Vor wenigen Wochen starteten Berlin und Thüringen eigene Landesaufnahmeprogramme, Bremen schließt sich in Kürze an. Unsere Kommunen, unsere Städte, unsere Landkreise, unsere Kirchengemeinden – unsere Zivilgesellschaft will Menschen aufnehmen! Aber all diese Initiativen werden von der Bundesregierung blockiert. Das muss ein Ende haben!

Wir fordern:

1. Sofortige Evakuierung des Lagers Moria und ALLER Lager!
2. Deutschland muss bei der Aufnahme vorangehen!
3. Aufnahmebereitschaft der Kommunen und Länder nicht länger blockieren!
4. Paradigmenwechsel in der Migrationspolitik!

Deswegen gehen wir am 20. September in Köln um 15 Uhr alle gemeinsam auf die Straße und sagen laut und klar: Es reicht! Wir haben Platz!

Pro Asyl, Presseerklärung, 18. September 2020