Widersprüchliches Urteil im Flughafenprozess: Amtsgericht Frankfurt spricht Ausbaugegnerin in vier Fällen „ein bisschen schuldig“
Nach drei Verhandlungstagen und über zwanzig Verhandlungsstunden hat das Amtsgericht Frankfurt gestern am späten Abend die ROBIN WOOD-Aktivistin Cécile Lecomte zu einer Strafe von 120 Euro verurteilt. Damit erklärt das Gericht die Umweltschützerin wegen Hausfriedensbruchs in drei Fällen und Nötigung in einem Fall für schuldig.
Doch die Strafe
ist mit insgesamt 15 Tagessätzen à acht Euro so gering bemessen,
dass es kaum
möglich ist, Rechtsmittel dagegen einzulegen. Bei einem
Strafmaß von bis
zu 15 Tagessätzen ist die Berufung nur zulässig, wenn sie
vom
zuständigen Oberlandesgericht angenommen wird. Gegen die
Verweigerung
der Annahme haben die Berufungsführenden kein eigenes
Rechtsmittel.
Die Umweltschützerin war angeklagt wegen zwei
Kletteraktionen im
Kelsterbacher Stadtwald, der Anfang 2009 für den Ausbau
des Frankfurter
Flughafens gerodet werden sollte. Strafantrag wegen
Hausfriedensbruch
hatte die Fraport AG gestellt. Der Wald gehörte jedoch der
Stadt
Kelsterbach, Fraport hatte lediglich eine vorläufige
Besitzeinweisung.
Nach Ansicht der Verteidigung beinhaltet diese nicht das
Hausrecht,
damit entfiele die Grundlage für den Strafantrag.
Bei einer der Kletteraktionen soll der Fahrer einer
Baumfällmaschine
genötigt worden sein. Vom angeblichen Nötigungsopfer,
einem rumänischen
Waldarbeiter, lag keine bestätigende Zeugenaussage vor.
Nach der
Zeugenaussage eines Polizisten befand sich der
Maschinenführer gerade in
der Mittagspause und die Arbeiten hätten ohnehin geruht.
Der dritte
Hausfriedensbruch bezieht sich auf eine Kletteraktion im
Dach des
Frankfurter Hauptbahnhofs.
„Das ist ein politisches Urteil, denn es kriminalisiert den Widerstand
gegen den Ausbau des Frankfurter Flughafens“, sagt Cécile Lecomte. „Das
Gericht spricht mich schuldig, bemisst aber die Strafe so, das ich es
nur schwer juristisch anfechten kann.“ Strafmaß und Prozessaufwand sind
offensichtlich unverhältnismäßig. „Der Berg hat gekreißt und eine Maus
geboren. Nach diesem Verhandlungsmarathon signalisiert das geringe
Strafmaß vor allen, dass das Gericht selbst nicht an die Bestätigung des
Urteils durch die nächste Instanz glaubt,“ ergänzt Monika Lege,
Verkehrsreferentin von ROBIN WOOD.
Von Mai 2008 bis zur Räumung im Februar 2009 hatten Gegner des
Flughafensausbau in einem Walddorf im Kelsterbacher Stadtwald gelebt, um
ihn vor der Rodung zu schützen. ROBIN WOOD hält die Rodung großer
Waldflächen für den extrem klimaschädlichen Flugverkehr für
unverantwortbar. Anfang der Woche hatten Bürgerinitiativen, Umwelt-,
Verkehrs- und Lärmschutzverbände in einem offenen Brief Fraport und die
Justiz aufgefordert, die Strafverfolgung der WaldbesetzerInnen zu
beenden, „die sich für Umwelt- und Klimaschutz und eine lebenswerte
Rhein-Main-Region eingesetzt haben.“
Kontakt:
Monika Lege, Verkehrsreferentin, Tel. 040 / 380 892 12,
verkehr@robinwood.de
Ute Bertrand, Pressesprecherin, Tel. 040 / 380 892 22,
presse@robinwood.de
Presseerklärung von ROBIN WOOD
Außerdem:
Offener Brief von Umweltverbänden an Fraport
Die LINKE unterstützt Forderung von Umweltveränden "Keine
Kriminalisierung"