Wie viele Jahrhunderte müssen Frauen* noch demonstrieren?

„Es sieht so aus, als müssten Frauen* noch Hunderte von Jahren an jedem 25. November daran erinnern, dass Gewalt gegen Frauen* und Mädchen* kein Merkmal einer zivilisatorischen Gesellschaft ist“, konstatiert Monika Christann, frauenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Römer.

Die Zahlen belegten, dass sich unsere Welt nicht weiterentwickele, sondern im Gegenteil Gewalt ständig zunehme. Sei es in Form von Kriegen oder Gewalt gegen Frauen* und Mädchen*. Weltweit habe die geschlechtsspezifische Gewalt um ca. 20 Prozent zugenommen; auch Deutschland habe trotz aller Gesetze und Vorschriften einen Anstieg um 15 Prozent zu verzeichnen.

Christann weiter: „Schockierend ist das Verhalten der deutschen Regierung auf EU-Ebene. Vergewaltigung ist eine schwere Menschenrechtsverletzung und eine strukturelle Diskriminierung. Umso unverständlicher ist es, dass der Bundesjustizminister Volker Wissing im derzeit verhandelten EU-Richtlinienentwurf zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt den Tatbestand Vergewaltigung aus der Richtlinie ausschließen will. Ein Gewaltschutzpaket ohne diesen Tatbestand ist kein ausreichender Gewaltschutz. Diese Haltung des deutschen Justizministers ist extrem frauen*feindlich.“

Entsprechend sei die Empörung bei vielen Frauenverbänden groß. Gerade, weil Vergewaltigung nach dem Entwurf in allen EU-Ländern strafbar sein soll, müsse sich der Minister trotz formaljuristischer Bedenken dahinterklemmen und für eine Harmonisierung des Strafrechts streiten. Die neue Richtlinie verzahne sich gut mit den schon rechtsgültig umzusetzenden Maßnahmen der Istanbul-Konvention und nehme neuere Gewaltformen wie z. B. Cyber-Gewalt auf. Und weil es eine Richtlinie sei, könne die Umsetzung in den EU-Mitgliedstaaten auch kontrolliert und durchgesetzt werden.

„2011 hat auch Deutschland die Istanbul-Konvention unterschrieben und sechs Jahre später ratifiziert. Bis heute aber gibt es auf Bundesebene weder die Formulierung von Zielen noch eine Gesamtstrategie. Dies gilt auch für die hessische Landesebene und für die Stadt Frankfurt am Main. Zwar hat die Stadt inzwischen eine Koordinierungsstelle eingerichtet. Sie ist jedoch der Öffentlichkeit überwiegend unbekannt, hat viel zu wenig Personal und noch keine Strategie entwickelt. Die ebenso verpflichtend einzurichtende Monitoring-Stelle zur Evaluation und Erforschung der getroffenen Maßnahmen fehlt bis heute“, kritisiert Christann.

Überdies komme die Stadt ihren Verpflichtungen aus der Europäischen Gleichstellungscharta des Rates der Gemeinden und Regionen Europas nicht nach, der zu Folge beständig Kampagnen gegen die nach wie vor bestehenden Rollenklischees durchgeführt werden müssten. Denn solange Rollenklischees mit einer bestimmten Zuweisung an die Geschlechter bestünden, würden diese benutzt, um geschlechtsspezifische Gewalt zu entschuldigen oder gar in Strafprozessen zu legitimieren. Christann abschließend: „Deswegen wird DIE LINKE. auch dieses Jahr wieder die Aktionen rund um den Internationalen Tag der Gewalt gegen Frauen unterstützen und an den Kundgebungen und der Demonstration teilnehmen.“

Pressemitteilung 24.11.2023